Muss Employer Branding “überraschend” sein?
Freitag, 30. September 2011 10:10
Gestern und heute fand bzw. findet in Frankfurt das HRM-Forum HR-Kommunikation statt. Eine der Thesen des Eröffnungsvortrags durch Dr. Lutz Meyer von der Commarco- (das hieß mal Scholz&Friends) Agentur Blumberry war, dass “gutes Employer Branding” verblüffen müsse. Sonst sei es langweilig und, ergo, eben kein gutes Employer Branding. Als Beispiel für eine gelungene Maßnahme wurde in diesem Zusammenhang auf den Spot “Media Entrepreneurs” verwiesen, den ich meinen Lesern natürlich nicht vorenthalten will:
Hmm, also ich finde den Spot in der Tat gut, er ist amüsant, er ist verblüffend und er aktiviert. Man muss in Kommunikationswissenschaften nicht sonderlich bewandert sein, dass die beste Botschaft nichts bringt, wenn einem keiner zuhört und von daher im Grunde bei jedem Kommunikationsmodell am Anfang ein “A” für Attention oder Aufmerksamkeit steht. Kommunikationspsychologisch würde man sagen, es bedarf eines “aktivierenden Impulses”. Diesem Kriterium genügt der Spot definitiv, die “notwendige Bedingung” der Aktivierung ist erfüllt. Aber ist das auch “hinreichend” für gutes Employer Branding?
Was nimmt man denn als Botschaft aus diesem Spot mit?
Axel Springer sucht Mitarbeiter. Okay. Das ist Personalmarketing, kein Branding.
Bei Axel Springer hat “das Thema” eine hohe Priorität, weil sich der gesamte Vorstand Zeit für das Video genommen. Das ist schon mehr Branding, weil sich darin ein Statement “Nachwuchs/Mitarbeiter sind uns wichtig!” verbirgt.
Bei Axel Springer braucht man im Vorstellungsgespräch keine Manieren. Hmm. Generation Y in allen Ehren, aber mir kann wirklich keiner, NIEMAND weißmachen, dass in der Realität ein solches Auftreten erfolgreich wäre. Wenn die Botschaft gewesen sein sollte, dass man bei Axel Springer tolerant ist (das wäre eine Werte- bzw. Branding-Botschaft) und dass man speziell die begehrte Zielgruppe der Digital Natives “so nimmt wie sie ist”, dann ist das okay. Dann MUSS aber die Realität auch dementsprechen, hierzu findet sich im Spot definitiv kein Beweis.
Bei Axel Springer sucht man “Macher” – Entrepreneurs. Joa, das wäre u.U. Branding, wenn es denn der Kultur des Unternehmens auch wirklich entspricht. Allerdings glaube ich kaum, dass das was man dort sieht mit “gutem Unternehmertum” zu tun hat und ich will ehrlich gesagt auch nicht hoffen, dass Unternehmertum bei Axel Springer soo aussieht.
Nochmal, ich finde den Spot gelungen, weil er verblüfft und “überraschend” ist. Employer Branding aber ist etwas Grundlegendes. Es ist die Kunst, der DNA, also dem “inneren Wesen” eines Unternehmens, eine kommunikative Form zu geben. Das geht nur sehr bedingt durch einen Spot, von daher ist dieser Spot auch kein Beispiel für “gutes Employer Branding”. Das nämlich erfolgt “dahinter”. Wenn der aktivierende Stimulus dafür gesorgt hat, dass die Köpfe sich in die Richtung des Unternehmens drehen, dann hat man eine Chance seine Markenbotschaft zu vermitteln. Ob einem das dann gelingt, hängt aber vielmehr davon ab, ob man überhaupt eine konsistente Markenbotschaft hat.
Und: Das ist kein Axel Springer Bashing. Das Unternehmen hat aus meiner Sicht durchaus eine distinkte Arbeitgebermarke (ich war dort ja auch mal tätig). Mir geht es vor allem darum, dass Employer Branding nicht mit Werbung verwechselt wird. Employer Branding kann auch mal “überraschen”, vor allem aber kommt es darauf an, dass es konsistent ist, stimmig die Werte des Unternehmens widerspiegelt und authentisch ist. Dabei muss es nicht immer kognitiv / kopfgesteuert zugehen, es wirkt auch sehr viel durch den Bauch (wir nennen das ja nicht grundlos “Recrutainment”), aber es muss nicht immer “krachen”.
In diesem Sinne freue ich mich auf Diskussionsbeiträge.
Ach ja, wo wir schon so schön beim Youtube-Videos gucken sind, hier nochmal das Introvideo des Commerzbank-Berusforientierungsspiels “Probier dich aus.” Liefert auch keine abschließenden Antworten, aber dafür ist dann ja das Spiel da…
Nachtrag: Die beiden atenta-Chefs Jan und Alex, vielen bekannt als “Wollmilchsau“, haben das tolle Hamburger Wetter genutzt und ihren Diskussionsbeitrag oder besser: ihre Diskussionsbeiträge in Videoform verfasst. Wo wir heute eh schon Youtube-Tag haben, gibt es die Statements hier gleich noch:
Thema: Employer Branding, Vorträge und Veranstaltungen | Kommentare (9)