Irlands Bäume


Eine Serie von Elisabeth Firsching


Bäume: Sie waren lange vor uns hier, sie sind stets um uns herum, sie sind (meist) stille Begleiter unseres Lebens; sie überdauern uns und werden hier sein, wenn längst neue Menschen-Generationen die Erde bevölkern. Werden sie? Zumindest werden sie solange hier sein wie Menschen auf der Erde siedeln. Und umgekehrt. Denn ohne sie gibt es kein menschliches Leben auf der Erde: Ohne Bäume auch keine Menschen. Die Bäume sind die archaischen Begleiter des Menschen durch die Zeiten. 

In einer neuen Serie auf dem Irland Blog werden wir die Bäume Irlands vorstellen, und wir werden fragen, welchen Bezug die keltischen Vorfahren der Iren zu den Bäumen hatten und wie die Vorstellungen vom Keltischen Baumkreis und vom Keltischen Baumhoroskop in die Welt kamen. Unsere Autorin Elisabeth Firsching aus Biedermannsdorf bei Wien wird künftig jeden Monat einen einheimischen Baum Irlands vorstellen und über seine Bedeutung im irischen Leben, im Volksglauben und in der Naturheilkunde berichten. Sie wählt die Bäume nach dem Kalendersystem des Keltischen Baumkreises aus.

Die Kelten, viel besungene und legendäre Vorfahren der Iren, die 600 Jahre vor Christus auf die Insel kamen, um dort rund 1000 Jahre lang den Ton anzugeben, gelten als ein Volk, das in Einklang mit der Natur lebte. Der Baum stand im Zentrum ihres Weltbilds. Aus der Wahrnehmung des Baum-Unniversums entwickelten sie die Ogham-Schrift und den keltischen Kalender. So zumindest interpretierte es der "Erfinder" des keltischen Baumkalenders, der Schriftsteller Robert Graves. Graves förderte mit seinen Werken ganz maßgeblich den bis heute faszinierenden Kelten-Mythos und befeuerte unsere Phantasie dort, wo wir tatsächlich wenig wissen: vom wirklichen Leben der Kelten und von ihrem Verhältnis zu den Bäumen. 



Unter den Baum-Keltologen gibt es bis heute unterschiedliche Betrachtungen des keltischen Baumjahres, doch die Kardinalpunkte stimmen überein. Insider berufen sich zuerst auf den Autor von "Die weiße Göttin" , Robert Graves (1895 - 1985), dessen Nachfahren noch heute ein prächtiges Anwesen in West Cork bewohnen. Der Literat der mit vollem Namen Robert von Ranke-Graves hieß, hat sich in seinem 1948 erschienenen Buch über "eine historische Grammatik poetischer Mythen" mit dem Thema des keltischen Baumalphabets Ogham intensiv auseinander gesetzt. Dieses Alphabet - je nach Quelle "Beth-Luis" oder "Beth-Luis-Fearn" genannt, besteht aus dreizehn Konsonanten, welche wiederum jeweils den dreizehn Mond-Monaten und eben dreizehn Bäumen und Sträuchern zugeordnet werden. Die Monate der einen Zählart erstrecken sich von Neumond zu Neumond und beginnen nach der Wintersonnenwende (längste Nacht des Jahres am 21. Dezember), bei der zweiten werden die Monate ab Samhain (die Nacht vom 31. Oktober zum 1. November) von Vollmond zu Vollmond gezählt. Die Bäume (bzw. Sträucher) im Keltischen Baumkalender sind: Birke, Eberesche, Esche, Erle, Weide, Weissdorn, Eiche, Ilex, Hasel, Weinrebe (!), Efeu, Wasserholder (Schneeball), und Holunder. 


