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Prosa
Ried - Waldundwiesenkrimi
Wird aus Knirschen des Eises Knirschen von Glas, Kreischen, Quietschen, zerschmetterndes Blech und Glas, rote Lache unter blauem Blech, fließt in weißpulverisierte Glasscherben, die mischen sich mit dem Pulver, und ein Gemälde von rosa Eisblumen entsteht. Rotes Blut, schwarzes Öl. Helle Haut. Stoff. Road-and- Tailor, Waldundwiesenstoff hat er gemocht. Unter Anzugstoff Leib heil und ganz. Augen trauen sich in langsamer Fahrt aufwärts, tastende Kameraaugen. Ein Mensch, der schläft. Mählicher zögernder Schwenk körperaufwärts, stockt vor dem Hals. Ein Gesicht, das will ich nicht sehen, nicht zeigen. Wie auch, ist fort.
Stoff. Nichts aus Stoff, Stoffe. Spulen, Garne, Messer und Scheren, Nahmaschine und Kleiderpuppe, Schaufensterpuppe hat keine Arme nicht Beine, Kamera-Auge tastet, die Wunden zackig abgeschnitten, die harten Schnitte im Kunststoff werden ihr schwer. Ihre Arme, seine Beine. Im Odenwald liegt das linke Bein begraben, im Vogelsberg das rechte, an der Zo-nengrenze im Richelsdorfer Bergwerksstollen der linke Arm und im Darmstädter Ried ab heute der rechte. Die Frau geht mit wehendem Mantel und tragt den silbernen Koffer zurück auf sicheren Boden des Dammes zum weiteren Gang durch das Altrheingebiet, dort, wo es trockener wird. Schlingpflanzen aus Efeu und verdorrtem Wilden Hopfen mit seinen flockigen graugewordenen Samen, Waldrebenranken dazwischen, das alles wie Stricke vielfach umeinander geschlungen, rankt sich von Baum zu Baum und um ganze Baume herum.
Die Eiche an der Schwedensäule ist hoch und dick, ihre Borke so schwer und zerklüftet, dass die Frau eine Hand hineinlegt unwillkürlich. Hand im Baumstamm, Schuhe im Matsch, hört sie, die stumm steht, das Klatschen des Altrheinwassers an die morschen Boote und das Kreischen der Reiher. Hier wird der Fluss weit wie ein See, strömt doch wieder bewegter vorwärts, so dass sich die altertümlichen schwarzgewordenen Holzkahne zwischen den Uferbaumen knarrend drehen um die eigene Achse. Sie geht nahe ans Wasser, rutscht fast hinein auf dem glibbrigen hellbraunen Schlamm, aus dem die schwarzen Wurzeln gekrümmt hochragen, vom Wasserstrom unterhöhlt die schief über den Fluss-Spiegel hangenden Weiden und ErIen. Die Flüssigkeit bewegt nicht nur Kähne und Plastikkanister, die sie in regelmäßigem Abstand gegen das Land treibt, so dass es immerzu einen klopfenden schnarrenden Ton gibt, sie bewegt auch kleine Wellen unter die Füße des stehenden Menschen am Meer. Denn so kommt der Frau das Bild vor, weil der Wasserspiegel bis zum Horizont reicht und drüben direkt in den gleichfarbigen Himmel eingeht. Abgebrochene ausgemergelte Baumstämme ragen auch hier halb über den Spiegel, doch sind sie sauber abgewaschen und entrindet, gebleicht. Drüben über der bugförmigen Vogelinsel segeln Flugenten und schreien. Ein Inselhügel kreisrund mit vier völlig regelmäßig im Viereck stehenden kleinen Bäumen liegt zwischen Insel und Ufer im Fluss.
Die Frau geht die Uferallee unter den im Wind klappernden Kahlästen mit den Fruchtbündeln vom Vorjahr entlang, die Schritte hart auf dem festen Damm, schlagt sich dann seitwärts in das trockene überwinterte Ried. Erst als nur noch ihr Kopf über den Büscheln zu sehen ist, halt sie an, steht lange starr, stellt dann den Koffer ins Ried, er sinkt, den Blicken entzogen, sie öffnet, er fällt schnappend auf, sie hebt den in zwischen starker tropfenden Gegenstand mit beiden Händen sorgsam heraus. Sie geht noch tiefer ins Ried, dort, wo die Nässe der Altrheinseen in die Pflanzen dringt, sie tritt vorsichtig und doch mit quatschenden Schritten, in ihren Spuren sammelt sich Wasser. Zieht Lehmschlieren hinter sich her, hebt die Beine im Weitergehen höher an.
