Beitrags-Archiv für die Kategory 'Tchibo Karriere'

Zur Frage der Akzeptanz von Online-Assessment Verfahren

Donnerstag, 26. April 2012 10:26

Die Vorteile von Online-Assessments für Unternehmen sind evident (Zeitersparnis, Kosteneinsparungen, bessere Ökobilanz, Ausweitung der datenbankbasierten Vorselektionsmöglichkeiten auf Eigenschafts- und Verhaltensmerkmale etc., siehe hierzu detaillierter die Interviewreihe zu Online-Assessment Verfahren mit Wolfgang Brickwedde), aber wie sieht es eigentlich mit dem Bewerber aus?

An Online Assessment interessierte Unternehmen äußern uns gegenüber häufig die Befürchtung, dass der Einsatz eines solchen Instruments unter Umständen Kandidaten abschreckt. Es stellt sich also die Frage der Akzeptanz, oder anders: Der Sozialen Validität.

Nun, die Antwort ist einfach und sehr eindeutig. Die Akzeptanz ist hoch und die Online-Test-Verfahren durchaus akzeptiert.

Diese Erkenntnis ist allerdings in der Tat insofern überraschend, als dass eignungsdiagnostischen Auswahlverfahren, insb. Tests, traditionell eigentlich keine wirklich überragende Beliebtheit nachgesagt wurde, insb. in Deutschland. Manche Forscher haben diese “deutsche Abneigung” z.B. mit der totalitätären Vergangenheit im Dritten Reich zu erklären versucht (was zuweilen auch als Erklärung für die “German Angst” in Bezug auf die Speicherung personenbezogener Daten im Allgemeinen dient). Andere Erklärungsansätze drehten sich z.B. darum, dass der Testkandidat bei standardisierten Tests oft das Gefühl hat, das Verfahren nicht “beeinflussen” oder “kontrollieren” zu können. Der geringe Grad an “Partizipation” in einem Test sorgt nach dieser Erklärung dafür, dass dieses Instrument mithin erheblich weniger beliebt ist als bspw. ein persönliches Gespräch.

Warum ist es also bei eAssessments anders?

Die Gründe sind also zum einen wirklich eher handfest: Die zu den Tests eingeladenen Kandidaten können frei entscheiden, wann sie den Test innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters von z.B. ein, zwei oder vier Wochen machen möchten, sowohl was den Tag, als auch die Tageszeit angeht. Der Zwang, am soundsovielten, morgens um 9.00 Uhr bei einem Unternehmen aufschlagen zu müssen, entfällt an dieser Stelle. Zudem kann der Test in einem eigenen, selbstbestimmten und nach individuellen Maßstäben stressfreien Umfeld durchgeführt werden. Wer also den Test am Sonntagabend im Schlafanzug auf dem Bett sitzend absolvieren möchte, der kann das tun, wer sich dafür Rouge auflegen, sich chic anziehen und in eine Art “innere Bewerbungssituation” bringen möchte, auch. Jeder nach seiner Facon, das ist sehr Generation Y.

Auch ist die Durchführung eines Online-Tests im Vergleich zu der Durchführung eines Pen&Paper Tests vor Ort beim Unternehmen eben mit erheblich niedrigerem Aufwand verbunden und zwar auch und gerade für den Kandidaten. Man gibt nicht einen ganzen Tag dafür drauf, man muss keine Reise planen, man muss nicht mit dem Unternehmen über die Reisekosten sprechen, man muss einfach nur auf einen Link klicken und den Test (möglichst gut ;-)) machen. Dieser “Service” wird durch die Zielgruppe goutiert!

Und: Die Tests sind per Definition “objektiv”. Weil Online-Tests in einem Mensch-Maschine-Dialog ablaufen, dahinter ein für alle gleicher Auswertungsalgorithmus arbeitet, kann an dieser Stelle kein Nasenfaktor ins Spiel kommen. Also die Befürchtung, dass “dem Personaler das Foto nicht gefallen hat”, “jemand keine Frau auf diesem Job” haben möchte oder andere “subjektive” Kriterien der Personalauswahl oder böser formuliert Diskriminierungstatbestände” eine Rolle spielen, ist bei Online-Assessments unbegründet.