Vor kurzem besuchte ich gemeinsam mit einigen tausend anderen Menschen ein Konzert von Sting in Wien. Nach ein paar Liedern war aus der Vielzahl von einzelnen Menschen eine Einheit mit dem Sänger und den Musikern entstanden. Die Einen aktiv, die Anderen passiv, waren wir durch die Musik miteinander verbunden. Sting hatte sich einmal einem wissenschaftlichen Experiment unterzogen, das die Aktivität seiner Gehirnströme maß, während er komponierte oder an ein Musikstück dachte. Während bei normalen Alltagstätigkeiten häufig eher die linke Gehirnhälfte arbeitet, waren bei ihm beide Hälften aktiv. Die rechte Gehirnhälfte arbeitet ganzheitlich, in Bildern, im Jetzt, und kennt keine Trennung. Alles das, was in unserem westlich aufgeklärten Denken der Gegenwart als möglicherweise unreal, phantastisch oder im besten Fall als künstlerisch bezeichnet wird, spielt sich in der rechten Hemisphäre des Gehirns ab.

Im Mittelalter herrschte ein eher magisches, „abergläubisches“ Denken vor. In Irland war der Feenglaube noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein verbreitet, viele Geschichten erzählen davon. Als ich einmal einen Farmer fragte, warum man eigentlich auf den Weiden die Steinkreise und Standing Stones nicht weggeräumt hätte, meinte er ein wenig verschämt, die Leute würden fürchten, damit Unglück auf sich zu ziehen. Da ging mir ein großes Licht auf, unzählige Sagen berichten detailreich von der Rache der Fairies und Leprechauns. Diese kollektiven Übereinkommen haben bis heute Auswirkungen: Sie schützen altes Kulturgut und weisen auf etwas hin, was in der aufgeklärten westlichen Gesellschaft weitgehend verlorengegangen ist.

Menschen früherer Jahrhunderte setzten möglicherweise im Alltag vermehrt die rechte Gehirnhälfte ein. Sie waren mehr als wir auf die Natur angewiesen und mit ihr verbunden. Sie hatten dadurch viele Informationen zur Verfügung, zu denen wir heute schwer Zugang finden, denn wir sind von klein auf konditioniert, logisch und nachvollziehbar zu denken und zu handeln.



Junge Blätter der Erle.

So stehen wir meist ein wenig hilflos lächelnd vor den Geschichten, die sich auf magische Zusammenhänge zwischen uns Menschen und der Tier- und Pflanzenwelt, ja sogar der Welt der Steine beziehen. In einem Steinkreis stehend werden wir möglicherweise neugierig auf das Warum und Wie. Es fehlt der Missing Link, der Zugang zum Sinn und Zweck, den es irgendwie ja geben muss.

Irland hat eine reiche Tradition in Dichtung und Musik und führt in seiner Folklore in tiefe Schichten dessen, was Menschen mit der Natur und dem Kosmos verbindet. Dies macht einen Teil der Faszination aus, die Menschen empfinden, wenn sie auf die magische Insel kommen. Jenseits des Glaubens, der auf Angstmache begründet ist und immer auch bestimmten Interessen diente, existiert eine tiefere Dimension der Realität, nach der sich viele Menschen insgeheim sehnen: Sie macht aus der zerstückelten Welt ein Ganzes und erfüllt manches Rätselhafte mit Sinn. Aus diesen Quellen nähren sich der Neo-Pagansimus und das Neo-Keltentum, Bewegungen, die vor allem auf den britischen Inseln in den vergangenen Jahren enormen Zulauf haben. Diese Bemerkungen leiten eine neue Serie auf dem Irland Blog ein, die sich mit den Bäumen des Keltischen Baumkreises beschäftigt.


Das Keltische Baunhoroskop unterstellt eine magische Beziehung der Kelten zu den Bäumen. Wir wissen, dass wir nichts Genaues über die Beziehung der Ur-Iren zu den Bäumen wissen, und das heute allgemein beliebte Keltische Baumhoroskop geht in seiner deutschen Übersetzung auf eine Abschrift eines polnischen Gartenkalenders aus den 80er-Jahren zurück. Dieser widerum hatte sich bei der franzözischen Frauenzeitschrift „Marie Claire“ bedient, in der 1971 eine Artikelserie über das Keltische Baumhoroskop erschien – die Beiträge hatten ihren Nektar widerum aus Robert Graves Buch The White Goddess gesogen, und der war ein Meister der freien Interpretation und der Phantasie. Tatsache aber ist: Die Welt der vor-christlichen Kelten und das alte Wissen um die Bäume ziehen viele Menschen heute wieder in ihren Bann."

