Beiträge vom Oktober, 2011

Daimler bietet Ingenieurkarriere in fliplife

Dienstag, 25. Oktober 2011 15:22

Vor kurzem hatte ich hier erst über die aktuellen Entwicklungen in fliplife geschrieben. Nun hat sich in den letzten Tagen eine, speziell aus der Perspektive des Personalmarketings, sehr spannende Neuerung ergeben: Seit letzter Woche ist nun mit der Daimler AG das zweite reale Unternehmen in dem Browsergame vertreten. Zur Erinnerung: Vom Start des Formats an war die Bayer AG bislang als einziges reales Unternehmen dabei.

Unter der Überschrift “Vom Felgenpolierer zum Innovationsguru” kann man dabei eine Ingenieurs-Karriere durchlaufen. Im “Arbeitsmarkt” sieht das dann folgendermaßen aus. Man kann übrigens jederzeit den Job wechseln – also auch von Bayer zu Daimler -, sofern man nicht gerade noch laufende Projekte in seinem eigentlichen Job hat:

Innerhalb der Daimler-Ingenieurkarriere ist das fliplife-Prinzip dann wiederum das gleiche wie in den anderen Jobs. Man bekommt je nach Karrierefortschritt verschiedene Projekte zur Bearbeitung vorgesetzt und muss sich dann sukzessive “hocharbeiten”.

Soweit ich es bislang beurteilen kann, bearbeitet man die Aufgaben und Projekte ebenfalls nach dem Click&Wait-Prinzip, d.h. man übernimmt das Projekt und wartet dann ab, bis es fertig ist.

Hieran kann man sicherlich noch etwas verbessern und etwas mehr wirklichen Tiefgang in die Orientierung geben, aber daran arbeiten wir ja gerade. Stay tuned… Auf jeden Fall belegt das Engagement von Daimler die wachsende Bedeutung spielerischer Formate, auch im Personalmarketing – Recrutainment eben…

Wer sich über die Hintergründe von fliplife informieren möchte, der kann sich noch für das CYQUEST Praxisseminar am 22.11. anmelden. fliplife-Gründer Ibrahim Evsan wird dort einen entsprechenden Vortrag halten.

Thema: Berufsorientierung, Employer Branding, Serious Games | Kommentare (0)

Fresenius SE erweitert Karriere-Website um “Fresenius Navigator”

Montag, 24. Oktober 2011 9:41

Die Frage, ob man – neben aller fachlicher Eignung – zu einem Unternehmen, seinem Wesen und seinen Werten passt, ist speziell beim Berufseinstieg eine der wichtigsten Fragen überhaupt. Jedes Unternehmen ist als Arbeitgeber seine eigene Marke. Die DNA des Unternehmens ist die Employer Brand. Je besser die eigenen Vorstellungen und Werte mit denen des Arbeitgebers übereinstimmen, umso besser passt es. Oder in Neusprech: Desto besser der “Person-Organisation-Fit“.

Wie ich vor einiger Zeit in dem Artikel “Je besser die Selbstselektion, desto besser die Personalauswahl” beschrieben habe, zielt eine Kategorie an SelfAssessment Verfahren exakt darauf ab, eine Hilfestellungzu bieten zu der Frage, ob man selber denn zu einem Unternehmen passt (rechte Hälfte der Vier-Felder-Matrix).

Die Fresenius SE, also die Holding des Fresenius Konzerns, dem einzigen Unternehmen, das zweimal im DAX 30 gelistet ist, bietet nun seit kurzem ein sehr kurzweiliges Selbsttest-Instrument an, mit dem man die eigene Passung zu den Fresenius Werten überprüfen kann. “Nebenbei” lernt man dabei auch noch eine ganze Menge über den Konzern, seine Geschäftsfelder und seine Menschen.

Wie läuft der “Fresenius Navigator” ab?

Beim Start wird man von Personalvorstand Dr. Jürgen Götz begrüßt und quasi ins Gebäude (die Hautpverwaltung der Fresenius SE in Bad Homburg) geleitet.

