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Und Nachts der Werwolf
Horrorgeschichten herausgegeben von Frank FestaIch war ein Werwolf geworden. Das galt auch für meine Gefährten und natürlich auch für den Meister. Wir aßen Menschenfleisch, tranken Blut und zerbissen Knochen, um daraus das letzte Quäntchen Nahrung herauszuquetschen, um unseren heftigen Hunger zu stillen. Wir aßen auch in menschlicher Gestalt tüchtig, stellten aber immer wieder fest, dass die alltägliche Nahrung den Appetit nicht so befriedigte, wie es rohes Fleisch und Blut vermochten.Seit Menschengedenken gibt es sie die Geschichten über Werwölfe und Tiermenschen, über Männer und Frauen, die sich in wilde Kreaturen verwandeln. Dennoch hat der Werwolf (altdeutsch: Mann-Wolf) in der Mythenwelt der Menschen, im Gegensatz zum Vampir, immer ein Schattendasein gefristet. Bisweilen wurde er sogar mit den untoten Blutsaugern gleichgesetzt und auf dem Balkan kursierte gar der Aberglaube, dass ein Mensch, der Zeit seines Lebens ein Werwolf war, nach seinem Tod als Vampir wiederkehrte. Der Werwolf steht in Literatur, Kunst und Film für das Triebhafte, Animalische und Urwüchsige im Menschen und genau diese Aspekte faszinieren auch mich an dieser Gruselgestalt. Anders als der Vampir sind die wirklich guten Filme und Bücher über Werwölfe rar gesät. Diesen Monat startet endlich wieder ein ernsthafter Werwolffilm in den Kinos: Wolf-Man, der nicht nur großartige Effekte verspricht, sondern hoffentlich auch eine angemessene Atmosphäre vorzuweisen hat. Auch in Kurzgeschichten findet man immer wieder Werwölfe, doch die richtigen Anthologien, die sich mit diesem Phänomen auseinandersetzen, kann man an einer Hand abzählen. Im Weltbild-Verlag ist vor kurzem eine solche Anthologie unter der Herausgabe von Frank Festa erschienen. Hier begegnet dem Leser der Werwolf in all seinen Facetten. Insgesamt 15 Erzählungen hat Frank Festa, Inhaber des Fest-Verlags, zusammengetragen, teilweise in deutscher Erstübersetzung. Der graue Wolf George McDonald Ein junger englischer Student macht auf einer Reise die Bekanntschaft eines hübschen Mädchens, das ein dunkles Geheimnis hütet. Der Mr. Hyde-Effekt Steve Vance Bei einer Pressekonferenz entpuppt sich ein Serienmörder als dämonische Kreatur von ungeahnter Kraft und Wildheit. Die Story ist ein Auszug aus dem gleichnamigen, temporeichen Werwolfthriller, der 2002 im Fest-Verlag erschienen ist. Das Zeichen des Tieres Rudyard Kipling In Afrika werden ein junger Mann und seine Gefährten mit einem Fluch konfrontiert, der einen aus ihrer Mitte zu einer mordenden Raubkatze macht. Auch der renommierte Dschungelbuch-Autor war vom Werwolf-Mythos fasziniert. Die andere Seite (Eine bretonische Legende) Eric Count Stenbock Die Sage erzählt von einer blauen Blume, die der Hexe Lilith geweiht ist, und Menschen in Wölfe zu wandeln vermag. Der Werwolf von Ponkert H. Warner Munn Wadislaw Brenryk ist ein einsamer Mann, der in die Fänge eines geheimnisvollen Meisters gerät, der ihn zum Werwolf macht. Gemeinsam mit einer Meute blutgieriger Bestien findet er Geschmack am Morden. Doch dann meldet sich das Gewissen des Mannes und er tritt an zum letzten Kampf. Pia! John Donaldson Eine Party wird zum tödlichen Duell zwischen Mensch und Bestie. Wolfsgesicht Robert E. Howard Ein mutiger Mann ist zu Besuch auf einem Schloss in Afrika, als ein skrupelloser Leoparden-Kult die Festung belagert. Gemeinsam mit seine Kameraden nimmt er den Kampf gegen