Die Autorin: Elisabeth Firsching.
Sie schreibt den Blog
www.kleinefreude.blogspot.com


Bevor wir uns den einzelnen Bäumen des Keltischen Baumkreises zuwenden und mit der Beschreibung des Dezember-Baumes Holunder beginnen, möchte ich allgemein auf die Beziehung zwischen Menschen, Bäumen und dem Kosmos eingehen. Für keltische Gelehrte war der Baum Bindeglied zwischen Himmel (Krone) und Erde (Wurzeln) und damit heilig. Bäume führten den druidischen Hauptlehrsatz von der Unendlichkeit des Lebens und der Endlichkeit des Todes fortwährend vor Augen. Ein Laubbaum im Winter war zwar "tot" aber nur "auf Zeit". Ein Immergrüner veranschaulichte die Durchsetzungskraft des Lebens.

Fehlende schriftliche Zeugnisse und die Zeit überdauernde Tempel machen es schwer, die

 Kosmologie der Kelten nachzuvollziehen. Sicher ist, dass sie als naturverbundene Menschen ihre heiligen Handlungen im Freien in Verbindung mit heiligen Bäumen vollzogen. Ein heiliger Baum diente als territorialer Mittelpunkt und war für einen Stamm der "Stammbaum". Dieser Stamm-Baum spiegelte auch das Gedeihen des Clans und seine Verbundenheit mit den Göttern wider. Die Namen der Bäume wurden für Orts-, Stammes- und Eigennamen herangezogen. Sie waren auch Grundlage für die Ogham-Schrift, die der geheimen Verständigung zwischen den Weisen, also Barden (Dichter) und Druiden (Priester) diente, denn die Buchstaben standen nicht nur für bestimmte Laute, sondern auch für die magischen Kräfte der Bäume.

Als heilig belegt sind Birke, Eberesche, Esche, Weide, Weißdorn, Eiche, Steineiche, Haselstrauch, Efeu, Schilf und Hollunder. Jeder Baum hat natürlich seine eigene Charakteristik, eventuell auch Heilkraft. Da nähern wir uns den Themen, die uns aufgeklärte Menschen heute wieder mehr und mehr zu interessieren beginnen. In Europa, wo dichte Besiedlung und Infrastruktur ausgedehnte Wälder abgelöst haben, scheint eine Sehnsucht nach mehr Verbindung zur Natur mehr als gut nachvollziehbar.

Irlands Bäume (1): Der Holunder

Wir beginnen unsere Serie über die alten Bäume Irlands mit dem Holunder (Sambucus nigra), dem dreizehnten Mitglied des Keltischen Baumkreises, der in der Naturheilkunde als eine vielseitige Pflanze bekannt ist. Er ist eigentlich kein Baum, sondern ein Strauch, der uns allgegenwärtig und fast unscheinbar begleitet. Es ist Zeit, ihm etwas mehr Aufmerksamkeit entgegenzubringen und das nicht nur der Grippetees wegen, die meist Holunderblüten enthalten. Lebender Medizinschrank und mächtige Schutzpflanze, kein Baum konnte da mithalten, zu jedem Haus und Hof gehörte durch viele Jahrhunderte hindurch der Holunder als eine Art pflanzliches Familienmitglied. Bevor Menschen kleinen bunten Pillen vertrauten, um gesund zu werden, kam der Holunder gegen vielerlei Leiden zum Einsatz.