Im Atrium des Gebäudes kann man auswählen, mit welchem Unternehmensbereich man sich näher befassen möchte. Um die Inhalte des Indikators zu durchlaufen und am Ende ein Passungsfeedback zu erhalten, muss man allerdings alle Unternehmensbereiche einmal durchlaufen.

Wählt man einen Unternehmensbereich aus, wird man dort von einem Fresenius-Mitarbeiter (natürlich einem Echten) begrüßt.

In jedem Unternehmensbereich hat man nun die Möglichkeit, sich ein Video über den Unternehmensbereich anzuschauen (z.B. eine Interview-Sequenz mit der diesen Unternehmensbereich repräsentierenden Person) oder direkt in einen kurzen Fragenkatalog einzusteigen.

Bei den Fragen handelt es sich zum Einen um Quizfragen, mittels derer man spielerisch sein Wissen über Fresenius prüfen kann und so Interessantes und z.T. Verblüffendes über den Konzern erfährt.

Zum Anderen verbergen sich in den Fragen aber auch die eigentlichen Inhalte des “Matchers”. In insg. knapp 50 Fragen wird die individuelle Passung zum Kompetenz-Modell von Fresenius überprüft.

Während man auf die Quizfragen (s.o.) sofort im Anschluss an die Aufgabe eine Rückmeldung erhält, werden die in den Indikator-Fragen gegebenen Antworten über die fünf Spielpfade / Unternehmensbereiche gesammelt und am Ende in Form eines “Passungs-Feedbacks” verdichtet an den Nutzer zurückgemeldet.

Nach dem Feedback hat man dann die Möglichkeit, sich die Videos noch einmal anzuschauen, sich weitergehend über das Unternehmen zu informieren oder sich direkt zu bewerben. Hierzu werden einem entsprechend passende Links angezeigt. Der gesamte Durchlauf des Indikators dauert inkl. der enthaltenen Videos etwa 20 Minuten. Überspringt man die Videos oder lässt diese erst einmal aus, um nur die eigentlichen “Matcher”-Inhalte zu durchlaufen, dauert dies auch nicht viel mehr als 5 Minuten.

Dem Charakter nach sind die Frageinhalte des Navigators eher eignungsdiagnostisch (verwendete Methodik). Fügt man die Applikation in den ganz oben dargestellten Möglichkeiten-Raum von SelfAssessments ein, so liegt diese etwa zwischen Discover Bertelsmann und Could it be U? von Unilever.

Ach ja übrigens: Das Vorhandensein eines solchen Selbsttest-Instruments wirkt sich durchaus positiv auf das Potentialpark-Ranking aus. Nur für den Fall, dass das von Interesse ist… Hier geht es direkt zum Fresenius Navigator.

Thema: Berufsorientierung, Employer Branding, Fresenius Karriere, SelfAssessment | Kommentare (2)

Wirklicher Dialog auf der Facebook-Karrierepage: Das Beispiel “7-mal Sieber” der Commerzbank

Freitag, 14. Oktober 2011 12:41

Auf der gestrigen Social Media Recruiting Conference in Hamburg war das Thema “Karriereseiten bei Facebook” natürlich wieder einmal omnipräsent. Ein dabei oft bemühtes (aber deswegen natürlich nicht weniger richtiges) Qualitätsmerkmal einer guten Karriere-Fanpage ist dabei der berühmte “Dialog” mit der Zielgruppe. Schließlich ist es ja eines der konstiuierenden Merkmale des Social Web, dass “mitgemacht”, gefragt, kommentiert, gemeckert und so weiter werden kann.

Ein in diesem Kontext aus meiner Sicht überaus gelungenes Beispiel für guten “Dialog” auf einer Facebook-Karriereseite ist die Aktion “7-mal Sieber” der Commerzbank (zu finden auf der Fanpage der Commerzbank).

