Die Literaturstudenten Werner Labisch und Jörg Sundermeier gründeten den Verbrecher Verlag 1995.
Zunächst hatten sie die Idee, auf diese Weise an unveröffentlichte Manuskripte für private Lesezwecke zu kommen - sie hatten von den Manuskripten in Interviews oder Porträts gelesen, und hatten gehört, dass die Manuskripte in absehbarer Zeit nicht veröffentlicht werden würden. Labisch und Sundermeier waren aber gierige Leser, sodass sie sich als Verlag ausgeben wollten, um die Texte der geschätzten Autorinnen und Autoren doch lesen zu können.
Der Verlagsname entstand ebenso wie das Logo aus einer Laune heraus, und hatte erst einmal den Zweck, bei den angeschriebenen Autoren wenig Hoffnung auf eine tatsächliche Publikation aufkommen zu lassen.
Mit diesen Absichten fragten Sundermeier und Labisch unter anderem den Journalisten Dietmar Dath, dessen Texte ihnen in diversen Zeitschriften aufgefallen waren, nach Manuskripten. Er bot ihnen die ersten beiden Kapitel eines Romans an, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollendet war. Bei den Pseudoverlegern war damit das Interesse geweckt und sie vereinbarten mit dem Autor ein Treffen auf der Frankfurter Buchmesse 1994.
Bei dieser Gelegenheit bekamen die Neulinge auch einen ersten Eindruck vom Verlagswesen, ohne größere Ambitionen zu entwickeln. Als Dietmar Dath ihnen das vollständige Manuskript mit der Anmerkung vorlegte, er habe es die letzte Nacht fertiggestellt, wurde ihnen klar, dass sie sich in diesem Fall nicht mit der üblichen schriftlichen Ablehnung aus der Affäre ziehen konnten. Zudem war das Manuskript gut, und daher gaben sie "Cordula killt dich! Oder: Wir sind doch nicht die Nemesis von jedem Pfeifenheini" im Sommer 1995 als Buch heraus. Der Verbrecher Verlag war Wirklichkeit geworden. Da sich das Geschäft für die beiden blutigen Anfänger allerdings schwieriger gestaltete, als zunächst vermutet, ließen sie vorerst die Finger vom Verlagsgeschäft.
Diverse Zeitungs- und Werbeprojekte kennzeichneten die nach dem ersten Buch folgende verlegerische Schaffenspause. Sundermeier und Labisch fiel allerdings kein vernünftiges Gegenargument ein, als der mit ihnen befreundete Comiczeichner Oliver Grajewski die Wiederbelebung des Verlags vorschlug. Sie hatten ein Büro im Haus Schwarzenberg am Hackeschen Markt, gerade ein anderes Projekt abgeschlossen, und Lust darauf. So kam es dann zu dem zweiten Titel, der im Oktober 1999 im Verbrecher Verlag erschien: "Tigerboy #16" von Oliver Grajewski. Mittlerweile wussten die Autodidakten schon erheblich mehr vom Verlagsgeschäft.
Labisch und Sundermeier waren längst nicht mehr die einzigen im Büro. Martin Schlögl übernahm die Pressearbeit (bis 2005), für die Gestaltung der Bücher war zuerst Thorsten Platz zuständig, seit 2001 ist es Sarah Lamparter, im Jahr 2006 gesellte sich Christan Walter dazu, das Gros der Anzeigen des Verlages wird von Oliver Grajewski gestaltet. Auf Ruth Oelze, Hanna Lemke und Heike Joswig folgte Doris Formanek, die seit 2010 die Pressestelle des Verlags leitet. Evelyn Rahm organisiert seit 2009 die Lesungen, Konrad Krämer ist seit 2008 Lektor im Verlag.
Doch weiter in der Geschichte: Eine Anzeige des Verbrecher Verlags brachte Stefan Wirner darauf, seinen Cut-Up-Text aus Zeitungsartikeln zum Jugoslawienkrieg anzubieten. So ging die Verlagsarbeit weiter, "Installation Sieg" erschien im Dezember 1999. Auch der Kontakt zu Dietmar Dath war immer noch eng, und so kam im März 2000 der Roman "Am blinden Ufer" von ihm heraus. Die Arbeit gewann an Kontinuität. Drei Monate später suchte Jim Avignon, der mit seinem Projekt Neoangin auf einer Verbrecherversammlung (siehe folgender Absatz) aufgetreten war, einen Verlag für sein neues Buch und fand auch schnell einen Platz im Programm des Verbrecher Verlags. Seitdem arbeitet der Verlag professionell.
Um ihre Erzeugnisse zu vermarkten und auch aus Spaß an der Sache veranstalteten die Verleger von 1999 bis Mai 2004 die "Verbrecherversammlungen" im Kaffee Burger. Es handelte sich bei den Zusammenkünften um Lesungen, Vorträge, Konzerte und sonstige publikumstaugliche Performances. Sie erfreuten sich wie das Kaffee Burger selbst großer Beliebtheit. Von Februar 2005 bis Februar 2007 fand man die wöchentlichen "Verbrecherversammlungen" im Festsaal Kreuzberg am Kottbusser Tor, seit dem März 2007 finden sie in der Bar Monarch, zwei Häuser weiter statt, größere Veranstaltungen allerdings nach wie vor im Festsaal Kreuzberg.
Seit September 2003 residiert der Verlag im Mehringhof, Gneisenaustraße 2a, in Berlin-Kreuzberg.
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Mit diesen Absichten fragten Sundermeier und Labisch unt...
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