Die Zeit zwischen dem 25. November und der Sonnenwende gehört im Ogham-Alphabet dem Buchstaben Ruis. Dieser umschreibt das magische Wesen des baumartigen Großstrauches, bedeutet "Schicksal (abwenden)" und auch "drohendes Unheil". Jedoch auch Verzauberung und Zauberstab liegen in diesem Namen verborgen: Mit einer Rute des Holunder oder Elderberry (Sambucus nigra) kann das ausklingende Jahr begleitet werden, Altlasten ausgetrieben werden. Die hohlen Zweige eignen sich zudem dazu, eine Feen-Flöte (faerie flute) zu bauen, vielleicht wusste man in frühen Zeiten die guten Feen damit anzulocken.

Ich würde dieser Pflanze gerne einen weiblichen Artikel geben, denn sie wurde bei den Kelten als Verkörperung der Erdenmutter gesehen und auch in anderen Kulturen immer weiblichen Gottheiten zugeordnet. Die Menschen begegneten ihr jedenfalls mit großem Respekt. Kamen sie an einem Strauch vorbei, zogen sie den Hut vor „ihr“. Auch manche Angst war mit ihr verbunden. In Irland wurde man ins Feenreich verschleppt, sollte man versehentlich unter einem Hollerbusch eingeschlafen sein. Welch großer Wert ihr beigemessen wurde, kann man daraus schließen, dass zu Tode kommen würde, wer sie unbedacht fällte.

Der Holunder wächst meist vieltriebig mit überhängenden Ästen. Innen weiches Mark, außen zeigen die Triebe eine rissige Rinde. Im Frühling ist sie eine der Ersten, sie treibt sehr rasch und verschafft sich so einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Pflanzen. Man findet sie auch jetzt noch überall, wo Menschen wohnen. Ist es, weil sie bewusst gepflanzt wird? Nicht nur, denn sie sucht die Menschen und ist immer schnell zur Stelle, wächst dort und da neben einem Stall, einer Scheune oder einem Haus. Haltet im Frühjahr Ausschau nach ihr, ihr werdet staunen, wie verbreitet sie zu finden ist! Allerdings erst im Mai, wenn sich die cremig-weißen Schirmchen der Blüten öffnen, vorher kommt sie recht unscheinbar daher. In manchen Jahren, wenn das Frühjahr feucht genug war, steht die Landschaft im Brautkleid, so über und übervoll mit den herrlich zart duftenden Blüten präsentiert sich manche Holunderhecke.

Bis zur Reife der tiefdunkelvioletten kleinen Beeren vergeht ein Sommer und der Kontrast von Blüte zur Frucht könnte größer nicht sein. Die Blüten so unschuldig und zart, die Früchte intensiv färbend. Es wäre doch einen Versuch wert, die Geschenke der Elder wieder mehr in Anspruch zu nehmen. Im nächsten Frühjahr mit einem erfrischenden Saft aus den Blüten vielleicht, oder im Herbst mit Holunderpfannkuchen aus den Beeren? Es könnte der Beginn einer neuen, wohlschmeckenden Freundschaft werden.



Irlands Bäume (2): Die Birke


Mit der Wintersonnenwende begann das neue Sonnenjahr. Die Tage werden länger, im Keltischen Baumkreis gehört die Zeit vom 24. Dezember bis zum 20. Januar der Birke. Der zugeordnete Buchstabe im Ogam Alphabet ist das B, der keltische Name lautet Beth. Auch ihr lateinischer Name klingt hier an: Betula. Kein anderer Baum kann die Energie dieser Zeit besser verkörpern als die Birke, die im Baumkalender auf den Holunder folgt.


Wir können uns die Birke als ein Wesen vorstellen, das sich ungestüm die Welt erobern will und dabei recht anspruchslos in ihren Bedürfnissen ist. Vierzig verschiedene Arten wollen Neuland besiedeln, ob der Boden sandig oder moorig ist, spielt dabei weniger eine Rolle. So war es die Birke, die Europa in weiten Teilen nach der letzten Eiszeit bedeckte, als es begann wärmer zu werden. Wenn uns im Frühjahr erste zarte Blätter entgegenleuchten, so sind es die der Birken. Sie treiben, als gäbe es kein Morgen.