Worum geht es bei der Aktion: Die Nutzer der Seite, die aktuell knapp 4.000 “Fans” hat, wurden Anfang Oktober aufgerufen, Fragen, die ihnen unter den Nägeln brennen, zu formulieren und quasi direkt an Commerzbank-Personalvorstand Uli Sieber zu stellen. Die interessantesten sieben Fragen sollten dann in der Woche darauf auf der Fanpage direkt von Uli Sieber beantwortet werden.

Betrachtet man zunächst einmal den “Dialog-String”, der sich direkt auf den Aufruf zu dieser Aktion entwickelt hat, kann man schon eine ganze Menge über Dialog im Social Web lernen:

Wie man sieht kommen gleich die ersten Fragen. Wie man auch sieht, kommt gleich ein kritischer Kommentar, der allerdings gar nichts mit der Aktion, geschweige denn überhaupt mit Karriere-Kommunikation zu tun hat, sondern sich auf die Stützung der Commerzbank in der Finanzkrise bezieht. Dieser Kommentar eines Users wird dann umgehend von einer anderen Nutzerin kommentiert und relativiert. Ein anderer Nutzer wiederum kommentiert ebenfalls die Rolle der Commerzbank in der Finanzkrise, schließt dann aber dennoch eine konkrete inhaltliche (Karriere-)Frage an, die das Commerzbank_Career Team dann auch zeitnah fundiert beantwortet.

Was lernen wir?

Erstens: Eine Mitmachaktion löst in der Tat “Mitmachen” aus.

Zweitens: Das “Mitmachen” ist nicht immer erwartungskonform und ja, dort wo man Leuten die Möglichkeit gibt (auch negativ oder themenfremd) zu kommentieren, kann es auch passieren, dass davon Gebrauch gemacht wird.

Drittens: Vieles reguliert sich in der Community von allein. Trolle gibt es immer, zumeist werden sie aber von anderen Nutzern gebändigt. Die Angst vieler Personaler vor dem “was da kommen könnte” ist zwar nicht komplett unbegründet, aber man darf die Selbstregulation des Netzes eben auch nicht unterschätzen.

Viertens: Zeitnahe, fachlich fundierte Antworten des Seitenbetreibers (hier des Commerzbank_Career Teams) können auch tendenziell eher negativ gestimmten Nutzern offensichtlich konstruktiv weiterhelfen (und diese oftmals erheblich weniger negativ gestimmt aus dem Dialog gehen lassen).

Zurück zu der “7-mal Sieber” Aktion: Die Commerzbank hat einige Fragen bekommen. Dabei geht z.B. darum, ob man im Vorstellungsgespräch das Thema Gehalt ansprechen kann und sollte, wie es mit der (befristeten) Übernahme nach der Ausbildung aussieht oder ob die Commerzbank einen Bachelor-Abschluss gegenüber einem Diplom oder Master als weniger wertvoll einstuft. Also alles Fragen, die die Zielgruppe der Seite offensichtlich bewegen und für die es auf anderen Kanälen keine passenden Antworten zu finden gibt oder wo das Finden auf anderen Kanälen für die Nutzer mühseliger wäre.

Die Fragen wurden dann direkt von Uli Sieber beantwortet (wie mir die Commerzbank auf Nachfrage noch einmal versichert auch wirklich von ihm selbst). Ferner wurden z.T. ergänzende Hinweise von der Redaktion der Facebook-Seite dazugestellt. Wie es aussieht, kommt die Aktion so gut an, dass sieben Fragen wohl nicht ausgereicht haben: Heute wurden die Fragen 8. und 9. online gestellt und beantwortet. Uli Sieber ist nun selber vorerst wohl wieder aus der Verantwortung entlassen (na gut, ein Vorstand hat ja auch noch andere Aufgaben), aber der durch die Aktion gestartete Dialog geht weiter… Gelungen.

Thema: Ausbildung, Commerzbank Karriere, Social Media HR | Kommentare (0)

Fliplife: Was hat sich in der Zwischenzeit getan?

