Ein neuer Job entsteht… vielleicht ist es Ihrer?

Neulich sprach ich mit einem die Festanstellung suchenden ehemaligen Unternehmer, der sich beklagte, dass zwei Monate nach seinem Coaching bei Herrn X - welcher nach der Work-Life-Planning-Methode von Nelson Bolles vorgegangen war – immer noch kein Job in Sicht war.

Ich erwiderte, dass eine längere Suche bei einer solchen Umorientierung völlig normal sei. Wer sich einen neuen Job durch Gespräche und Recherche erschließt, braucht nun mal Zeit und viel Geduld. Das macht die Methode nicht schlecht, im Gegenteil – das bedeutet aber, dass Jobsuche-Projekte sich über Monate und sogar Jahre hinziehen können. Wer einfach nur einen Job braucht, zum Beispiel weil er schlicht und ergreifend Geld verdienen muss, muss ganz anders vorgehen. Und mitunter größere inhaltliche Kompromisse machen.

Das Erlebnis nehme ich zum Anlass, einmal aus meinem vergriffenen Buch „Bewerben ohne Bewerbung“  zu zitieren und darzustellen, wie Jobs entstehen – und warum es wichtig ist, da zu sein, bevor sie ausgeschrieben sind. Auf diesem Phasen-Denken beruht jede kreative Methode, sich Jobs oder Aufträge zu “angeln”, bevor diese ausgeschrieben sind. Da sein, BEVOR eine Stelle überhaupt angedacht ist. Das genau ist das Prinzip des verdeckten Stellenmarkts.

Der Entstehungsprozess gliedert sich in mehrere Phasen:

Phase 1: Bedarf entsteht

Nur wenige Angestellte werfen von heute auf morgen das Handtuch. Kündigungsfristen halten die Fluktuation im Zaum. In dieser Phase weiß noch niemand im Unternehmen von neuen Jobs, ahnt höchstens die Fachabteilung, dass etwas passieren könnte. Ganz sicher ist die Personalabteilung zu diesem Zeitpunkt noch nicht involviert. 

Für Sie heißt das: In so einer frühen Phase schon da zu sein, kann oft bedeuten, vorsichtiges Interesse zu wecken. „Ja, es könnte sein, dass wir demnächst jemand brauchen. Aber im Moment ist keine Position zu besetzen“ – so oder ähnlich mögen Verantwortliche sich äußern, wenn noch wenig klar und alles möglich ist. Fragen Sie in bestimmten Abständen unaufdringlich nach, bringen Sie sich immer wieder ins Gedächtnis und selbst viel Geduld mit.

Phase 2: Bedarf wird erkannt

Es geht nicht mehr ohne neue Mitarbeiter. Die Pläne zum Umbau sind z.B. ohne einen Angestellten mit Kenntnissen im Bereich Geschäftsprozessmanagement nicht realisierbar. Da der Bedarf in der Regel in einer Fachabteilung entsteht, engagiert diese sich auch dafür, sich die Stelle genehmigen zu lassen. Dafür zuständig sind die nächsthöheren Vorgesetzten. Auch jetzt ist oft noch kein Personaler an Bord. Man beginnt im eigenen Umfeld zu suchen, fragt Mitarbeiter….

Für Sie heißt das: Es kann sein, dass Sie bereits zu Gesprächen eingeladen werden. Nutzen Sie diese zum gegenseitigen Kennenlernen. Oft haben diese (noch) nicht den Charakter eines hochoffiziellen Vorstellungsgesprächs.

Phase 3: Stellenprofil bildet sich aus

Welche Anforderungen muss der neue Mitarbeiter mitbringen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Fachabteilung, wenn klar ist, dass es einen neuen Mitarbeiter geben wird. Anforderungen werden besprochen, meist noch sehr offen. Sehr wahrscheinlich, dass sich in dieser Phase noch viel ändert und die erste Vision vom neuen Mitarbeiter mehrmals überarbeitet wird – nicht selten sogar nach den ersten Gesprächen.

Für Sie heißt das: Gehören Sie zu diesem Zeitpunkt zum Interessentenkreis können Sie das Profil aktiv mitprägen und eigene Vorschläge einbringen. Fragen Sie besser nicht, was man genau erwartet. Gut möglich, dass die Antwort darauf schwerfällt.

Phase 4: Stellenbedarf wird formuliert

Die Anforderungen werden nun an die Personalabteilung weitergegeben oder von einer anderen Stelle  – z.B. Werbeagentur (!) – formuliert. Standardaussagen zum Unternehmen und zu den gewünschten „Soft Skills“ kommen hinzu.

Für Sie heißt das: Wenn Sie da sind, bevor die Anzeige geschaltet wird, können Sie die Schaltung überflüssig machen (wer gibt schon gern Geld aus, wenn es nicht nötig ist?)