Ein weiterer Punkt, der definitiv die Akzeptanz von eAssessments steigert, ist die Gestaltung. Wenn das Testverfahren eben keine trockene Aneinanderreihung von Testmodulen ist, sondern darüber hinaus ansprechend gestaltet ist und Informationen über das Unternehmen als Arbeitgeber liefert (wir nennen das “Recrutainment”), dann wird dieser Auswahlschritt als erheblich angenehmer, sympathischer und nutzbringender empfunden – wohlgemerkt aus Sicht des Kandidaten! In diesem Zusammenhang verweise ich immer wieder gern auf die Doktorarbeit “Medieneinsatz in der Eignungsdiagnostik – Empirische Untersuchung zur Validität eines medial variierten Personalauswahlverfahrens” von Timm Hüttemann, die dieser 2008 an der Uni Münster bei Prof. Hanko Bommert und Prof. Uwe Peter Kanning (jetzt FH Osnabrück) verfasst hat. Dort heisst es z.B.:

“Aus Sicht des Anwenders mag die Forderung, dass ein Verfahren die Fähigkeiten eines Probanden zuverlässig misst und über eine hohe prädiktive, kriterienorientierte Validität verfügt, weiterhin an oberster Stelle stehen, sollte aber nicht als erschöpfendes Kriterium bei der Auswahl eines Verfahrens gelten.”

Und weiter:

“So weisen einige Autoren darauf hin, dass die Bewertung eines diagnostischen Verfahrens durch einen Probanden insofern einen Einfluss auf dessen Performance haben kann, als dass seine Leistung von Bewertungsängsten oder einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Verfahren beeinflusst werden können (Arvey, Strickland, Drauden & Martin, 1990; Chan & Schmitt, 2004; Chan, Schmitt, DeShon, Clause & Delbridge, 1997).

Bezogen auf den Aspekt “Außenwirkung des Unternehmens beim Einsatz eignungsdiagnostischer Instrumente”:

“Danach könnten diagnostische Verfahren, zum Beispiel in der Personalauswahl, auch als Instrumente des Personalmarketings verstanden werden und somit, bei einer positiven Wahrnehmung des Probanden, auch zu einem positiven Bild des gesamten Unternehmens führen.”

Wie das dann in der Praxss aussehen kann, kann man an zahlreichen Beispielen (z.B. Unilever, Tchibo, Gruner+Jahr, E.ON, Targobank etc.) hier im Blog nachlesen. Ein Online-Test ist demnach nicht nur ein Instrument der Bewerberauswahl, sondern auch des Employer Brandings und kann insofern durchaus “Waffe im War for Talent” sein…

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E.ON testet Ausbildungsplatz-Bewerber online mit dem “E.ON Phasenprüfer”

Freitag, 12. August 2011 10:14

Auch wenn der Einsatz von Online-Tests zur Kandidaten-Vorauswahl sicherlich noch kein Standard in allen Unternehmen ist, nimmt die Zahl derjenigen Firmen, die eAssessments einsetzen kontinuierlich zu. Um nur ein paar zu nennen: Daimler, Lufthansa, Tchibo, Gruner+Jahr, Unilever, Commerzbank, Targobank, Demag oder Media-Saturn.

Seit kurzem gehört nun auch E.ON dazu. Die Kraftwerkssparte des Konzerns, in der die Bereiche Kohle, Wasserkraft und Kernenergie zusammengefasst sind, testet Ausbildungsplatzbewerber mit dem “E.ON Phasenprüfer”. Für den – wie mich – elektrotechnisch weniger bewanderten Leser: Ein Phasenprüfer ist “ein kleines, einfaches Prüfmittel zum Feststellen von Wechselspannungen im Niederspannungsbereich. E.ON hat dieses also durchaus zum Stromgeschäft passende Gerät metaphorisch als Bezeichnung für das Online-Testverfahren verwendet, handelt es sich doch auch dabei um eine Art “Prüfung” in einer wichtigen “Phase”, nämlich der Bewerbung um einen Berufseinstieg.

