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Die Verlorenen
Ray war gestört, ob er nun log oder nicht. Aber sie war genauso gestört und würde es gleich wieder unter Beweis stellen. Das war ihr allerdings nicht neu. Sie wusste es schon lange. Sie war die Tochter ihrer Mutter. Sie wusste es, seit sie ein kleines Kind war, und hatte sich darin bequem eingerichtet. Es war ein vertrautes Gefühl, und es war unausweichlich. ![]() Inhalt: Juni 1965. Aus einer puren Laune heraus tötet der jähzornige Teenager Ray an einem lauen Sommerabend zwei junge Frauen auf brutale Art und Weise. Seine beiden Freunde Jennifer und Tim sehen tatenlos zu. Vier Jahre später. August 1969. Es ist der Summer of Love. Amerika führt einen unerbittlichen Krieg gegen Vietnam. In Woodstock findet das größte Musik-Festival der Geschichte statt und Charles Manson schlachtet mit Gleichgesinnten die hochschwangere Schauspielerin Sharon Tate und vier ihrer Freunde bestialisch ab. Elise Hanlon, das zweite Opfer von Ray, dem die Taten bisher nicht bewiesen werden konnten, stirbt. Seit vier Jahren liegt sie im Koma, nur durch medizinische Geräte am Leben erhalten. Ray arbeitet im Motel seiner Eltern mit, verdient sich als Drogendealer einige Dollar nebenher und ist immer auf der Suche nach neuen jungen, hübschen Frauen, die er benutzen kann. Gleich zwei Auserwählte fesseln zur Zeit seine Aufmerksamkeit. Zum einen die attraktive Sally, die einen Job sucht, um sich Geld für ihr Studium in Boston zu verdienen, und zum anderen Katherine, die Ray immer wieder mit neuen Psychospielchen herausfordert. Sally hat eine leidenschaftliche Affäre mit Ed Anderson, dem ehemaligen Cop, der mit seinem Partner Schilling die beiden Morde im Juni 1965 bearbeitet hat. Anderson und Schilling sind immer noch der festen Überzeugung, dass Raymond Pye der Täter ist, doch während Schilling immer noch verbissen an seinem Beruf festhält ist Anderson in den Vorruhestand getreten. Doch auch für Ray läuft es anders als geplant. Sally gibt ihm einen Korb, seine Freundin Jennifer kann ihn immer weniger befriedigen und fängt an, ihn mit seinem besten Freund Tim zu betrügen, der sich an den Drogen, die er als Kurier für Ray abholt, selber bedient. Nur Katherine scheint der eitle Ray zu faszinieren. Doch dann beginnt Schilling den Fall von 1965 wieder aufzurollen und übt Druck auf Ray aus. Dessen Psyche gleicht einem Pulverfass und die Lunte brennt bereits lichterloh … ![]() Trotz der beharrlichen Vermarktung als Hardcore-Titel ist auch dieses Werk von Ketchum keine Aneinanderreihung von puren Gewaltakten. Vielmehr erzählt der Autor eine eindringliche und erschreckend authentische Geschichte von einem psychisch zerrütteten jungen Mann, der durch die Maschen der Justiz schlüpft bis es für ihn kein Zurück mehr gibt. Hält man sich vor Augen, dass die Story nach einer wahren Begebenheit entstanden ist, bekommt die Handlung noch mehr Brisanz. Und obwohl es nach dem brutalen Prolog sehr viel ruhiger weitergeht fesselt Ketchum den Leser mit seinen brillanten Charakterstudien an jede einzelne Seite. Die Beziehungen in denen die agierenden Personen zueinander stehen sind äußerst geschickt miteinander verknüpft und ihre Motivationen so lebensnah, als ob es sich um tatsächlich existierende Menschen handeln würde. Die Zeit, in der die Geschichte spielt, und der Schauplatz der verträumt wirkenden Kleinstadt tun ihr Übriges um das Geschehen plastisch vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen zu lassen. Die Spannung steigert sich stetig und explodiert in einem erschreckend intensiven Finale von beispielloser Brutalität. Am Ende sind die Figuren aus dem Roman dem Leser so vertraut, dass er an ihrem Schicksal teilnimmt. Dadurch gelingt es Ketchum, was vielen Autoren versagt bleibt, er löst beim Publikum echte Emotionen aus. Seine Geschichten lassen keinen ungerührt. Die wechselnden Perspektiven, aus denen die Story erzählt wird sorgen dafür, dass die Handlung nicht an Tempo verliert und man als Leser die Beweggründe der Figuren begreifen und nachvollziehen kann. Stück für Stück verliert Ray immer mehr Halt in seiner kleinen, von ihm dominierten Welt. Und man spürt förmlich wie er die unsichtbare Grenze überschreitet, hinter der es für ihn kein Zurück mehr gibt. Alle die ihm in seiner kranken Psyche etwas bedeutet haben und von Bedeutung für sein von Egoismus und Eitelkeit bestimmtes Imperium waren, werden zu Verlorenen. Für mich ist das Lesen dieses Romans ein Erlebnis gewesen, das mich schlicht und ergreifend gefesselt und nicht mehr losgelassen hat. Zumal es durch die hervorragende Übersetzung von Joannis Stefanidis nichts von seiner Eindringlichkeit eingebüßt hat. „The Lost“ ist ein Buch, das sich angenehm vom üblichen Thriller-Mainstream abhebt und wie alle Romane von Jack Ketchum eine Sonderstellung in meiner Bibliothek einnimmt. ![]() LITERRA EMPFIEHLT
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