Hamburg war schon immer fortschrittlich in seiner Bildungspolitik. Jetzt geht es noch einen Schritt weiter. Seit diesem Wintersemester steht die Hamburger Universität auch Menschen ohne Abitur offen. Und zwar nicht mehr nur für Fächer, die sich direkt aus einer Berufsausbildung ableiten, sondern generell. Und auch nicht mehr nur für das Sonderstudium “Sozialökonomie“.
Einzige Voraussetzung ist das Bestehen einer Prüfung, die einmal im Jahr stattfindet. Wer einen Fachwirt, z.B. für Marketingkommunikation oder einen Meister gemacht hat, kann sogar ganz “prüfungsfrei” ins Studium seiner Wahl starten. Interessenten bewerben sich damit auf Augenhöhe mit Abiturienten. Die Hamburger Initiative passt zum „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“, den Bund und Länder jüngst beschlossen haben.
Ich finde: Ein wichtiger Schritt hin zu einer flexibleren Arbeitswelt, die jedem überall und zu jeder Zeit Zutritt zur (höheren) Bildung lässt. Denn den standardisierten Karriereweg gibt es längst nicht mehr, sondern nur ganz viele und oft sehr individuelle Argumente für und dagegen dieser oder jenen Schritt zu tun oder nicht. So kann es oft ein großer Vorteil sein, erst einmal berufstätig zu sein, bevor Sie sich für ein Studium entscheiden. Die Persönlichkeit ist im höheren Alter ausgereifter, man kennt sich besser selbst. Auch nicht unwichtig: Wer schon mal einen Job hatte, kann während des Studiums leichter Geld verdienen. Nicht zuletzt entstehen Jobwünsche leider nie auf dem Reißbrett und praktische Übungen in Berufsfindungsseminaren können maximal auf Stärken hindeuten. Doch erst konkrete berufliche Erfahrung lässt Berufs- und Tätigkeitswünsche reifen.
Kann man auch anderswo ohne Abitur studieren? In anderen Bundesländern sind die Zugänge individuell geregelt. Informationen geben die jeweiligen Hochschulen sowie Internetseiten wie Studium Ratgeber und Studieren ohne Abitur - aber Achtung, die Hamburger Neuerung findet sich auf diesen Seiten bisher noch nicht.