Die Birke galt von alters her als Symbol für das Frühlingserwachen und gab den Bauern Hinweise für den richtigen Zeitpunkt, um mit bestimmten Arbeiten zu beginnen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Birken mit der Wiedergeburt in Verbindung gebracht wurden, umso mehr sie sehr viel Licht brauchen. Ihr wunder Punkt sozusagen, sie brauchen Freiheit und Licht, um überhaupt keimen zu können und um sich gut zu entwickeln. Birken wachsen zu Beginn schnell und können in den ersten sechs Jahren bereits eine Höhe von sieben Metern erreicht haben.

Wir alle kennen das Erscheinungsbild dieser Baumart mit der weißlich-silbrigen Rinde, den dünnen, weichen, hängenden Zweigen und den hellgrünen Blättern. Wenn ich sie mir vorstelle, ist sie derjenige von all den Bäumen, der am ehesten mit uns spricht. Sie hält viele Töne in ihrem Repertoire. Sie wispert und rauscht, manchmal raunt sie sachte, fast immer macht sie sich akustisch bemerkbar. Mein Vater erzählte mir, er hätte einmal Birken klingen gehört, nach einem Eisregen, als die vereisten Triebe aneinander schlugen und wie von Feenhand ein zartes Glockenspiel erklingen ließen. Wenn ich das nur auch einmal hören könnte! Die Birke wirft sich mit einer großen Fülle an Samen, die sich in den Kätzchen im März bis Mai entwickeln, in die Schlacht um die Vermehrung. Aufgrund dieser Eigenschaft wurde sie auch immer mit Fruchtbarkeit assoziiert. Wiegen mussten aus Birkenholz gefertigt sein, um Unheil vom Neugeborenen abzuwenden. In unseren Tagen kämpfen allerdings viele Menschen mit allergischen Reaktionen auf die Birkenpollen in der Frühlingsluft.

Fast alle Teile der Birke fanden für alle möglichen Zwecke eine besondere Verwendung. Die berühmteste und möglicherweise durch die Jahrhunderte wichtigste wird ein schmerzhemmender Stoff in ihrer Rinde sein, der den Grundbaustein für das Aspirin bildete.

Zum Schluss möchte ich noch etwas Persönliches zur Birke erzählen. Als ich vor einem halben Jahr ein Profilfoto für meinen Blog suchte, gefiel mir das Bild, auf dem ich Birken umarme am besten. Es ist im Derrynane Garden in Kerry im Südwesten Irlands entstanden. Dass die Birke in ihrem keltischen Ursprung Beth hieß, passt vorzüglich zu meinem Vornamen Elisabeth und natürlich zu diesem Projekt. Das alles wusste ich damals noch nicht. Es scheint ein wenig, als hätten mich die Bäume verpflichtet. Nun, dieser Aufgabe stelle ich mich gerne, liebe ich sie doch sehr.


Irlands Bäume (3): Die Eberesche


Die Eberesche (Sorbus aucuparia) folgt der Birke im Keltischen Baumkreis und steht für die Zeit vom 21. Januar bis 17. Februar. Oft auch Vogelbeerbaum genannt, ist sie botanisch nicht mit der Esche (Fraxinus) verwandt. Lediglich ihre gefiederten Blätter sind denen der Esche ähnlich. Im altirischen Ogham-Alphabet ist sie dem L mit dem Namen Luis zugeordnet. In Irland wird die Vogelbeere Rowan oder Mountain Ash genannt.

Die Vogelbeerbaum erscheint am eindrücklichsten im Herbs. Wer diesen Baum einmal bewusst zu dieser Jahreszeit wahrgenommen hat, wird ihn nicht mehr vergessen. Die schwere Fülle an intensiv leuchtend roten oder orangefarbenen Beeren lässt die Krone des anmutigen Baumes im Spätsommer rund werden, wohingegen er das restliche Jahr über eher schlank und oval in Erscheinung tritt.

