Ein Abschluss in einem angesagten Fach mit Top-Noten, Spitzenenglisch plus Teamfähigkeit und die Karrierewelt steht Ihnen offen? Ein Mythos, wie folgendes Beispiel zeigt.
„Ach ich weiß auch nicht, was ich machen soll“, klagt Frau Ludwig. Ihre Stimme schnarrt tonlos. „Vielleicht will ich die Gelegenheit nutzen, um den MBA an der Columbia University zu machen. Oder ich steige doch wieder direkt ein, irgendwo.“ Die junge Frau vor mir bringe ich nicht mit einem MBA in den Staaten zusammen. Und sie passt auch nicht zu ihrem Berufsprofil, das auf meinem Schreibtisch liegt. Nach einem BA-Studium war Frau Ludwig fünf Jahre für ihren Arbeitgeber in China, Indien und den USA aktiv. Dann hatte sie Pech: Eine Umstrukturierung riss sie mit und spülte sie ins Outplacement. Jetzt sitzt die großgewachsene Blondine mit hängenden Schultern ratlos vor mir und stellt fest: „Ich weiß, ich müsste mal dringend in Columbia anrufen. Das wollte ich schon letzte Woche tun.“
Guter Vorsatz? Natürlich sollte Frau Ludwig dringend in Columbia anrufen.
Doch dazu ist sie gar nicht in der Lage. Energie- und orientierungslos treibt sie schon seit Wochen dahin. Und so geht es weiter: Immer wieder besprechen wir ganz konkrete Schritte. Dessen ungeachtet tritt sie beharrlich auf der Stelle. Wenn sie die letzten Jahre so gelebt hätte, wäre sie auf ihren Reisen aus schierer Trägheit unterwegs verloren gegangen. Ich stelle mir vor, wie sie in New York erwartet wird, aber einfach irgendwo in Heathrow sitzen geblieben ist. Traurig und kraftlos wie ihr vergessener Koffer, der endlos in der Gepäckausgabe des Terminals kreist. Nein, sie muss noch vor wenigen Wochen ganz anders gelebt haben.
Die Zeit davor hatte sie immer etwas, was ihr heute fehlt: Klare Vorgaben.
Dafür tauge ich als Berater nicht. Ich kann ihr nicht drohen, sie durchs Examen fallen zu lassen. Und auch der Hinweis auf die Geschäftsleitung entfällt. Nein, jetzt kommt es auf Frau Ludwig selbst an, auf ihre eigene Entschlusskraft. Und die liegt ohne Druck von außen nahe null. Unfähig, sich selbst Ziele zu setzen, torkelt Frau Ludwig schließlich mehr in den nächsten Job, als dass sie ihn sucht. Das sind schlechte Vorzeichen für die weitere Karriere.
„Herr Dr. Karriere, viele ambitionierte junge Leute würden gerne später mal Vorstand eines Unternehmens werden. Wie haben Sie das geschafft?
Was würden Sie aufstrebenden Nachwuchsleuten empfehlen?“ Dr. Karriere streicht sich das tadellos rasierte Kinn, zupft die Krawatte zurecht und sagt: „Fleiß ist wichtig, gute Noten und ein klares Ziel“. Darauf lehnt er sich in die weiche Lederpolsterung seines Chefsessels und wartet entspannt auf die nächste Frage. „Herr Dr. Karriere, was ist, wenn das Ziel unterwegs verloren geht, wie bei Frau Ludwig?“ „Entschuldigen Sie, wer ist Frau Ludwig?“ „Eine der vielen jungen Führungskräfte, die auf der Strecke bleiben. Wie funktionieren Karrieren in der Zukunft?“ Dr. Karriere: „???“
Okay, er wird antworten. Bestimmt wird er schöne Worte antworten; er findet immer schöne Worte. Aber was kann er sagen? Der passende Spruch dazu: „Prognosen sind heikel, besonders wenn sie sich auf die Zukunft beziehen“. Frau Ludwig arbeitete brav ab, was ihr die Karriere-Docs empfohlen haben. Doch sie scheiterte. Was aber hilft, wenn es die gängigen Empfehlungen nicht sind? Wie lauten die Erfolgsregeln für die Zukunft?