Das Testverfahren umfasst eine Reihe von Testmodulen, wobei sich die genaue Zusammensetzung von Ausbildungsberuf zu Ausbildungsberuf durchaus unterscheidet. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf der Überprüfung berufsbezogener kognitiver Leistungsfähigkeit, also der Fähigkeit zum analytischen, schlussfolgernden Denken. Je nach Berufsbild kommen dann auch noch Wissensaspekte wie Rechtschreibung/Grammatik und Technisches Verständnis sowie die Kompetenz “Planungsfähigkeit” hinzu.

Aber der “Phasenprüfer” ist nicht nur Testinstrument. Vielmehr bietet das Online-Assessment auch eine ganze Menge an Einblicken in die E.ON Berufswelten. Jedes Testmodul wird von zwei oder drei echten E.ON Azubis anmoderiert. Jeweils nach dem Testmodul kann der Testkandidat sich dann von diesen Azubis ein wenig über ihren jeweiligen Ausbildungsberuf sowie den jeweiligen Standort, an dem sie eingesetzt sind, berichten lassen. Von daher ist der “E.ON Phasenprüfer” nicht nur Testverfahren, sondern auch Personalmarketinginstrument.

Möchte man sich im Vorwege auf den Online-Test (bei E.ON oder auch anderen Unternehmen) vorbereiten, so bietet E.ON einen Übungsparcours an, der im Sinne eines Selbsttests eine gute Vorbereitung bietet.

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Das E-Assessment bei Tchibo

Donnerstag, 28. Juli 2011 10:42

Ich habe in der letzten Zeit verschiedene Vorträge vor abschlussnahen Studierenden gehalten zum Thema, was eigentlich Online-Assessment oder eAssessment Verfahren sind, wie man sich diese vorstellen kann, worauf dabei zu achten ist und wie man sich ggf. darauf vorbereiten kann. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit inzwischen recht hoch, dass einige im Zuge ihrer Bewerbungsaktivitäten zu einem oder mehreren eAssessments eingeladen werden.

Ein dabei von mir sehr häufig herangezogenes Beispiel ist das eAssessment von Tchibo. Dieses eignet sich hervorragend zur Illustration für zeitgemäße Online-Eignungsdiagnostik, weil es eben nicht nur Testverfahren ist, also wenn man so will etwas “vom Kandidaten nimmt”, sondern auch Employerbranding-Instrument, das dem Testteilnehmer eine Menge an Informationen über Tchibo als Arbeitgeber vermittelt. Das Tchibo eAssessment dient also gleichzeitig dem Recruiting (Fremdauswahl) wie auch dem Personalmarketing (Selbstauswahl). In sofern hilft es mit, die m.E. ohnehin nicht mehr wirklich zeitgemäße Trennung zwischen Recruiting einerseits und Personalmarketing andererseits zu überwinden.

Für den geneigten Leser: Das Tchibo eAssessment ist sehr ausführlich in dem Artikel “Die Kombination aus internetbasiertem Employer Branding und eAssessment bei Tchibo” beschrieben, der 2008 in dem von Christoph Beck herausgegebenen Buch “Personalmarketing 2.0” erschienen ist. Das Buch erscheint übrigens Anfang 2012 in einer zweiten völlig überarbeiteten Ausgabe, worin auch der Tchibo Artikel in einer überarbeiteten Fassung enthalten sein wird, doch das nur am Rande.

Also: Was ist das Tchibo eAssessment?

Das Verfahren wird eingesetzt im Zuge der Vorauswahl von Führungsnachwuchs für Tchibo. Eingeladen werden Kandidaten, die die erste Sichtung der Bewerbungsunterlagen überstehen. Im Rahmen des ca. 60-minütigen (netto, dazu gleich mehr…) Tests sind insg. sieben Testmodule zu durchlaufen, wobei folgende Merkmale getestet werden:

  • Sprachgebundene kognitive Denkfähigkeit
  • Zahlengebundene kognitive Denkfähigkeit
  • Figural-bildhafte kognitive Denkfähigkeit
  • Konzentration und Bearbeitungsgeschwindigkeit
  • Planungsfähigkeit und Problemlösekompetenz

Wie an diesen Beispielaufgaben erkennbar, sind die Testverfahren nicht nur äußerlich an Corporate Design Vorgaben von Tchibo angepasst, sondern zeigen auch inhaltlich einen semantischen Bezug zum Tchibo Geschäft. Innerhalb eines mehrwöchigen Bearbeitungszeitraums kann das eAssessment zwischen den Testmodulen unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden.