Ein paar Monate später im Januar sind nur mehr die feinen Zweige der Dolden übrig, jede einzelne Beere wurde von Vögeln abgeerntet, die neuen Kräfte schlummern noch in der Tiefe, aber nicht mehr lange. Der Vogelbeerbaum, äußerst frostresistent, gut verwurzelt und anspruchslos, steht früh in den Startlöchern für das neue Vegetationsjahr. Nicht nur die Mutterpflanze treibt verlässlich aus, die Vögel verteilen die Samen weithin, überall sprießen die Ebereschensämlinge und geben ein Zeugnis ihres vitalen Dranges Wurzeln zu schlagen.

Für die keltischen Druiden symbolisierte die Eberesche den Sieg des Lebens über das Sterben. Ihre Kräfte konnten neu beleben und lebensfeindliche Elemente niederringen. Vogelbeer-Ruten und getrocknete Beeren gehörten zum Inventar jedes weisen Mannes, wie auch der heilkundigen Frauen in Europa. Mit ihrer Hilfe konnten Winterkrankheiten geheilt werden, denn die herb schmeckenden Früchte enthalten neben anderen heilbringenden Inhaltsstoffen viel Vitamin C. Von den getrockneten Beeren über Mus und Werkzeug aus seinem harten Holz, in den alten Zeiten wurde gern und oft auf diesen heiligen Baum zurückgegriffen. Auch an den Orakelstätten wuchsen immer Ebereschen, sie halfen während der Rituale die Verbindung zur Anderswelt herzustellen und die Dämonen zu bezwingen. Mit Hilfe ihrer Ruten wurde nach Bodenschätzen gesucht und Schutz vor Blitzschlag und bösen Geistern erwirkt. Leider ist inzwischen viel Wissen im praktischen Umgang mit diesem Baum verloren gegangen. Manche "Anwendung" wird aber noch immer gepflegt, wie das Destillieren der Beeren. Der Vogelbeerschnaps hat in den Alpen einen festen Platz unter den gebrannten Spezialitäten.

"Ich sah aus dem Fenster und mein Blick fiel auf die reifen Früchte eines wunderschönen Vogelbeerbaums. Mein ganzer Kopf voller vertrockneter Beeren, durchfuhr es mich, über ein Problem vor mich hin brütend. Wie sollen sich neue Blüten bilden, wenn noch die alten Früchte den Platz einnehmen. Die Eberesche draußen ließ anmutig ein Blatt fallen. Ich dankte ihr von Herzen, kreisende Gedanken würden mich nicht weiterbringen, ein neuer Ansatz musste her.

Ich stand auf, ging hinaus zu ihr. Meine Welt hatte sich in diesem Moment ein wenig verwandelt. Es wird neue Früchte geben. Die alten müssen nun endgültig den Platz räumen. Ein bisschen möchte ich jetzt noch lauschen, wie ein sanfter Wind durch ihre Zweige streicht. Stubenhockerin, tadelte sie mich leise, aber mit Nachsicht. Nun, ich war da und bereit für Neues!"


Irlands Bäume (4): Die Esche

Die Jahreszeit zwischen dem 18. Februar und dem 18. März gehört im Keltischen Baumkreis der Traueresche / Weeping Ash (Fraxinus Excelsior Pendula). Landläufig ist uns eher die Gemeine Esche (Fraxinus Excelsior) vertraut, wir kennen sie als ausdrucksstarken Einzelbaum. Die Esche gibt im Ogam-Alphabet dem Buchstaben Nion seinen Namen. Nion symbolisiert durch die Verbindung von Sonne und Wasser die Wiedergeburt, den ewigen Kreislauf allen Lebens. In der keltischen Tradition hatte dieser Sonnenbaum Macht über das Wasser; der Eschenspeer galt als das Symbol für den Sonnenstrahl, der das Wasser der Erde befruchtet. Die Esche ist also ein Kind des sonnendurchfluteten Wassers. Sie braucht tiefgründige, nährstoffreiche und feuchte Böden, greift mit großer Wurzelausdehnung Raum in der Erde und baut luftige, gleichmäßig geformte Kronen, wo nach Möglichkeit jeder Zweig Raum für sich hat und noch Licht zum Boden durchlässt. Junge Bäume entwickeln schnell sehr lange Triebe, gewinnen rasch an Höhe. Eschen tolerieren salzige Luft, exponierte Lagen, selbst Luftverschmutzung macht ihnen nichts aus; wenn allerdings der Grundwasserspiegel fällt, können sie rasch absterben. Kaum ein anderer Baum war den keltischen Druiden, aber auch anderen Völkern um die Zeitenwende so heilig wie die Esche. Mit den Eigenschaften ihres Holzes diente sie der Menschheit durch Jahrtausende – und es verwundert nicht, dass sie diese herausragende Bedeutung hatte. Eschenholz ist hart, zäh, schwer, dabei aber sehr elastisch und splittert nicht. Es schwindet wenig, ist gut zu bearbeiten und es brennt auch frisch geschlägert gut. Man verwendete es für Werkzeugstiele, Kufen, Deichseln, Zäune, Ruder, Bootsrippen, Feuerquirl, Musikinstrumente und - Speere.

