Who killed Marilyn?
WHO KILLED MARILYN?
(Originaltitel: Poupoupidou)
Koch Media
DVD/Blu-ray - Komödie
Frankreich 2011
FSK: ab 12
Status: erhältlich
2012 jährte sich zum 50sten Mal der Todestag der Jahrhundertikone und bevorzugten Blondine Marilyn Monroe. Gelegenheit, einmal mehr über ihr Leben und ihren noch immer nicht restlos geklärten Tod zu spekulieren, zu reflektieren und einige Liebeserklärungen in Filmform zu verfassen.
Als schöne Ergänzung zum biografischen MY WEEK WITH MARILYN von Simon Curtis kommt aus Frankreich mit WHO KILLED MARILYN? die bittersüße und unmögliche Liebesgeschichte zwischen einem leidlich erfolgreichen Krimiautor und einer toten Provinzschönheit, deren Leben erstaunliche Parallelen zu dem der echten Marilyn Monroe aufweist.
Bereits zu Anfang des Films wird die Dorfschönheit des kleinen Städtchens Mouth - Candice Lecoeur (Sophie Quinton) - tot im Schnee aufgefunden. Die Obduktion ergibt eine Überdosis Schlaftabletten als Todesursache und überhaupt will man den Fall von offizieller Seite schnell zu den Akten legen. Der Krimiautor David Rousseau (Jean-Paul Rouve), der sich schon als nächster James Ellroy sieht, weilt gerade zur Testamentseröffnung seines Onkels in Mouth und wittert hinter dem Todesfall ein Thema für seinen nächsten Krimi. Bei seinen Recherchen über Candice gelangt er immer mehr zu der Überzeugung, es hier nicht mit Selbstmord zu tun zu haben. Mit der inoffiziellen Hilfe eines ambitionierten jungen Polizisten (Guillaume Gouix) verfolgt er den Fall weiter. Parallel lernt Rousseau Candice durch ihre Tagebücher auf sehr intime Weise immer besser kennen.
Dabei weist nicht nur die Karriere von Candice - von ihrer mehr oder weniger zufälligen Entdeckung über das freizügige Geburtstagsständchen für den Präsidenten bis zum angeblichen Selbstmord mit Schlaftabletten – erstaunliche Parallelen zu Marilyn Monroes Leben auf, auch die Männer in ihrem Leben erinnern frappierend an Joe DiMaggio, Arthur Miller und John F. Kennedy. Candice Therapeutin geht sogar so weit, von Reinkarnation zu sprechen.
Insgesamt lässt sich der Streifen nur schwer einem Genre zuordnen. Trotz der durchgehenden vorhandenen Melancholie ist WHO KILLED MARILYN? eine leise Komödie, ein actionloser Krimi, ein mysteriöses Drama und eine wunderbare Liebesgeschichte, obwohl die beiden Hauptpersonen nur eine einzige, unreale Szene gemeinsam haben.
Obwohl in einigen Szenen die Gefahr besteht, ins reine Drama oder in eine Schenkelklopfer-Komödie abzurutschen, gelingt es Regisseur Gérald Hustache-Mathieu bravourös, ein perfektes Gleichgewicht zwischen den teils sehr filigranen Stimmungen zu finden und auch zu halten.
Die lakonische FARGO-Stimmung, die den gesamten Film durchzieht, wird akustisch noch unterstrichen durch einige tolle Indie-Interpretationen von „California Dreaming“, „I put a spell on you“ und eben auch „I wanna be loved by you“.
Auch die Hauptdarsteller Jean-Paul Rouve und Sophie Quinton sind absolute Glücksgriffe, die perfekt harmonieren und in ihren liebenswerten Figuren vollständig aufgehen. Beide sind schon einige Jahre aktiv, aber nie als Hauptdarsteller in Erscheinung getreten. Sophie Quinton war zuletzt in Julie Delpys FAMILIENTREFFEN MIT HINDERNISSEN zu sehen, Jean-Paul Rouve kann auf die international erfolgreichen Produktionen ADELE UND DAS GEHEIMNIS DES PHARAOS, LA VIE EN ROSE und MATHILDE – EINE GROSSE LIEBE zurück blicken.
Auch die Besetzung der Nebenrollen ist sehr gut geglückt. Von der Goth-Rezeptionistin in Rousseaus Hotel (Clara Ponsot), die dem Schriftsteller eindeutige aber ungehörte Avancen macht, über den hilfsbereiten jungen Polizisten (Guillaume Goix) bis hin zu Candice Männern, die den Typen der Monroe-Männer entsprechen.
Für die wahren Marilyn-Fans hat Regisseur Hustache-Mathieu kleine, unerklärte Verweise auf Marilyn Monroes Leben eingebaut. So erinnern beispielsweise die Titelszenen gleich an das letzte Fotoshooting der Monroe mit Bert Stern, das als „The last sitting“ berühmt wurde. Auch die Szene, in denen Candice nackt auf einem Feuerwehrsprungtuch posiert, verweisen auf vergleichbare Fotos der Monroe aus dem Anfang ihrer Karriere.
Der Film ist ab 12 Jahren freigegeben und es ist wohl nur in Frankreich möglich, dass hier mal die Herren komplett blank ziehen, wohingegen Sophie Quinton sich stets an den nötigsten Stellen verdeckt zeigt.
Alles in Allem ist WHO KILLED MARILYN? eine großartige, leise und perfekt ausbalancierte Dramödie, eine Romanze weit jenseits gängiger Hollywood-Schmachtfetzen. Schon alleine, weil es hier kein Pärchen gibt, das sich am Ende kriegen kann.
27. Nov. 2012 - Elmar Huber
Der Rezensent
Elmar Huber

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März 2018: 5 Rezensionen
(* 1972) kann sich noch dunkel an den "phantastischen Film" im Nachtprogramm des ZDFs erinnern, der damals (nicht zuletzt aufgrund des Zeichentrickvorspanns) schon eine gewisse Faszination ausübte.
Literarische Phantastik-Leseversuche folgten mit John Sinclair, Professor Zamorra und Stephen King. Auf der nachfolgenden Suche nach...
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