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Blauer Montag
Auf den ersten Blick weisen die beiden Fälle keinerlei Parallelen auf. Ich bin die Suche aus einer ganz anderen Richtung angegangen: Jedes Jahr verschwinden tausende von Kindern. Ein Großteil sind Teenager, die von zuhause ausreißen. Zieht man dann noch die Kinder ab, die von Familienangehörigen entführt werden oder Unfällen zum Opfer fallen, bleibt am Ende nur eine ganz kleine Zahl übrig. Wie viele Kinder werden bei uns jährlich von einem Fremden getötet? Vier oder fünf? <...> So gesehen ähneln sich diese beiden Vermisstenfälle sehr wohl. STORYVerstört von der Aussage ihres neuen Patienten Alan Dekker, sucht die Psychotherapeutin Dr. Frieda Klein DCI Malcolm Karlsson, den leitenden Ermittler im aktuellen Fall des entführten fünfjährigen Matthew Faraday, auf. Dekker träumt von einem Jungen, der dem entführten Matthew ungewöhnlich ähnlich sieht. Und Dekkers Träume begannen bereits vor der Entführung des Kindes. Karlsson ist skeptisch, doch ein weiterer Aspekt überzeugt ihn, diese Spur weiter zu verfolgen: Bereits 22 Jahre zuvor hatte Dekker ähnliche Träume, damals von einem Mädchen. In genau diesem Zeitraum ist die ebenfalls fünfjährige Joanna Vine unter ähnlichen Umständen auf offener Straße aus der Obhut ihrer Schwester verschwunden und nie wieder aufgetaucht.Alan Dekkers Angst hat damit zu tun, dass er davon träumt, einen Sohn zu haben oder besser gesagt, keinen zu haben. Seine Fantasien manifestieren sich in einem Traum, in dem es offenbar darum geht, ein Kind zu entführen und zwar auf eine Art und Weise, die mich sehr an das Verschwinden dieses Jungen erinnert. Und falls Sie mich jetzt darauf hinweisen wollen, dass der Traum womöglich durch die Medienberichte ausgelöst wurde, kann ich das definitiv verneinen. Seine Träume setzten bereits ein, bevor Matthew Faraday verschwand. MEINUNGDer Prolog, der das Verschwinden von Joanna Vine vorwiegend aus Sicht ihrer Schwester beschreibt, wird mit einem harten Schnitt beendet: Kapitel 1 spielt 22 Jahre später und wechselt zu der Psychotherapeutin Frieda Klein. Der Leser/Hörer wird eingehend Zeuge ihres Alltags und begleitet sie auf ihren einsamen nächtlichen Spaziergängen durch London. Dass die neue Serienheldin des Autorenduos Nicci Gerrard und Sean French, bekannt als Nicci French, vorwiegend durch ihre Handlungen und ihre Beziehungen zu anderen Menschen charakterisiert wird, ist zwar ein probates Mittel, diese Figur zu definieren, doch laufen Nicci & French hier schon Gefahr, ihre Leser/Hörer ob der schieren Ausführlichkeit zu langweilen. Zum einen ist es sicherlich angebracht die Hauptperson einer neuen Krimireihe eingehend vorzustellen insgesamt sieben Romane mit der Psychotherapeutin sind geplant -, doch dadurch dauert es empfindlich lange, bis die deutlich interessantere Thrillerhandlung endlich wieder ins Rollen kommt. Erst nach geraumer Zeit bahnt sich also eine vage Berührung zwischen Frieda Kleins neuem Patienten und dem derzeit medienbeherrschenden Fall Matthew Faraday an, die sich schließlich zur Gewissheit auswächst auch wenn die tatsächlichen Zusammenhänge noch lange Zeit im Dunkeln bleiben.Reduziert auf den reinen Thrillerpart erfindet Blauer Montag das Rad zwar nicht neu, gefällt jedoch in Aufbau und Timing und durch einige gut platzierte Story-Twists. Über das insgesamt eher gemächliche Tempo des Romans könnte man hinwegsehen, erwiese sich die Identifikationsfigur Frieda Klein mit fortschreitendem Geschehen nicht als reichlich überheblich und selbstgerecht. Dies scheint derzeit die vorherrschende Definition einer selbstbewussten und toughen Frau im Krimi zu sein. Nicht nur, dass Frau Klein die Unsitte pflegt, auch außerhalb ihrer Therapiestunde Fragen meist mit Gegenfragen zu beantworten, sie dringt auch mit einer nassforschen Selbstverständlichkeit ist das Leben und die Privatsphäre anderer ein, ohne im Gegenzug viel von sich selbst preiszugeben. Außerdem beschränkt sie sich in ihrer Zusammenarbeit mit DCI Karlsson nicht auf die beratende Funktion, sondern ermittelt selbst über den Kopf der offiziellen Beamten hinweg, die anschließend die Kastanien aus dem Feuer holen dürfen. DAS HÖRBUCHDer Hörverlag bietet das Hörbuch in der vorliegenden ungekürzten (nur zum Download) und einer gekürzten (445 Min.) Download- und CD-Version an. Dabei ist die gekürzte Version nicht einfach zusammengeschnitten sondern wird von Andrea Sazwatzki gelesen, während Susanne Schröder die ungekürzte Version übernommen hat.Susanne Schröder wird hier mit ihrer sympathischen Stimme förmlich zu Dr. Frieda Klein. Der getragene Vortrag lässt die Psychotherapeutin etwas abgehoben und über-den-Dingen-stehend wirken, was sehr gut zu der Figur passt. Durch veränderte Klangfarbe und Sprechweise gelingt es Susanne Schröder außerdem exzellent, auch die anderen Figuren des Romans zum Leben zu erwecken. Im Hinblick auf die vorhandenen handlungsarmen Stellen im Roman könnte sich die gekürzte Hörbuchversion als die kurzweiligere Wahl erweisen. FAZITGemächlich entwickelter wendungsreicher Brit-Krimi, der empfindlich viel Zeit auf die Charakterisierung der unangenehm selbstgefälligen Hauptfigur verwendet. 01. Jan. 2014 - Elmar HuberDer RezensentElmar Huber![]() Total: 674 Rezensionen (* 1972) kann sich noch dunkel an den "phantastischen Film" im Nachtprogramm des ZDFs erinnern, der damals (nicht zuletzt aufgrund des Zeichentrickvorspanns) schon eine gewisse Faszination ausübte. [Zurück zur Übersicht] |
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