Nun ist die Frau so weit zwischen den braun grauen Büscheln verschwunden, steht gegenüber der Insel am Ufer, genau hinschauen muss, wer sie unterscheiden will, graubeige wie die Pflanzen sind Regenmantel und Haare. Graubraun das Packpapier, das sie nun um den silberfolienverpackten Gegenstand wickelt und vor sich hin ins Ried gleiten lässt.
Die Frau starrt in den Metallkoffer, der offen dasteht, von der Last befreit und leer bis auf den Satz dünner Messer, sie steht lange und überdenkt die Tage: Mitten in der großen Stadt finden ihre Gedanken sich wieder, schweifen im Raum, in den Räumen der Wohnung; Küche, Arbeitsraum, Tisch, Kühltruhe, Nähmaschine, Kleiderpuppe, Körperteile, Puppenbeine; Messer wetzen, Messer ansetzen; weit fahren und bewahren; verstecken in Hecken. Die Frau fährt sich mit der Hand über die Stirn, schüttelt den Kopf, Imaginationen heraus ins nasse Riedgras, das schneidet, klappt die Kofferseiten über die Messer, nimmt Koffer auf, geht. Zurück, als sei sie spazieren gegangen im Ried, im Widerstand gegen den Regen.
Und da stehen wir, sind aus der gleichen Stadt hierhergefahren, um Landschaftsbilder vom Nachwinterried zu verwahren, ehe sie das Frühjahr verändert. Wie nehmen das Teleobjektiv aus dem Silberkoffer, weil die Kraniche zu weit fort fliegen, und als der Koffer im raschelnden Ried steht, fahren uns derIei filmische Imaginationen heraus: Tatort Kühkopf und Waldundwiesenkrimi im Altrheingebiet, Koffer zu, Kamera läuft.
Das Wasser läuft in die Schuhe, so tief ist das Loch unter den Füßen, es blubbert van unten in wässrigen Blasen, es fängt an zu regnen, Wasser fällt aus dem Himmel auf Mantel und Haar.
Wir gehen und drehen den Film.
Die Frau geht, das Gesicht hochaufgerichtet, das Wasser läuft ihr in Nase und Mund und aus den aufgerissenen Augen heraus.
Stoff. Nichts aus Stoff, Stoffe. Spulen, Garne, Messer und Scheren, Nahmaschine und Kleiderpuppe, Schaufensterpuppe hat keine Arme nicht Beine, Kamera-Auge tastet, die Wunden zackig abgeschnitten, die harten Schnitte im Kunststoff werden ihr schwer. Ihre Arme, seine Beine. Im Odenwald liegt das linke Bein begraben, im Vogelsberg das rechte, an der Zo-nengrenze im Richelsdorfer Bergwerksstollen der linke Arm und im Darmstädter Ried ab heute der rechte. Die Frau geht mit wehendem Mantel und tragt den silbernen Koffer zurück auf sicheren Boden des Dammes zum weiteren Gang durch das Altrheingebiet, dort, wo es trockener wird. Schlingpflanzen aus Efeu und verdorrtem Wilden Hopfen mit seinen flockigen graugewordenen Samen, Waldrebenranken dazwischen, das alles wie Stricke vielfach umeinander geschlungen, rankt sich von Baum zu Baum und um ganze Baume herum.