Mittwoch, 12. Oktober 2011 15:16

Es ist nun schon ein gutes Dreivierteljahr her, dass ich hier im Recrutainment Blog einen recht viel beachteten Artikel – tatsächlich ist es der viertmeistgelesene Artikel aller inzwischen veröffentlichten 453 Blogposts – über fliplife geschrieben habe. Für diejenigen, die den Artikel seinerzeit nicht gelesen haben nochmal ganz kurz: Fliplife ist ein Social Game nach dem Prinzip “Farmville”, nur dass es hier nicht um den Auf- und Ausbau eines Bauernhofs geht, sondern darum, in einem von verschiedenen Berufen Karriere zu machen.

Mein Fazit seinerzeit: Sehr ambitioniertes Projekt, tolle Bühne für spielerische Berufsorientierung und Personalmarketing. Inhaltlich waren mir aber im Januar die Aufgaben noch ein wenig zu dünn, um tatsächlich eine substantielle Orientierungswirkung zu entfalten. Was hat sich seitdem getan?

Eines vorneweg: Es hat sich eine ganze Menge getan. Ich möchte an dieser Stelle aber keine Gesamtanalyse des Browsergames liefern, sondern mich auf die Aspekte konzentrieren, die aus meiner Sicht Personalmarketing- und Berufsorientierungsrelevanz haben. Wer an fliplife interessiert ist, der sei auch noch einmal auf unser Praxisseminar am 22. November verwiesen, wo fliplife-Gründer Ibrahim Evsan (in einem früheren Leben hat er unter anderem Sevenload gegründet) hierüber einen Vortrag halten wird.

Also. Der Arbeitsmarkt innerhalb von fliplife umfasst wie im Januar auch sechs mögliche Karrieren: Das Spektrum reicht von der Gastronomie-Karriere (vom Tellerwäscher…) über eine kriminelle Laufbahn bis hin zu einer Karriere in den Medien (der Konzern heißt LTR…). Es ist aber auch ein reales Unternehmen dabei – die Bayer AG. Da mich insb. der Personalmarketing-Aspekt interessiert, habe ich mich daher dann auch entschieden, dort (virtuell) anzuheuern. Inzwischen habe ich es auch auf der Karriereleiter von Laborratte zum Nobelpreisträger immerhin auch schon Senior-Life-Science-Technologen geschafft.

Wie geht das? Indem man Projekte bearbeitet.

Man kann zahlreiche Projekte übernehmen (die Anzahl ist seit Januar deutlich gestiegen) und hierdurch Erfahrung (eXPerience) und Cash (virtuelles Geld) verdienen. Vom XP-Wert hängt ab, welches Karriere-Level man erreicht hat. Cash kann man verwenden, um sich Dinge innerhalb in fliplife zu kaufen, Freizeitaktivitäten nachzugehen oder sich weiterzubilden.

Die Anzahl und die Art der zu bearbeitenden Projekte hängt vom individuellen Karriere-Fortschritt ab, d.h. im Zeitverlauf können fortlaufend neue Projekte hinzukommen. Die Projekte unterscheiden sich dabei z.B. hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten und des Erfahrungszuwachses. Sie unterscheiden sich aber auch hinsichtlich der zeitlichen Anforderungen (von wenigen Sekunden bis zu mehreren Stunden), des individuellen Energiverbrauchs und hinsichtlich der erforderlichen Anzahl an Mitspielern (Kollegen). Insb. diese Form der “Zusammenarbeit” gab es im Januar noch nicht. Ein echter Fortschritt.

Ich habe hier exemplarisch mal das Projekt “Verhelfe Bayer Leverkusen zum Sieg” übernommen. Los geht es allerdings erst, wenn sich genügend Kollegen gefunden haben, die an diesem Projekt mitarbeiten wollen. Die Projekte sind dabei unterteilt in ganz viele kleine Teilprojekte. “Verhelfe Bayer Leverkusen zum Sieg” beginnt bspw. mit dem Teilprojekt “Verpflichte Weltklassespieler”. Später folgen dann noch “Zuschauerschnitt erhöhen” und “passenden Trainer finden”. Jedes Teilprojekt muss man mehrfach erfolgreich absolvieren, um das Gesamtprojekt irgendwann abzuschließen. Auch diese Mehrstufigkeit in den Projekten ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber Januar.