die Mächte der Finsternis auf. Der Hund H.P. Lovecraft Auf einem alten holländischen Friedhof begegnen Grabräuber einem gewaltigen, monströsen Hund. Eine Gruselgeschichte vom Altmeister des Schreckens persönlich. Die Werwölfin Clemence Houseman Eine schöne Frau entpuppt sich als reißende Bestie und macht aus Brüdern erbitterte Rivalen, die sich bis aufs Blut bekämpfen. Der eine, weil er die Wölfin liebt, der andere, weil er die mörderische Gefahr für sich und seine Familie erkennt. Die Jagdbeute Peter Fleming Auch in dieser Geschichte sorgt ein alter Fluch, für das Treiben eines Werwolfs, der sich hinter der Maske des Biedermanns seinen Opfern nähert. Die Zauberin von Sylaire Clark Ashton Smith Surreale Erzählung zwischen Phantastik und Grusel. Um die Gunst einer Zauberin zu erlangen, muss ein tapferer Recke gegen einen Werwolf antreten. Gabriel-Ernest Saki Klassische Werwolfgeschichte, in der sich ein streunender Junge als grausames Raubtier entpuppt. Eena Manly Banister Der Schriftsteller Joel findet auf einer Wolfsjagd einen Albino-Welpen, den er aufzieht und Eena tauft. Doch unter dem weißen Fell der stolzen Wölfin verbirgt sich ein wunderschönes Mädchen, in das sich Joel unsterblich verliebt. Der Wolfshund Fritz Leiber David Lashley sieht sich von einem mörderischen Wolfshund verfolgt. Traum oder Wirklichkeit? Das Wolfsfell Graham Masterton Der kleine John entdeckt, dass ein Wolfsfell seiner Zieheltern geheimnisvolle, dämonische Kräfte birgt. Viele dieser Geschichten entstammen der legendären Zeitschrift Weird Tales Magazin, in der auch H.P. Lovecraft seine Werke erstmals veröffentlichte. Während die meisten Erzählungen klassischer Natur sind, so beeindruckt Der Mr. Hyde-Effekt von Steve Vance nicht nur durch seine flüssige Sprache und seinen rasanten Stil, sondern auch durch den originellen Plot und die derbe Brutalität. Trotz dem es sich um einen Auszug aus dem 380 Seiten starken Romans handelt, funktioniert der Abschnitt auch als Kurzgeschichte außerordentlich gut, und witzigerweise ist es genau die Passage, die mir aus dem Buch am eindringlichsten im Gedächtnis haften geblieben ist. Das Zeichen des Tieres, vom Dschungelbuchautor Rudyard Kipling konfrontiert den Leser mit einer etwas selteneren Unterart des Werwolfs. Auch diese Geschichte gehört dank der ungewöhnlichen Handlung und des fesselnden Schreibstils zu den Höhepunkten der Anthologie. Ein kleines Meisterwerk bildet Der Werwolf von Ponkert, der nicht nur glänzend geschrieben wurde, sondern auch nicht gerade zimperlich daherkommt. Ebenso verhält es sich mit Pia!, einer Story, die allein durch den ungewohnten Schauplatz etwas Besonderes darstellt. Die Werwölfin und Das Wolfsfell sollen ebenfalls nicht ungenannt bleiben, zeigen sie doch, dass auch die scheinbar angestaubte Thematik des Werwolfs durchaus für abwechslungsreiche Erzählungen herhalten kann. Gabriel-Ernest schließlich ist eine Erzählung, die es mit Recht bereits in einige Anthologien (darunter 50 mal Gänsehaut von Jason Dark und Von Werwölfen und Tiermenschen von Klaus Völker) hineingeschafft hat. Und Nachts der Werwolf ist eine wunderschön gestaltete und sorgfältig ausgewählte Kurzgeschichtensammlung mit 15 lesenswerten Werwolf-Storys, die sich kein Horror-Fan entgehen lassen sollte. Viel Lesefutter für wenig Geld. Die optimale Bettlektüre für schlaflose Seelen, wenn der Mond fahl und rund am Himmel steht. ![]() LITERRA EMPFIEHLT
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