Die alten Rezepte, nach denen Dr. Karriere sein gelungenes Karrieresüppchen kochen konnte, taugen nicht für die Zukunft.
Ein Grund wohnt in der Natur des Menschen. Frau Ludwig hat ihn vor Augen geführt. Die langjährige Forderung der Unternehmen nach Bestnoten, Spitzenenglisch und maximaler Wendigkeit hat Frau Ludwig bestens erfüllt. Aber es fehlte ihr an Entschlusskraft. Diese braucht es einerseits, um die eigene Karriere voran zu treiben. Andererseits ist sie in Führungsjobs gefragt. Auch die Unternehmen sehen klar, dass sich mit einem Mitarbeiterensemble aus Vorgabe-Empfängern im Wettbewerb nicht punkten lässt.
Woher, so frage ich mich, sollen die jungen Menschen mit den Turbo-Lebensläufen ihre Originalität nehmen?
Schließlich haben sie ihr bisheriges Leben auf Zeugnisnoten, auf Teamfähigkeit und Sprachfertigkeit ausgerichtet. Charakterbildung? Dafür war keine Zeit. Denn wer zu sich kommen will, der muss mitunter auch mal durchhängen. Er muss sich dann aus eigener Kraft wieder aufrichten. Es ist unverzichtbar, Irrwege gegangen zu sein. Und zurückgefunden zu haben. Auch gelegentliches Anecken gehört zu einer selbstbewussten Persönlichkeit.
Das eben ist die Quadratur des Kreises. Eine gut geölte Arbeitsmaschine (Fachwissen, Sprachkenntnis und Sich-einfügen-können) und die Persönlichkeit mit Charakter (Entschlusskraft, persönliche Stärke, Ecken und Kanten) passen schlecht in ein und denselben Menschen. Will ich das eine erreichen, muss ich streberhaft lernen. Will ich das andere sein, sind abhängen, anecken und hinterfragen nötig. Die eigenständige Persönlichkeit braucht Irrwege und Trödelphasen.
Wenn Sie die Wahl haben, Ihrem Gefühl, Ihrer Abenteuerlust und Neugier zu folgen: Bedenken Sie die Konsequenzen. Aber beachten Sie: Äußere Vorgaben erfüllen, aber die Persönlichkeit vernachlässigen, ist eine schlechte Wahl! Prägen Sie lieber Ihren Charakter und verletzen Sie dafür einmal eine alte Karriereregel.
Doch nun wird´s ernst. Wie fit sind Sie? Kennen Sie die Gesetze der alten Karriere-Docs? Und wenn Sie noch mehr wissen wollen: Wie engagiert sind Sie überhaupt beruflich im Vergleich zu anderen? Streben Sie eher in Richtung einer konventionellen Karriere oder einer alternativen Variante? Vielleicht sind Sie auch ein Typ für die Selbständigkeit? Diese Fragen beantworte ich Ihnen, wenn Sie meinen Karrieretest ausfüllen. Sie können ihn hier herunterladen. Ihre persönliche Antwort erhalten Sie im November, wenn alle Bögen vorliegen. Viel Spaß beim Ausfüllen!
P.S. Zeitaufwand circa 15 Minuten, verlosen von Büchergutschein / Büchern unter den Teilnehmern. Beraterkollegen können später den Test mit Auswertungsverfahren erhalten. Das Angebot gilt nur bei Rücksendung bis 15.10.2011 an cb@christophburger.de. Auswertung erfolgt anonym, die Rückmeldung ist nur bei Angabe einer Email-Adresse auf dem Bogen möglich).
Seien Sie gespannt auf das Buch von Karriereexperte Christoph Burger, das im Frühjahr 2012 erscheint.
Welches Geschäftsmodell verfolgen Berater, die ihre Klienten in die Selbständigkeit beraten? Karriere ab 40 Jahren gemacht. Bis dahin kann Frau und Mann Familie gründen, Haus bauen, Kontakte machen und die richtige Postion suchen.