Wie gesagt: Man kann sein virtuell verdientes Geld “investieren”, indem man sich fortbildet. Hierzu umfasst der Karrierebereich den Bereich “Weiterbildung”, wo man z.B. seine Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Arbeitsqualität oder Vielseitigkeit verbessern kann. Was hat man davon, zumal es ja virtuelles Geld (“Cash”) kostet? Nun, die Vielseitigkeit beeinflusst bspw. die Anzahl an Projekten, die man parallel bearbeiten kann. Die Konzentration steigert die individuellen Erfahrungszuwächse pro absolviertem Projekt und die Ausdauer betrifft das individuelle Energiepotential, was einem zur Verfügung steht, um Projekte zu bearbeiten. Kurz: Je mehr man in sich investiert, um so schneller kann man Karriere machen und umso schneller kann man Geld verdienen.

Auch die Weiterbildung gab es in der Form im Januar noch nicht. Sicherlich ein weiterer großer Fortschritt in Richtung Realitätsnähe.

Also: fliplife hat sich insg. gehörig weiterentwickelt. Mein zentraler Kritikpunkt in Bezug auf die Personalmarketing- vor allem aber Berufsorientierungswirkung bleibt allerdings vorerst bestehen: Die Projekte selber haben noch nicht allzuviel Tiefgang bzw. erfordern noch nicht allzuviel inhaltliche Auseinandersetzung. Man “bearbeitet” die Projekte weiterhin einfach, indem man diesem beitritt, die Zeit verstreichen lässt und sich im Anschluss seinen Lohn abholt (“Click and Wait-Prinzip”). Währenddessen muss man nicht nachdenken, keine Probleme lösen und sich auch nicht wirklich in etwas “hineinversetzen”. Insofern bleibt hier die Möglichkeit zur Orientierung (noch) weitestgehend ungenutzt.

Aber, das Innovationstempo bei fliplife ist hoch. Die nächsten “echten” Unternehmen (neben Bayer) stehen in den Startlöchern und auch was den Realitätsgehalt angeht, wird sich in Zukunft einiges tun. Wir können gespannt bleiben, spätestens Ende November wird es dann hier den nächsten Beitrag zu fliplife geben. Mehr sei aber jetzt noch nicht verraten… Wer vorher die Gelegenheit nutzen will, sich fliplife aus erster Hand vorstellen zu lassen: CYQUEST Praxisseminar.

Thema: Berufsorientierung, Employer Branding, Serious Games | Kommentare (0)

Interview mit Nina Diercks: Was gilt es rechtlich in Social Media zu beachten?

Freitag, 7. Oktober 2011 11:30

Nun ja, der Nachname legt es ja schon nahe – Nina ist meine Frau. Aber uns verbindet seit einiger Zeit auch ein gemeinsames professionelles Interesse am Thema Social Media – bis dahin, dass wir gelegentlich sogar gemeinsam Vorträge zu diesem Themenbereich halten.

Nina hat sich als Rechtsanwältin vor einiger Zeit auf die rechtlichen Aspekte des Social Web spezialiert und dürfte hier – u.a. mit ihrem Social Media Recht Blog – wohl zu den meistgehörten oder gelesenen Stimmen im deutschsprachigen Web gehören.

Wie ich aus unseren Projekten bei CYQUEST weiß, fließen rechtliche Fragestellungen zunehmend auch in die tägliche Arbeit von Recruitern, Personalmarketern und Employer Brandern ein, speziell wenn es um Soziale Medien geht. Grund genug für mich, Nina um ein Interview zu bitten und – wenn man so will – unsere täglichen Diskussionen am Abendbrotstisch öffentlich zu machen. Los geht´s…

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Hallo Nina,

du hast dich vor knapp zwei Monaten selbständig gemacht. Dein Thema ist “Social Media Recht” – was muss man sich konkret darunter vorstellen?

