Hunde sind wie Kinder – vor allem, wenn man der Karriere wegen auf eigene Kids verzichtet hat, was bei Frauen häufiger vorkommt als bei Männern. Vor allem auch bei Akademikerinnen meiner Generation. Eine vielbeschäftigte und vielreisende Managerin hatte für ihren Hund einen eigenen Babysitter engagiert, der 2000 EUR im Monat verdiente, bei freier Kost und Logis. Das ist etwa der Preis für ein im Hause lebendes Kindermädchen. Auch Sabine Sinzig arbeitet nicht für die Katz, sondern für den Hund: Ein Grund, sich selbstständig zu machen, war ihre Hündin Nyla. Jetzt organisiert sie via Internet Ferien mit dem Hund – und seit neuestem auch Jobs mit Hund. Die Firma SABRO inseriert aktuell für einen Buchhalter-Job. Ich sprach mit Sabine über Arbeitgeber, Hunde und ihr Projekt.
Derzeit sucht bei Ihnen eine Firma, die „im Reiterparadies Lüneburger Heide“ angesiedelt ist – und damit nicht gerade Anzugspunkt für Städter. Ist das ein Schlüssel für die Firmen: Vor allem für jene interessant, die nicht mit einem tollen Namen und Großstadtluft punkten können?
Sinzig: Auf jeden Fall. In Zeiten des demografischen Wandels müssen sich vor allem jene Unternehmen etwas einfallen lassen, die nicht mit großen Namen und super Sozialleistungen punkten können, also kleine und mittelständische – oder auch Firmen jenseits der Städte. Ich bin überzeugt, dass Hundefreundlichkeit für Arbeitgeber im Wettbewerb um Fachkräfte ein entscheidender Vorteil sein wird. Immer mehr Menschen sagen „nicht ohne meinen Hund“. Sie entscheiden sich für oder gegen einen Arbeitsplatz aufgrund dieser Frage.
Das kann ich bestätigen. Ich hatte in den letzten Jahren einige Hundebesitzer, die erstaunlich unkompliziert bei der beruflichen Neuorientierung waren. Es gab nämlich eigentlich nur einen relevanten Punkt: der Hund muss mit.
Sinzig: Der eigene Hund ist seinem Herrchen und Frauchen einfach extrem wichtig, ich merke das an den Reaktionen und dem enormen Zuspruch, den ich von Hundehaltern und somit potentiellen Mitarbeitern bekomme.
Manche meiner Kunden kamen sogar mit ihrem Hund zur Beratung – das waren mehr als die, die Kinder mitbrachten. Und während ein Dreijähriger zwei Apfelsaftgläser vom Tisch putzte, waren die Hunde ganz brav. Gleich ob Mops oder Mischling.
Sinzig: Wenn Hunde ausgelastet und gut erzogen sind, verhalten sie sich in der Regel während der Arbeit ruhig. Für die meisten Hundebesitzer ist es wichtig, ihren Hund an ihrer Seite zu wissen. Oft genügt schon ein Blickkontakt oder ein kurzes Streicheln. Es ist bewiesen, dass ein Hund positive Auswirkungen auf die Gesundheit und auch auf die Arbeitsmotivation hat.
Doch so leicht ist das oft nicht, viele Arbeitgeber akzeptieren keine Hunde.
Sinzig: Viele trauen sich auch erst gar nicht zu fragen, ob sie den Hund mitbringen dürfen. Somit landen leider viele Tiere aufgrund von Zeitmangel im Tierheim. In vielen Unternehmen und Büros ist die Mitnahme eines Hundes oft viel unkomplizierter als man denkt, von daher sollten meines Erachtens die Firmen es zumindest auf einen Versuch ankommen lassen.
Würden Sie denn Hunde in der schriftlichen Bewerbung nennen? So wie es manche bei den Kindern machen – so etwa „Hunde: 1 Rüde (5 Jahre)“.
Sinzig: Nein, das ist so wie mit den Kindern. Besser nicht erwähnen. In einer schriftlichen Bewerbung sollte es erst mal um fachliche Eignung gehen. Der Hund ist Thema für die Vertragsverhandlungen.
Das sehe ich auch so. Selbst wenn bei Kununu.com steht „Hunde erlaubt“ würde ich das Thema erst erst in der 2. Runde des Vorstellungsgesprächs anbringen. Wie ist es denn mit Jobs, in denen es auf Sauberkeit ankommt.
Sinzig: In Laboren etwa können Sie nicht so einfach einen Hund mitbringen, und natürlich ist er auch in einer Küche nicht erlaubt – schon aus Hygienegründen. Es gibt aber trotzdem Lösungen. Mir ist eine Medizintechnikfirma bekannt, die auf ihrem Gelände eine sehr große Hütte für die Hunde gebaut hat und das Gründstück eingezäunt ist. Da sind die Tiere wenigstens in der Nähe. Und mittags können Herrchen und Frauchen mit ihrem Hund oder auch in der Gruppe eine Runde drehen. Eine gemeinsame Gassirunde fördert darüber hinaus auch den Zusammenhalt unter den Kollegen.
Was mache ich eigentlich, wenn ein Mitarbeiter ein kleines Hündchen hat, sagen wir einen Malteser, und der andere eine Bulldogge?
Sinzig: Natürlich müssen die Tiere harmonieren. Wenn das nicht passt, müssen Arbeitgeber und Mitarbeiter eine gemeinsame Lösung finden. Zur Not kommen die Hunde im Wechsel mit ins Büro – und parken ihn in der restlichen Zeit bei Familie oder Bekannten oder nutzen unseren neu integrierten Bereich der Hundebetreuung.
Ich habe eine Hundehaarallergie, nicht sehr stark, aber bei zu viel Hund tränen die Augen. Was tun, wenn ich in meiner Firma so jemanden habe wie mich und meinen Hund mitbringen möchte?
Sinzig: Dann hilft alles nichts: Dann muss der Hund zu Hause bleiben. Bevor er deshalb aber im Tierheim landet oder einsam die Türen zerkratzt, empfehle ich einen Dogsitter. Davon gibt es immer mehr. Einige gehen mit den Tieren aus, andere kommen nach Hause.