Wie aber schon angedeutet ist das Tchibo eAssessment mehr als ein reiner Auswahltest. In diesem Fall sind die einzelnen Testmodule in eine unternehmensindividuelle Rahmenhandlung integriert. So werden parallel zu den Tests auch unternehmensspezifische (Employer Branding-) Aspekte an den Kandidaten vermittelt (Dresscodes, Umgangsformen, Diversity-Aspekte, Einblicke in das Geschäft, verschiedene Unternehmensbereiche  etc.). Wenn man so will wird das eAssessment zu einem wechselseitigen Kennenlern-Prozess.

Alle Testmodule werden von echten Tchibo Mitarbeitern in realen Tchibo Settings anmoderiert. Dabei erzählen diese auch immer ein wenig über ihre Tätigkeit und ihren Unternehmensbereich. Das Tchibo eAssessment bindet sich somit gestalterisch nahtlos an den virtuellen Tchibo Unternehmensrundgang. Die tatsächliche Verweildauer der Kandidaten im Tchibo eAssessment liegt daher (brutto) höher als die reine Testzeit von 60 Minuten. Die Informationen zwischen den Tests werden als willkommene und informative Verschnaufpausen genutzt.

Typischerweise haben eAssessment Verfahren (entgegen klassischen Pen&Paper Testverfahren) eine recht hohe Akzeptanz. Die Gründe hierfür kann man wie folgt umschreiben:

  • Die Tests können durchgeführt werden, WANN der Kandidat möchte
  • Die Tests können im EIGENEN, STRESSFREIEN UMFELD durchgeführt werden
  • Die Tests sind per Definition „objektiv“, d.h. KEIN „NASENFAKTOR“ bei der Beurteilung
  • Sehr NIEDRIGER AUFWAND für den Kandidaten (Reise-, Zeitaufwand etc.)

Wird das eAssessment zudem nach Recrutainment-Gesichtspunkten gestaltet, wird es zudem noch informativ, bekommt einen konkreten Unternehmensbezug und macht sogar Spaß! Ein Effekt, den wir inzwischen bei zahlreichen eAssessments nachwiesen konnten (z.B. Unilever, Media-Saturn, Gruner+Jahr, usw.).

Wenn man zu einem Online-Test eingeladen wird, sollte man diesen zwar auf jeden Fall ernst nehmen, aber man muss definitiv nicht in Panik geraten. Wenn man folgende Tipps beherzigt, hat man sehr gute Voraussetzungen, das eigene Leistungspotential auch voll abzurufen:

  • Übung – es gibt online und ich Buchform Möglichkeiten, sich mit Testinhalten vertraut zu machen. Bei Leistungstests ist dies sinnvoll
  • Ehrlichkeit – bei Persönlichkeitstests hilft Ehrlichkeit am weitesten
  • Keine Angst – man sollte den Online-Test ernst nehmen, aber keine Angst davor haben
  • Ausgeruhtheit – am besten ausgeschlafen und ausgeruht in den Test gehen
  • Störungsfreies Umfeld – ein möglichst störungsfreies Umfeld schaffen (Telefon aus, Tür zu etc.)
  • Am besten Wochentags, zu Bürozeiten – im Falle eines technischen Problems steht Support zur Verfügung
  • Instruktionen / technische Ausstattung – Instruktionen (z.B. in Einladungs-Email) gründlich lesen und sicherstellen, dass eine ausreichende technische Infrstruktur vorhanden ist

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Sind “Mitarbeiter-Testimonials” noch zeitgemäß?

Samstag, 18. Juni 2011 12:09

Seit einiger Zeit wird allerorts der Einsatz von Mitarbeitern als Testimonials für Zwecke des Personalmarketings bzw. Employer Brandings beobachtet. Vor dem Hintergrund der Bestrebungen, möglichst “authentisch” zu kommunizieren, sieht man hierin oft eine Art “Allheilmittel”.

