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Ich mag Regen, wenn es nach Herbst riecht, es früh dunkel wird und die Printen wieder schmecken.Interview mit Miriam Rademacher, geführt von Alisha Bionda am 29. Jul. 2014.Dieses Interview ist Teil der Kolumne:
A.B.: Liebe Miriam, zuerst einige persönliche Fragen, damit Dich die Leser besser kennen lernen: Was gibt es über Dich als Mensch zu sagen? M.R: Hmm..weiblich, vierzig, verheiratet, zwei Kinder, zwei Hamster und nett. Ja, ich weiß was diesem Wort so alles anhaftet, aber es stimmt eben. Ich bin nett. A.B.: Was zeichnet Dich in Deinen Augen aus? M.R.: Ich nehme mich selbst nicht so ernst, glaube an das Glück und Zufälle und bin bereit mich auch mal neu zu erfinden. Andererseits kenne ich auch meine Grenzen und würde kein Mathematikstudium beginnen oder von einer Karriere als Basketballerin träumen. A.B.: Was magst Du, und was eher nicht? M.R.: Ich mag Regen, wenn es nach Herbst riecht, es früh dunkel wird und die Printen wieder schmecken. Ich hasse kaltes Wasser, Medikamente aller Art und viele Termine am gleichen Tag. A.B.: Welche Hobbiys hast Du? M.R.: Ich puzzle, was wohl das schwachsinnigste Hobby der Welt ist. Da sitze ich stundenlang an einem Punkt und setze ein Bild zusammen, um es anschließend wieder in seine Einzelteile zu zerlegen. Sehr sinnfrei, aber es entspannt großartig. A.B.: Wolltest Du immer schon Schriftstellerin werden? Oder gab es da eine Initialzündung oder war es eher eine Folge Deiner persönlichen Entwicklung? M.R.: Mit elf eröffnete ich meinen Eltern, ich würde Schriftstellerin werden. Die hielten die Idee für nicht so toll und meinten, davon könne man nicht leben. Da wurde ich Tanzlehrerin. Das war in ihren Augen zunächst zwar keine Verbesserung, aber dieses Mal war ich nicht aufzuhalten. Jahrzehnte später, als ich nachts, nach einem langen Unterrichtsabend nicht schlafen konnte, nahm ich einfach einen Stift und fing wieder an zu schreiben. Den ersten Krimi habe ich komplett mit der Hand geschrieben. A.B.: Wann hast Du zu schreiben begonnen? Und womit? M.R.: Mit sechs wandelte ich auf den Spuren von Enyd Blyton, mit vierzehn wollte ich unbedingt der neue Stephen King sein. Es folgte eine lange Schaffenspause und fast zwanzig Jahre später schrieb ich meinen ersten Krimi. A.B.: Hast Du eine fest strukturierte Methode, wie Du ein Projekt umsetzt? M.R.: Ja, ich habe einen imaginären Zaun, den ich bauen muss. Zuerst schlage ich die Pfosten ein, die wichtigsten Etappen der Geschichte. Sie stehen schon, wenn ich mit dem Schreiben beginne. Es sind Fixpunkte der Geschichte, die ich erreichen muss. Nach und nach nagele ich dann die Latten, andere Gedanken, dazwischen, das passiert aber erst beim Schreiben, und manchmal verändert eine Latte den Verlauf des Zaunes, aber der letzte Pfosten, der steht parat und wartet auf mich. A.B.: Schreibst Du gerne zu einer bestimmten Zeit? Lieber tagsüber, lieber abends/nachts? Wie sieht Dein Tagesablauf aus? M.R.: Bei mir ist kein Tag gleich. Ich arbeite mal vormittags, mal abends, mal nachts. Das gilt für alle meine Jobs. Bin ich abends im Tanzsaal, schreibe ich eben am Nachmittag oder am nächsten Morgen. Ganz wie es kommt. A.B.: Bevorzugst Du eine bestimmte Atmosphäre oder benötigst Du besondere Ruhe wenn Du schreibst? M.R.: Würde ich auf eine besondere Atmosphäre warten, brächte ich keine Zeile zu Papier. Meine Familie tobt um mich herum, verschwindet, taucht wieder auf die Atmosphäre ändert sich hier ständig und ich und meine Geschichte sind die Konstante. A.B.: Schreibst Du an mehreren Projekten gleichzeitig oder trennst Du das strikt? M.R.: Ich habe immer ein Hauptprojekt, das ich manchmal für