Phase 5: Betriebsrat etc. genehmigten Stelle

Dass die Chefs „ja“ gesagt haben, heißt noch nicht, dass die offiziellen Wege nunmehr beendet sind. So muss auch der Betriebsrat zustimmen, wenn es um die Schaffung neuer Jobs geht. In der Regel wird dieser nicht intervenieren – es sei denn das Unternehmen hat einen Abbau hinter sich und es gibt genügend interne Mitarbeiter, die in neue Positionen versetzt werden sollen.

Für Sie bedeutet das: Wiegen Sie sich nicht zu früh in Sicherheit. Verlassen Sie sich nicht auf eine „versprochene“ Stelle.

Warum Sie spätestens in Phase 3 da sein sollten

Es liegt auf der Hand: Je früher Sie als potentieller Mitarbeiter sichtbar sind, desto besser stehen die Jobchancen für Sie. Wenn Sie einige Gespräche geführt und zum „Vertrauten“ geworden sind, haben es andere Kandidaten schwer gegen Sie. Allerdings bedeutet das für Sie viel Arbeit, gute Nerven und erfordert Selbstbewusstsein. Einmalige Anrufe bei einem Unternehmen nutzen nichts, Sie müssen dauerhaft Präsenz zeigen, ohne aufdringlich zu sein.

Mir sind mehrere Fälle bekannt, wo Bewerber vier bis sechs Mal zu Gesprächen – teilweise mit unterschiedlichen Personen und über einen Zeitraum von mehreren Monaten, sogar über einem Jahr – eingeladen worden sind, bevor ein Arbeitsvertrag auf den Tisch kam. Das schaffen Sie mit der inneren Einstellung: „Es wäre schön und mir wichtig, wenn es klappt. Ich konzentriere mich aber nicht nur auf diese Chance, sondern suche weiter nach attraktiven Jobs.“

Womit Sie in Phase 3 punkten können…

Das lesen Sie meine Facebooks-Fan diese Woche, denn Fangeschenk am Mittwoch ist das Kapitel „Angebotsstrategie“ aus meinem vergriffenen Buch „Bewerben ohne Bewerbung“, kurz BOB.


6 Kommentare zu “Ein neuer Job entsteht… vielleicht ist es Ihrer?

  1. “Wenn Sie da sind, bevor die Anzeige geschaltet sind…”.

    Ja genau! Darum geht es bei der Jobsuche nach einer Stelle im verdeckten Arbeitsmarkt.

    In Phase 2 am richtigen Ort zu sein, oder besser bereits dort gewesen zu sein, darum geht es u.a. in Life/Work Planning. Das ist wesentlich mehr als das bekannte “systematische Kaffeetrinken” oder das landläufige Netzwerken.

    L/WP ist ein sehr systematischer Weg der Selbstanalyse gepaart mit gezielten Gesprächsstrategien. Im L/WP-Kurs wird das regelrecht trainiert. Aber: Danach den richtigen Job zu finden, dauert in der Tat bisweilen länger.

    Ohne L/WP oder andere Strategien dauert es bei manchen das ganze Arbeitsleben ;-)

    Übrigens: Erwähnte ich vielleicht beiläufig, dass man den L/WP-Kurs bei der LVQ sogar über den Bildungsgutschein machen kann?
    Siehe http://ow.ly/5JggU

  2. Wenn wir schon bei den “Updates” sind: Richard Bolles bringt im August eine komplett überarbeitete Auflage von “What color is your Parachute?” raus und widmet da Social Media et al. einen großes Anteil und es gibt vom der Ev Erwachsenenbildung in Schwelm als Träger “Update” LWP Kurse u.a. in Essen im September über Bildungsprämie:-) die LWPler u.a. in der Frage bei der professionellen Netzwerktechnik unterstützen…..

  3. Dies mal keine Kritik gegen den Beitrag, sondern einfach eine Frage: Wann haben die hier Schreibenden zuletzt einen Angestelltenjob in einen Unternehmen gesucht oder über einen Arbeitsvertrag entschieden?

  4. Hallo Herr Zorem, letzte Woche habe ich den Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin angepasst und die Stundenzahl aufgestockt. Das ist aber sicher nicht, was Sie wissen wollen? Was aber wirklich interessant ist: Sie hat sich den Job bei mir auf dem verdeckten Stellenmarkt erarbeitet und einfach selbst geschaffen. Gruß, SH

  5. Zum Glück soll sich auch Herr Münchhausen an seinen eigenen Haaren mitsamt seinem Pferd aus dem Sumpf gezogen haben ;)

    Auf jeden Fall gute Tipps, die für einen Bruchteil der Jobsuchenden sicherlich gut funktioneren werden, solange diese nicht von der breiten Masse praktisch umgesetzt werden.

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