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16. Februar 2021

Die grüne Welle

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Die grüne Welle

Von Heiner Hug, 24.03.2019

Das Ergebnis der Zürcher Wahlen ist für die Bürgerlichen ein harter Schlag ins Gesicht. Doch nicht nur die Klimafrage gab den Ausschlag.

Die Freisinnigen verlieren den zweiten Regierungsratssitz, den sie seit über 60 Jahren hielten. Der FDP-Präsident wird nicht wiedergewählt. Im Kantonsparlament büssen die Bürgerlichen ihre Mehrheit ein. Die Grünen und die Grünliberalen feiern einen ganz aussergewönlichen Sieg.

Die bürgerlichen Medien orten die grüne Welle als Hauptursache für das bürgerliche Debakel. Doch stimmt das? Sicher sind „grün“ und das Klima jetzt in aller Munde, sicher hat das neue Bewusstsein für die Umwelt eine Rolle gespielt. So erklärt sich der fast sensationelle Zuwachs der Grünen und der Grünliberalen.

FDP-Präsidentin Gössi hat im letzten Moment gemerkt, dass da etwas auf ihre Partei zukommen könnte. Vor kurzem ist sie auf den grünen Zug aufgesprungen – zu spät, wie sich jetzt zeigt. Ihr plötzliches grünes Bekenntnis nahm ihr kaum jemand mehr ab. Und die arg gebeutelte SVP hat zwar die Farbe grün im Logo – doch das war’s dann.

Aber: Spielten nicht auch andere, ausser grüne Faktoren eine Rolle für den bürgerlichen Aderlass?

Die FDP tritt an Ort und begnügt sich, die Linke anzugreifen. Wie sagte Iwan Rickenbacher kürzlich in einem Journal21-Interview: Den Freisinnigen droht nicht Gefahr von der Linken, sondern von den Grünliberalen. Frische Ideen haben die Freisinnigen trotz konstanter Selbstbeweihräucherung durch die Parteichefin kaum im Köcher. Vor einem Jahr sagte die FDP-Parteichefin, mit Blick auf die eidgenössischen Wahlen: „Mein Ziel ist es, die SP zu überholen.“ Bei den Zürcher Wahlen, die eine Barometerwahl sind, ist ihr das mal gründlich misslungen. Da gibt es noch viel zu tun bis im Herbst.

Und die SVP? Sie ist nicht nur eingeknickt wegen der grünen Welle. Die Partei hat längst den Zenith überschritten. Der ewig gepflegte Hass auf Brüssel interessiert eigentlich nur noch Herrn Blocher und die wenigen ihm verbleibenden Getreuen. Seine Albisgüetlirede, die er jedes Jahr von neuem vorliest, wirkt ermüdend und interessiert kaum noch jemanden. Der SVP fehlt es längst an Themen, um zu reüssieren.

Zudem sind FDP und SVP faktisch ziemlich uneinig in die Wahlen gezogen, was sich an den Ergebnissen der Regierungsratswahlen ablesen lässt. Gegenseitige Unterstützung sieht anders aus.

Ja, die grüne Welle hat die Zürcher Wahlen mitbeeinflusst. Doch die Bürgerlichen machen es sich zu einfach, wenn sie glauben, das sei der einzige Grund für ihren Flop.

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Das finde ich Super für Zürich. Es scheint, dass der Wählerwille frei ist und nicht mit den national erfassten Zahlen und Staistiken übereinstimmen muss, und dass sich das reiche Zurich das gerade leisten kann, was sicher auch zur internationalen Imageaufbesserung als Standortvorteil beiträgt. Nicht auszudenken, wenn das Gegenteil als Wahlresultat herausgekommen wäre. Wobei ja vermutlich kein Allrad SUV weniger herumfahren, keine einzige Polizistenstelle und Kamera abgebaut und die anlasslose Totalüberwachung reduziert wird.
Zur Erinnerung, meinte Herr Zollinger neulich:
"Zurzeit zählen wir 14 nationale sowie ca. 180 kantonale und 5’000 kommunale politische Parteien. Rund 6,8 Prozent der 5,3 Millionen Stimmberechtigten sind eingeschriebene Parteimitglieder (FDP 120’000, CVP 100’000, SVP 90’000, SP 30’000, GPS 7’500, BDP 6’500, EVP 4’500, GLP 4’000, diverse 3’000 – Stand 2015). Die Wähleranteile dürften folgende ungefähren Werte aufweisen: FDP 18%, CVP 10%, SP 19%, SVP 27%, Grüne 9%, GLP 6%, BDP 3%, andere 8%."

Diejenige Partei mit den drittmeisten Mitgliedern und jeweils nur noch Alten und Rentnern an ihren Versammlungen und welche neue Parteimitglieder hauptsächlich aus Ausländern oder Menschen mit entsprechendem Hintergrund rekrutiere, habe den grössten Wähleranteil im Land. Dass sie den auf rechtmässigem, fairem Weg bekommen hat, glaube ich auch durch immer wieder entsprechende Auffälligkeiten, Grenzüberschreitungen und Delikte ihrer Mitglieder schon lange nicht mehr. Sie haben bloss am meisten Geld zur Verfügung, mehr als alle anderen Parteien zusammen. Sowas kann man ja dann nicht mehr Demokratie nennen. Aber grünes Züri find ich gut, ganze Welt wäre noch besser.

Die Wahlniederlage von FDP und SVP ist sicher nicht nur in Klimafrage und der Umweltproblematik begründet. Die beiden Parteien bewirtschaften doch nur noch Anliegen von Wirtschaft und Gewerbe. Sparprogramme und Steuerbegünstigungen sind doch ihre Hauptanliegen.
Es ist bekannt und statistisch belegt, dass der Mittelstand die Hauptlast trägt. Bereits kann ein grosser Teil des Mittelstandes nicht einmal mehr die Krankenkassenprämien selbst zahlen.
Ein Viertel der Bevölkerung bezieht finanzielle Hilfe vom Staat.
Wie und wo hat das bürgerliche Parlament die Belastung für diese Bevölkerung vermindert? Nirgends.
Die Beiden Parteien sind doch beschäftigt mit der neuen Unternehmenssteuer -Reform. Die eilt und die ist wichtig!
Die bürgerlichen Parteien sollten in erster Linie wieder für die Bürger Politik machen und nicht für die Wirtschaft.

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