Auf jeden Fall keinen dicken Wälzer, auf dem in goldenen Lettern „Social Media Recht“ steht. Den gibt es nicht. Ein rechtsfreier Raum, wie viele meinen, besteht aber auch nicht. Vielmehr stellt das Social Media Recht eine „wilde“ Querschnittsmaterie aus dem Datenschutz-, Telemedien-, Urheber-, Wettbewerbs-, Marken-, Persönlichkeit-, allgemeinen Zivilrecht und, wenn wir bspw. an Social Media Guidelines denken, auch dem Arbeitsrecht dar. Das Recht zum Web 2.0 ist eben genauso bunt und komplex wie die vielfältige Welt der sozialen Medien – erstreckt sich meine Arbeit doch von der Beratung zu datenschutzrechtlichen Fragen, über die juristische Begleitung von Social Media Kampagnen, Lizenz- und Agenturverträge, gar die „klassischen“ Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Ja, auch die Nutzungsbedingungen für Facebook-Apps oder die Teilnahmebedingungen einer Community sind AGB) bis schließlich hin zu den Social Media Guidelines.

Allerdings würde ich dann doch behaupten, dass das „Social Media Recht“ nur halb so erschlagend wie das ethority-Prisma auf den Betrachter wirkt. ; -)

Okay! Heißt dass, dass du uns allen den Spaß an Social Media nehmen willst, weil es dabei so viele rechtliche Stolpersteine gibt?

Nein, auf gar keinen Fall. Zunächst sollte sich der geneigte Anwender (und/oder gar der, der noch ein wenig ängstlich auf die digitalen Welten blickt) vor Augen führen, dass jede Form der Kommunikation und des Marketings rechtliche Stolpersteine bildet, die oben genannten Rechtsgebiete existieren schließlich nicht erst seit gestern. Der Unterschied ist bloß der, dass kein erfahrener Marketeer oder Personaler auf die Idee käme, eine großangelegte TV- oder Printkampagne über die Kanäle zu schicken, ohne dass Legal einen Blick darauf geworfen hätte. Im Bereich Social Media ist das immer noch eher die Regel – es ist ja „nur“ dieses, äh, Social Media. Und dann ist die Verwunderung groß, wenn es doch zur rechtlichen und/oder kommunikativen GAUs kommt – etwa weil Mitarbeiter in der Blog -Kommunikation mit Usern Kommentare freischalten oder gar selbst abgeben, die das Datenschutz- oder das Persönlichkeitsrecht verletzen. Zugegeben, das geht schneller als zu Zeiten des Postbriefs, aber neu ist das eben nicht. Also, keine Angst vor neuer Kommunikation.

Ist dein typischer Mandant dann ein “Dot.Com” bzw. ein Unternehmen aus dem Online-Marketing oder behandelst du auch Fragen aus dem HR-Bereich? Wenn ja, in welcher Form?

Dreimal ja. Mein typischer Mandant ist jemandem an, der eine Geschäftsidee hat, die ich auf juristische Tragfähigkeit prüfe. Aber ebenso ein Venture-Capital finanziertes Start-Up, deren Geschäftsmodell ich in Verträge gieße, wie die (hochspezialisierte) Marketing-Agentur, deren Daily Business ich berate. Und schließlich Personalabteilungen des klassischen deutschen Mittelstandes oder HR-Agenturen im weitesten Sinne. In welcher Form ich letztere berate? In allen oben genannten Fragen. Da ist der Testimonial-Vertrag zur Einholung des Einverständnisses der Mitarbeiter bei Videodrehs/Fotoshootings genauso dabei, wie die Prüfung von Agenturverträgen oder die Beratung von datenschutzrechtlichen Aspekten beim Bewerberverfahren auf der Corporate-Site.

Mal konkret: Recruiter stehen ja zunehmend vor der Frage, ob und wenn ja wie sie Soziale Netzwerke eigentlich benutzen dürfen, um aktiv nach Kandidaten zu suchen oder Bewerber zu screenen. Was gilt es dabei zu beachten?