Nun ist es hier jedoch so, wie bei allen Marketinginstrumenten. Wenn es alle machen, wird das Instrument an sich immer weniger zum Alleinstellungsmerkmal.

Doch der Reihe nach: Es gab und es gibt sehr viele Gründe, die für einen Einsatz von Mitarbeitern als “Spokesmen and -women” für das Unternehmen sprechen. Wir selber haben diesen Ansatz 2004 das erste Mal im Rahmen virtueller Studienorientierungsformate eingesetzt, wobei in Videoform Studierende oder Absolventen verschiedener Studiengänge darüber berichteten, wie es in ihrem Studiengang zugeht oder was sie jetzt – nach ihrem Studium – beruflich machen, und wie sie das Studium dafür qualifiziert hat. Diese Videos wurden von den Nutzern der virtuellen Studienberatung regelmäßig als “Killerapplikation” eingestuft, weil die zu sehenden Personen hervorragend als Projektionsfläche dienten, für die Frage “Könnte ich das sein?”.

Diese positiven Erfahrungen wurden später in anderen Projekten, etwa für Bertelsmann, Tchibo, Lunar (Edeka) oder die Commerzbank bestätigt, wohlgemerkt jeweils basierend auf fünf- oder sogar sechsstelligen Befragungsbefunden.

Das – zumindest gemessen an der budgetären Ausstattung – sicherlich prominenteste Beispiel für den Einsatz von Mitarbeiter-Testimonials lieferte dann McDonald´s, die diesen Ansatz dann sogar ins TV brachten. Auch hier berichtete McDonald´s Personalvorstand Wolfgang Goebel glaubhaft von sehr positiven Effekten.

Doch wie gesagt: Wenn es alle machen, ist es dann noch besonders? Interessant zu beobachten ist auf jeden Fall, dass einige prominente Arbeitgebermarken wie z.B. Unilever (in seiner “Want more” Kampagne) oder Pro Sieben Sat 1 momentan Auftritte plazieren, die allein mit Typo und Copy arbeiten, also gänzlich ohne Bilder von Mitarbeitern.

Meine Meinung hierzu: Zuallererst sollte man diese Diskussion nicht vom “Instrument her” führen. Es geht nicht um den Einsatz oder Nicht-Einsatz von Mitarbeiter-Testimonials, es geht darum, ob ein solches Instrument zur Arbeitgeber-Marke passt bzw. ob die Arbeitgeber-Marke darüber transportiert werden kann. Wir sollten meines Erachtens grundsätzlich etwas weniger in Instrumenten oder Features denken und uns ein bißchen öfter die Frage stellen, was denn die Employer Brand eigentlich ist, wodurch sie sich auszeichnet und erst dann, wie diese transportiert werden kann. Wenn Mitarbeiter exemplarisch für diese stehen, dann ist es auch nur konsequent, diese zu “Sprechern” zu machen, wenn nicht, sollte man es lassen.

Zweitens: Mitarbeiter-Testimonial ist nicht gleich Mitarbeiter-Testimonial. Manche funktionieren, mache nicht. Klar, das Casting der Mitarbeiter-Testimonials wird oft – bis zu einem gewissen Grad ja auch sinnvollerweiße – diktiert von gewissen Quotenüberlegungen (ein bißchen Gleichstellung, ein bißchen Diversity…), aber dabei kann eben auch herauskommen, dass man nachher Mitarbeiter ins Schaufenster stellt, die die gewollte Botschaft entweder nicht transportieren (weil sie eben nicht für die Employer-Brand stehen) oder nicht transportieren können.