Die Eiche an der Schwedensäule ist hoch und dick, ihre Borke so schwer und zerklüftet, dass die Frau eine Hand hineinlegt unwillkürlich. Hand im Baumstamm, Schuhe im Matsch, hört sie, die stumm steht, das Klatschen des Altrheinwassers an die morschen Boote und das Kreischen der Reiher. Hier wird der Fluss weit wie ein See, strömt doch wieder bewegter vorwärts, so dass sich die altertümlichen schwarzgewordenen Holzkahne zwischen den Uferbaumen knarrend drehen um die eigene Achse. Sie geht nahe ans Wasser, rutscht fast hinein auf dem glibbrigen hellbraunen Schlamm, aus dem die schwarzen Wurzeln gekrümmt hochragen, vom Wasserstrom unterhöhlt die schief über den Fluss-Spiegel hangenden Weiden und ErIen. Die Flüssigkeit bewegt nicht nur Kähne und Plastikkanister, die sie in regelmäßigem Abstand gegen das Land treibt, so dass es immerzu einen klopfenden schnarrenden Ton gibt, sie bewegt auch kleine Wellen unter die Füße des stehenden Menschen am Meer. Denn so kommt der Frau das Bild vor, weil der Wasserspiegel bis zum Horizont reicht und drüben direkt in den gleichfarbigen Himmel eingeht. Abgebrochene ausgemergelte Baumstämme ragen auch hier halb über den Spiegel, doch sind sie sauber abgewaschen und entrindet, gebleicht. Drüben über der bugförmigen Vogelinsel segeln Flugenten und schreien. Ein Inselhügel kreisrund mit vier völlig regelmäßig im Viereck stehenden kleinen Bäumen liegt zwischen Insel und Ufer im Fluss.
Die Frau geht die Uferallee unter den im Wind klappernden Kahlästen mit den Fruchtbündeln vom Vorjahr entlang, die Schritte hart auf dem festen Damm, schlagt sich dann seitwärts in das trockene überwinterte Ried. Erst als nur noch ihr Kopf über den Büscheln zu sehen ist, halt sie an, steht lange starr, stellt dann den Koffer ins Ried, er sinkt, den Blicken entzogen, sie öffnet, er fällt schnappend auf, sie hebt den in zwischen starker tropfenden Gegenstand mit beiden Händen sorgsam heraus. Sie geht noch tiefer ins Ried, dort, wo die Nässe der Altrheinseen in die Pflanzen dringt, sie tritt vorsichtig und doch mit quatschenden Schritten, in ihren Spuren sammelt sich Wasser. Zieht Lehmschlieren hinter sich her, hebt die Beine im Weitergehen höher an.
Nun ist die Frau so weit zwischen den braun grauen Büscheln verschwunden, steht gegenüber der Insel am Ufer, genau hinschauen muss, wer sie unterscheiden will, graubeige wie die Pflanzen sind Regenmantel und Haare. Graubraun das Packpapier, das sie nun um den silberfolienverpackten Gegenstand wickelt und vor sich hin ins Ried gleiten lässt.
Die Frau starrt in den Metallkoffer, der offen dasteht, von der Last befreit und leer bis auf den Satz dünner Messer, sie steht lange und überdenkt die Tage: Mitten in der großen Stadt finden ihre Gedanken sich wieder, schweifen im Raum, in den Räumen der Wohnung; Küche, Arbeitsraum, Tisch, Kühltruhe, Nähmaschine, Kleiderpuppe, Körperteile, Puppenbeine; Messer wetzen, Messer ansetzen; weit fahren und bewahren; verstecken in Hecken. Die Frau fährt sich mit der Hand über die Stirn, schüttelt den Kopf, Imaginationen heraus ins nasse Riedgras, das schneidet, klappt die Kofferseiten über die Messer, nimmt Koffer auf, geht. Zurück, als sei sie spazieren gegangen im Ried, im Widerstand gegen den Regen.
Und da stehen wir, sind aus der gleichen Stadt hierhergefahren, um Landschaftsbilder vom Nachwinterried zu verwahren, ehe sie das Frühjahr verändert. Wie nehmen das Teleobjektiv aus dem Silberkoffer, weil die Kraniche zu weit fort fliegen, und als der Koffer im raschelnden Ried steht, fahren uns derIei filmische Imaginationen heraus: Tatort Kühkopf und Waldundwiesenkrimi im Altrheingebiet, Koffer zu, Kamera läuft.
Das Wasser läuft in die Schuhe, so tief ist das Loch unter den Füßen, es blubbert van unten in wässrigen Blasen, es fängt an zu regnen, Wasser fällt aus dem Himmel auf Mantel und Haar.
Wir gehen und drehen den Film.
Die Frau geht, das Gesicht hochaufgerichtet, das Wasser läuft ihr in Nase und Mund und aus den aufgerissenen Augen heraus.
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