In der "Schlacht der Bäume" heißt es nach Robert Ranke-Graves:


Grausam der Eschenbaum


Weicht keinen Fußbreit zur Seite



Direkt aufs Herz zielt er

In der Götter- und Symbolsprache spielte der Speer aus Eschenholz europaweit eine wichtige Rolle, hier schließt der Lichtspeer des Erzengel Michael noch an die Sonnengötter alter Völker an, die stets mutig die dunklen Mächte bekämpften. In Irland diente Eschenholz den Druiden unter anderem als Mittel, um das Wetter zu beeinflussen und Ertrinkende zu retten.

Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Kartoffelfäule auf der Insel zu einer großen Hungersnot führte, machten sich Millionen Iren auf nach Amerika. Die meisten hatten auf der Überfahrt in überladenen Schiffen einen Splitter diese Holzes bei sich. Es sollte sie vor dem Ertrinken bewahren.

Es fiel mir schwer, die Botschaft der Esche anzunehmen. Ich ging tagelang herum, ohne dass die Kommunikation mit ihr klare Formen bekam. Schließlich gab ich den offensichtlichen Widerstand auf und mit schneidender Klarheit stand die bittere Erkenntnis da. Die klare Symbolik der Esche verlangt uns Entscheidungen ab, die nicht leicht fallen. Hier geht es um das Gleichgewicht zwischen oben und unten und darum, Verantwortung zu übernehmen:

Die Esche wächst bereitwillig, nicht Wachstum für sich ist das Problem unserer Kultur und unserer Zeit, sondern dass wir den Boden unter den Füßen verlieren. Selbst mächtigste Eschen sterben ab, wenn die Versorgung in der Tiefe nicht mehr klappt. Wachstum um jeden Preis, Ausbeutung der Ressourcen, gut zu leben auf dem Rücken von anderen Menschen, die Vergiftung unserer Erde, dies führt zwangsläufig zum Niedergang. Auch dann, wenn man noch so viel gehortet oder vorgesorgt haben sollte.

Seien es Menschen oder die Erde, wenn wir nicht begreifen, dass wir Menschen alle in demselben Boot sitzen und folglich das Schicksal Einiger immer mit dem aller Anderen zusammenhängt, kann keine Stabilität und keine Prosperität auf Dauer aufrechterhalten werden. Dazu muss wohl jeder von uns ehrlich sehen, auf welchen Grundlagen unsere Lebensführung steht und er/sie muss Verantwortung dafür übernehmen. Was heute im arabischen Raum, in der Weltwirtschaft, in ökologischen Belangen geschieht, ist auch mit unserem Leben, wie wir es führen, eng verbunden. Hinschauen und bereit sein für Veränderung - so lautet der Auftrag.

Die Esche lehrt uns Fülle durch das Gleichgewicht der Kräfte. Nicht Linearität, sondern Denken in Kreisläufen ist das Gebot der Stunde. Nicht mehr und nicht weniger. Es gibt viel zu tun.







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