ein anderes ruhen lasse, aber dann kehre ich schnell zurück. Es ist zeitaufwendig, in ein Projekt gedanklich zurückzukehren, wenn ich es für länger verlassen habe, also bleibe ich lieber am Ball. Nur, wenn eine Stelle wirklich schwierig ist und ich kein gutes Gefühl habe, dann lege ich etwas auch mal für länger weg, warte auf den richtigen Gedanken und schreibe derweil was anderes. A.B.: Welchen Genres ordnest Du Dich zu? Und welches reizt Dich am meisten? M.R.: Ich will mich nicht zuordnen, das schließt zu viele Möglichkeiten aus. Ich schreibe Kinderbücher, Krimis, Fantasy, sogar Historienromane. Ich schreibe, worauf ich Lust habe und wofür es Leser gibt. Würde ich mir eine Schublade aussuchen, wäre das nur ein Ansporn aus selbiger ganz schnell wieder rauszukrabbeln. A.B.: Jüngst ist Deine Novelle EBBA UNTER DEN BÄUMEN im TextLustVerlag erschienen. Schilder uns doch bitte kurz, was den Leser darin erwartet. M.R.: Zu Beginn der Kriegsjahre war Ebba ein junges ichbezogenes Mädchen, deren eine böse Tat sie für ihr ganzes Leben brandmarkte. In unserer Zeit wird sie, verbittert und einsam, auf eine unheimliche Weise noch einmal mit ihrem damaligen Handeln konfrontiert. Verbirgt sich darin die Chance, alles wieder in Ordnung zu bringen? Kann sie sogar etwas ungeschehen machen und eine bessere Wahl treffen? Oder erwartet sie nach all der Zeit nur Bestrafung und wie hoch wird sie ausfallen? A.B.: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem TextLustVerlag? M.R.: Ich habe die Ausschreibung zu Gaias Schatten im Internet entdeckt, bin dann eine Weile gedanklich darum herum geschlichen und dann war sie da: Ebba. In meinem Kopf. Und um sie loszuwerden, musste ich sie aufschreiben und abschicken. Und ich hatte Glück. Ebba war eine der Geschichten, die ins Konzept passte. A.B.: Das Atelier Bonzai hat das Layout der Reihe Gaias Schatten entworfen und fertigt auch die Buchumschläge, wie gefällt Dir die Optik der Bände? M.R.: Sehr gut. Eine qualitativ hochwertige Arbeit mit einem sicheren Stil, der alle Bände eint. A.B.: Das Covermotiv stammt von Crossvalley Smith. Hat es Deinen Nerv für die Novelle getroffen? M.R.: Ja. Dass sich das Motiv der Bäume im Bild wiederfindet, finde ich sehr gut, ich hätte auch den Fokus darauf gelegt. A.B.: Gibt es einen Autor, dessen Kurzgeschichten Du besonders magst? M.R.: Ich mag die Kurzgeschichten von Martin Suter, Ephraim Kishon und Maeve Binchy. Raffinesse, Humor und Gefühl, was will man mehr? Okay, alles in einer Geschichte wäre nett, aber niemand ist perfekt. A.B.: Hast Du eine Kurzgeschichte, die Du selbst als Deine beste bezeichnen würdest? M.R.: Ich mag Sprachfindungsschwierigkeiten, erschienen in der Sammlung Autorenträume im Fuchs Verlag, weil ich beim Lesen immer noch schmunzeln muss und mich von mir selbst ertappt fühle. A.B.: Hast Du ein Vorbild literarisch und/oder allgemein? M.R.: Literarisch und allgemein besäße ich gern die Weisheit eines Tiziano Terzani und dazu die Leichtigkeit einer Nancy Atherton. Ich arbeite daran A.B.: Schreibst Du lieber alleine oder würdest Du auch mit einem Co-Autor arbeiten? Wenn ja, wer würde Dich da reizen? M.R.: Einen Co- Autoren fände ich schon spannend, aber er müsste fleißig sein, ich würde mich nicht von ihm gebremst fühlen wollen. Und er dürfte alles nicht so verbissen sehen, Humor bei der Arbeit ist wichtig. Ist Kerstin Gier zu haben? Da gäbs was zu lachen. A.B.: Liest Du regelmässig? Wenn ja, was bevorzugt? M.R.: Ich lese viel, was, das hängt von meiner Stimmung ab. Ich lese Krimi, Romantik, Fantasy, ganz nach Bauchgefühl, auch gerne mal ein Kinder- oder Jugendbuch und manchmal auch einfach einen Donald Duck. Ich habe eine Schwäche