Insb. letztgenannter Aspekt darf nicht vernachlässigt werden. Es ist nämlich nicht jedem in die Wiege gelegt, vor der Kamera – ob nun Foto oder sogar Film – unverkrampft, flüssig und locker zu sein. Authentisch ist NICHT, was ein Absender sich ausdenkt, sondern was der Empfänger dafür hält. Man kann somit nicht authentisch kommunizieren, man kann nur authentisch wahrgenommen werden! Wir haben schon mehrfach mit Personen gearbeitet, die im  Zwiegespräch echt toll waren, die sehr glaubhaft vermitteln konnten, voll und ganz hinter ihrer bzw. der Unternehmensbotschaft zu stehen. Sowie das Licht angeknipst war und die Kamera lief, war davon leider nicht mehr viel übrig. Entsprechend war die Resonanz auf die Filme anschließend auch oft: “Nicht authentisch…”. Hier kann – ich betone KANN – es manchmal dann sogar sinnvoller sein, sich eines professionellen Darstellers zu bedienen. Übrigens: Zwei ganz gelungene Beispiele hat der Wollmilchsau Blog gerade rausgesucht (hier).

Also: Sicherlich sind Mitarbeiter-Testimonials keine revolutionäre Neuerung mehr, und allein das Vorhandensein von Mitarbeiter-Videos oder Erfahrungsberichten lockt sicherlich per se keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Es gibt aus meiner Sicht aber absolut keinen ersichtlichen Grund, warum der Einsatz von Mitarbeitern als Markenbotschaftern aktuell oder zukünftig nicht mehr zeitgemäß sein sollte. Mitarbeiter werden immer in irgendeiner Form für Ihren Arbeitgeber sprechen, ob nun abend am Tresen mit Freunden oder auf Karriere-Website.

Aber: Auch dieses Instrument wird sich weiterentwickeln (müssen). Und natürlich sind alle gefordert, innovative Wege auszuprobieren.

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Twitter-Follower-Ranking und Ansätze einer Typologie der Karriere-Kanäle

Montag, 2. Mai 2011 9:48

Regelmäßige Leser des Recrutainment Blogs kennen es ja schon: Einmal monatlich veröffentlichen wir an dieser Stelle die Followerzahlen der deutschsprachigen Corporate Career Twitter Kanäle in Form eines Rankings. Bei der letzten Veröffentlichung Anfang April haben wir erstmals das Follower-Following-Ratio der betrachteten Kanäle ausgerechnet und dabei doch recht deutliche Unterschiede festgestellt: Bei einigen Kanälen liegt dieses unter 1, d.h. dieser Kanal folgt mehr Twitteren als er eigene Follower hat, bei anderen lag es in der Spitze bei über 400. Letztgenannte Kanäle folgen so gut wie niemandem, sie “lassen folgen”…

Dass sich daraus verschiedene Ansätze, Twitter zur Karrierekommunikation zu nutzen, ableiten lassen, liegt auf der Hand. Von daher haben wir uns mal die Mühe gemacht, einige ausgewählte Kanäle inhaltlich zu analysieren, um somit zu einer Art Typologie zu kommen. Doch dazu dann unten mehr. Erstmal die aktuellen Zahlen:

Im “Tausenderclub” gibt es nicht so viel Neues – alle wachsen mehr oder weniger linear der Deutschen Bahn hinterher. Diese liegt weiterhin sehr deutlich vorn und hat nun als erstes die 5000er Marke durchbrochen. Auf den Plätzen hat es eine kleine Verschiebung gegeben. Die Telekom hat Unilever den gerade erst von Otto übernommenen dritten Platz gleich wieder weggeschnappt.

In der “zweiten Liga” gibt es immer mal die eine oder andere kleinere Verschiebung, aber auch hier hat es in den letzten vier Wochen keine weltbewegenden Veränderungen gegeben. Es gibt dabei aber durchaus Kuriositäten: Z.B. zähle ich seit einiger Zeit den Kanal @TchiboKarriere mit. Dieser hat aktuell 186 Follower. Das würde durchaus zu einem Platz irgendwo bei @Robinsonjobs, @CommerzbankJobs oder @1und1jobs, also Kanälen, die erstens schon länger und zweitens durchaus ernsthaft Twitter zur Karrierekommunikation nutzen, reichen. Das Kuriose: Tchibo hat den Kanal aber noch gar nicht benutzt: “@TchiboKarriere hat noch nichts getwittert”… Wenn man so will haben 186 Personen einen Kanal eingeschaltet und es läuft kein Programm… Nach dem ganz vielversprechenden Start von Tchibo ins Web 2.0 (z.B. gibt es einen Presse-Twitter-Kanal @Tchibo_Presse oder einen durchaus gelungenen Unternehmensblog mit eigener Karriere-Sektion), wäre es aus meiner Sicht schon sinnvoll, auch diesen Kanal zu bespielen.