Die derzeit gültige Daumenregel lautet, dass die Informationen, die vom Recruiter erlangt werden, einerseits öffentlich zugänglich, also über Google zu finden sein müssen. Und andererseits die erlangten Daten für den Bewerbungsprozess „erforderlich“ sein müssen. Welch dehnbarer Begriff, nicht wahr? Faktisch ist aber kaum ein Fall denkbar, in dem die Durchsicht bspw. eines persönlichen Profils zur Begründung des Beschäftigungsverhältnisses „erforderlich“ ist. Denn auch von den wildesten privaten Party-Fotos mit eindeutigem Alkoholkonsum kann nicht geschlossen werden, dass der Kandidat nicht die nötige Zuverlässigkeit oder persönliche Eignung für den in Rede stehenden Job hat – gleich welcher Job das sein sollte.

Schließlich bleibt die Einwilligung des Kandidaten. Würde ein Personaler bspw. eine Bewerbung bekommen, die Links zu einem (beruflich) relevanten Blog, die zum Blog korrespondierende Facebook-Seite sowie weiteren Social Media Accounts Einladung, so wäre dies wohl eine ganz offensichtliche Einladung, sich die diese Seiten anzusehen. Das Vorliegen einer Einwilligung ließe sich also gut verargumentieren. Hier läge das auch klar im Interesse des Bewerbers – Stichwort Personal Branding bzw. Reputationsmanagement.

Darüber hinaus ist derzeit der Entwurf zum Beschäftigtendatenschutzgesetz im Gesetzgebungsverfahren (da liegt er allerdings schon ganz schön lange…), anderen auch als „Lex Facebook“ bekannt. Laut Entwurf soll nun „durch klarere gesetzliche Regelungen [...] die Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Beschäftigte erhöht werden“. Nun ja, berühmt ist das BDSG bislang nicht für seine klaren gesetzlichen Regelungen… Wer sich dafür weiter interessiert, darf gerne die Analyse in meinem Blog lesen, auf die ich hiermit gerne verweise (Lex Facebook – Was ist da eigentlich dran?; Update: Lex Facebook – Was ist da eigentlich dran?)

Anderes Beispiel: Die Facebook Karriereseite ist gebaut. Jetzt sollen die Fanzahlen steigen und man denkt über ein Gewinnspiel nach? Problemlos oder doch nicht so einfach?

Solange die wettbewerbsrechtlichen Vorgaben für Gewinnspiele und vor allem die Nutzungsbedingungen von Facebook beachtet werden ist alles kein Problem. Das heißt zum Beispiel, dass das Gewinnspiel nur in einer App und nicht auf der Facebook-Wall stattfinden darf…  Ansonsten kann Facebook gerne einmal gniezig werden und das teuer aufgesetzte und mit viel PR angekündigte Gewinnspiel gerne einmal ganz freundlich von der Seite „schmeißen“. Ein ggf. teurer und kommunikativ auch nicht gerade schöner Umstand.

Spannend, offensichtlich steckt da rechtlich ja doch eine ganze Menge drin… Du wirst am 22. November einen Vortrag beim CYQUEST Praxisseminar halten? Worum wird es da gehen?

In die hier genannten Themen und noch ein paar weitere werde ich anhand praktischer Beispiele einen Einblick in die Rechtslage geben. Dabei geht es jedoch nicht um den mahnenden Zeigefinger, sondern darum mit konstruktiven Lösungen weiterhin viel Spaß mit Social Media zu haben! Deswegen lautet der Titel meines Vortrags auch: Keine Spaßbremse, sondern wichtige Leitplanke – worauf ist rechtlich bei der Umsetzung von Social Media Maßnahmen zu achten?

Nina, ich danke für deine Zeit und drücke dir für das weitere Wachstum deiner Kanzlei natürlich weiterhin beide Daumen.

Danke, aber wenn da mal nicht handfestes Eigeninteresse bei Dir im Spiel ist… ; -)

 

Thema: Employer Branding, Social Media HR, Vorträge und Veranstaltungen | Kommentare (3)