für Weihnachtsgeschichten und wenn mir danach ist, dann lese ich die auch im Hochsommer. A.B.: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu Deinen Lesern? M.R.: Feedback interessiert mich total. Wie hat jemand anders die Geschichte empfunden oder verstanden? Werden Dinge hineininterpretiert, an die ich nie gedacht habe? Ist der Leser tiefsinniger als der Schreiber? Der Betrachter inspirierter als der Künstler? Ich vermute, das ist häufig so. A.B.: Wie gestaltet sich dieser? M.R.: Zufällig, rein zufällig. Durch meine vielen Jahre als Tanzlehrerin kenne ich sehr viele Menschen. Manchmal treffe ich Leute einfach auf der Straße oder sie finden mich auf Facebook wieder. Dann heißt es: Hey, du schreibst jetzt, ich habe was von dir gelesen! Das ist schon toll. Einmal hat sich bei mir jemand im Wartesaal eines Arztes für mein schönes Kinderbuch bedankt, die Dame kannte ich gar nicht. A.B.: Hältst Du auch Lesungen ab? Oder kann man Dich auf Cons antreffen? Wenn ja, auf welchen? M.R.: Ich bin für alles offen, aber noch sehr unerfahren. Eine Lesung ist geplant, steht aber gerade wegen anderer Termine ein bisschen hinten an. A.B.: Gibt es Menschen, die Dich bei Deinem schriftstellerischen Werdegang unterstützt haben? Freunde, Familie, Kollegen? In Deinen Anfängen und jetzt? M.R.: Na, allen vorweg mein Mann und meine Kinder, die es klaglos ertragen, wenn ich wortlos in die Tastatur hämmere, während gleichzeitig das Mittagessen anbrennt. Dann meine Freundin und Testleserin aus dem Nachbarhaus, die es großartig versteht mich anzufeuern: Schreib endlich weiter! An so einer Stelle kannst du doch nicht einfach aufhören! Doch das kann ich. A.B.: Welchen Rat würdest Du Newcomer-Autoren für die Verlagssuche geben? M.R.: Nicht ans eigene Bücherregal gehen, die großen Verlage raussuchen und anschreiben, das war nämlich mein erster Versuch. Ich rate dazu, Ausschreibungen im Internet mitzumachen, so ergeben sich manchmal Kontakte. Außerdem finden sich dort auch Listen von kleineren Verlagen, die nicht ein halbes Jahr für eine Absage brauchen und die auch auf Mails reagieren. Und ganz wichtig: Nicht aufgeben und sich nicht entmutigen lassen. Bei der nächsten Geschichte schreibt man vielleicht ganz zufällig genau das, was der Verlag gerade gesucht hat. A.B.: Worin siehst Du die Vor- und Nachteile in der Klein- und Großverlagsszene? M.R.: Die Kleinverlage sind eine echte Chance für Neulinge. Was ich hier alles lernen durfte! Jedes einzelne Lektorat hat mich weitergebracht. Leider ist der Weg in die Buchhandlung hart und steinig, dort finden sich vorwiegend die Random House Ableger. Doch letztendlich gilt für die kleinen Verlage das Gleiche wie für uns Schreiber: Nicht aufgeben und sich nicht entmutigen lassen. Das passt ganz gut zusammen und so ist jedes Projekt für alle Beteiligten eine neue Chance. A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Auf was dürfen sich die Leser künftig freuen? M.R.: Endlich mal wieder ein Krimi. Ein Verlag hat bereits Interesse angemeldet, aber noch ist nichts in trockenen Tüchern. Außerdem feilen der Aeternica Verlag und ich gerade am Cover zu meinem Fantasyroman Zwischen Wänden der demnächst als E-Book erscheinen wird. A.B.: Zum Abschluss noch die Frage: Wirst Du von einer Agentur vertreten? M.R.: Nein. Ich habe auch mal Agenturen kontaktiert, aber an die ranzukommen, ist auch nicht einfacher, als an einen Großverlag. Doch, wer weiß, was noch kommt. Auch für eine Agentur wäre ich offen. A.B.: Vielen Dank für das ausführliche Beantworten meiner Fragen. M.R.: Gerne wieder. Es hat Spaß gemacht. Weitere Interviews mit Miriam Rademacher
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