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Der Weiße Wolf
| DER WEISSE WOLF
Buch / Fantasy
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Gemmells "Drenai-Saga" ist ein stattlicher Zyklus; dieses Buch bietet wohl das neuste Abenteuer aus dieser Welt. Ich selbst kenne kein anderes, doch das störte mich beim Lesen absolut nicht. Hinweise auf frühere Geschehnisse, die für das Verständnis der Figuren und ihres Handelns wichtig sind, gibt der Autor reichlich und dennoch recht unaufdringlich, in Form von Erinnerungen, Nebensätzen, Reflexionen, die sich nahtlos in die aktuelle Handlung einfügen.
Selbige führt die zwei große, bereits legendäre Kämpfer zusammen: Skilgannon, der die Schwerter des Tages und der Nacht führt, und Druss die Legende, den mächtigen Axtkämpfer, dessen Heldenmut die Schlacht von Skeln entschieden hat. Skilgannon, früher General der Hexenkönigin von Naashan (und der Mann, den sie liebt), hat seinen Dienst verlassen, denn die Schuld an dem Massaker von Periapolis verfolgt ihn. Drei Jahre lang versuchte er, als Mönch friedlich zu leben, aber als ein aufgehetzter Mob die Priester seines Klosters töten will, setzt er sich zur Wehr und erkennt, dass er nichts anderes als ein Krieger sein kann. Also macht er sich wieder auf seinen Weg, der zwei Zielen folgt: den Häschern der Hexenkönigin zu entkommen und einen geheimnisvollen Tempel zu finden, dessen Priester vielleicht seine Frau von den Toten zurückbringen können. Dabei begegnet er Druss, der einen verschwundenen Freund sucht. Die beiden versammeln noch weitere Kämpfer um sich: den jungen Rabalyn, die schöne Garianne, die Zwillinge Jared und Nian und den Krieger Diagoras. Alle verfolgen ihre eigenen Absichten, doch zugleich unterstützen sie alle Druss, der mittlerweile weiß, dass der grausame General Shakusan Eisenmaske seinen Freund in eine Werbestie verwandelt und dessen Frau und Tochter mit sich genommen hat; die Frau ging freiwillig, denn sie liebte Eisenmaske, die achtjährige Elanin musste ihrer Mutter und dem brutalen Mann folgen. Also gilt es, zumindest das Mädchen aus der Gewalt ihres Peinigers zu befreien ...
Gemmell schickt seine Helden nicht zur Rettung der Welt aus, die ohnehin von ständigen Kriegen erschüttert wird; er lässt sie weitgehend privaten Motiven folgen: Rettung eines geliebten Menschen, Heilung, Rache, Seelenruhe, Abenteuerlust. Was die Figuren tun, passt zu ihrem Charakter; logische Brüche in der Handlung gibt es nicht, alles fügt sich stimmig aneinander. Natürlich wird viel gekämpft, und auch Magie kommt zum Einsatz, doch der Autor vermittelt oft, dass ein gewaltfreies und produktives Leben der Existenz des Kriegers vorzuziehen ist: Er sei nicht tapfer genug gewesen, ein Bauer zu werden, sagt Druss an einer Stelle. Gemmells Helden haben ihre Schwierigkeiten und Skrupel, ihre Alpträume, Ängste und Sehnsüchte, sie altern, sie stecken Niederlagen ein, sie müssen mit den Schatten ihrer Taten leben, und sie haben keine besondere Freude an dem, was sie tun. Sie tun es, weil sie es gut können und so gut sie können, sind sich jedoch stets der Tatsache bewusst, dass sie auch Gefangene ihres Rufes und ihrer Vergangenheit sind, insofern vom Schicksal getrieben werden, obwohl ein anderes Leben denkbar und auch wünschenswert wäre. Sie bleiben besonnen und nachdenklich; wenn es darauf ankommt, töten sie effizient, aber sie töten nicht gern. Diesem Buch fehlen die "Fanfarenstöße", die Glorie, das "Hohe" der High Fantasy hier wird Arbeit erledigt. Diese Atmosphäre macht es sehr sympathisch. Weil fremde Krieger die Bauern überfallen werden, kann der Krieger nicht Bauer sein; und Schuld gehört notwendig zu diesem Leben, doch gibt es immer die Hoffnung auf einen Neubeginn, selbst wenn man "Skilgannon der Verdammte" genannt und überall gefürchtet wird. Man darf sich nur von seinen Dämonen nicht besiegen lassen auch nicht von denen, die eine Hexe in die eigenen Schwerter gebannt hat.
Ein gutes Buch, wie eigentlich alle Romane vom David Gemmell; es macht Lust auf mehr.
White Wolf, ©? 2003 by David Gemmell, aus dem Englischen übersetzt von Irmhild Seeland 2006, 604 S., _ 8,95, ISBN 3404205340
31. Okt. 2006 - Peter Schünemann
http://www.solar-x.de
Der Rezensent
Peter Schünemann
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Wölfe
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