Der Index zeigt weiterhin konstant nach oben, d.h. die Followerzahlen der betrachteten Kanäle wachsen kontinuierlich weiter. Man erkennt zwar ein leichtes Abflachen der Kurve, aber um hieraus einen Trend abzuleiten, reicht das nicht.

Nun aber zu der Typologie:

Im Herbst letzten Jahres haben wir in einem ersten Ansatz einer qualitativen Beurteilung mal ein Raster von fünf Kriterien aufgestellt, nach dem sich Tweets kategorisieren lassen:

1) Veranstaltungen / Events (Hinweise auf Veranstaltungen, Berichte von Veranstaltungen etc.).

2) Retweets anderer (Karriere-)Twitterer, Corporate oder nicht Corporate.

3) Direkte Dialog-Tweets, also solche, die mit einer @Anrede beginnen und sich direkt an einen anderen Twitterer richten.

4) Jobangebote (Stellen, Praktikanten-, Ausbildungs-, Traineeprogramme etc.).

5) Hinweis / Links zu anderen Inhalten im Web (oft mit Verlinkungen), nennen wir es mal “Lesenswertes”.

Je nach relativer Häufigkeit, wie diese verschiedenen Kategorien bespielt werden, kann man dann typologische Unterschiede feststellen. Wir haben für den Zeitraum 08.03. bis 07.04. auf dieser Basis mal exemplarisch 11 Corporate Career Tweets contentanalytisch untersucht.


Wie man hieran erkennt, unterscheiden sich die Kanäle substantiell hinsichtlich der Anzahl abgesetzter Tweets (@SNTlive mit über 400 Tweets in vier Wochen, @BMWKarriere mit gerade mal sieben…). Zum anderen gehen die Kanäle inhaltlich doch sehr unterschiedliche Wege:

Typ1: Die Job-Twitterer: Einige Kanäle (in unserer Betrachtung vor allem ThyssenKrupp, BMW und die Commerzbank) kommunizieren in erster Linie Jobs. Während dies bei ThyssenKrupp recht unpersönlich und automatisiert geschieht, gibt sich die Commerzbank immerhin die Mühe, diese “redaktionell” zu kommunizieren. Dass dies aber nicht unbedingt erfolgreicher sein muss, zeigt die Entwicklung der Followerzahlen insb. bei ThyssenKrupp.

Typ2: Die Veranstaltungs-Twitterer: Vor allem die Kanäle der Deutschen Bahn und von Bayer zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Tweets aus, die sich auf Karriere-Veranstaltungen beziehen. Hinweise auf oder Berichte von Messen oder Wettbewerben haben hier einen hohen Anteil.

Typ3: Die “Golddigger”: Kanäle wie die von Daimler, Krones, Allianz oder Brose zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Tweets aus, die auf andere (Web-)Inhalte verlinken. Diese Tweets steuern dem Charakter nach Inhalte zur weiteren inhaltlichen Diskussion bei. Im Falle von Daimler bestehen diese Links nahezu ausschließlich aus Hinweise auf die paper.li Zeitung Paper.li/daimler_career/newsboard, aber dabei handelt es sich ja auch wiederum um eine hübsch aufbereitete Zusammenstellung von Web- und Twitterinhalten jeglicher Art und Herkunft.

Typ4: Die “Dialog-Twitterer”: Schließlich gibt es Kanäle mit einem hohen Anteil an Retweets, also dem Wiederholen von Tweets anderer Twitterer, oder Reply-Tweets, also solchen, die sich direkt an einen anderen Twitterer richten, dennoch aber für jeden sichtbar sind. In unserer Stichprobe taten sich hier insb. SNT und Bertelsmann hervor.

Wir konnten allerdings bei diesem Versuch der Typologisierung keinen wirklichen Zusammenhang mit dem Erfolg des Kanals (was ist denn eigentlich der Erfolg?) feststellen, so dass vorerst nur das Fazit bleibt, dass es offensichtlich viele Wege nach Rom gibt…

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