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16. Februar 2021

Distanz nahelegen

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Distanz nahelegen

Von Ignaz Staub, 19.01.2017

Den Medien braucht vor Donald Trump nicht bange zu sein, wenn sie ihre angestammte Funktion wahrnehmen.

Seit der Präsidentschaft von William McKinley (1897–1901) beherbergt das Weisse Haus in Washington DC einen Presseraum. Lediglich 30 Meter vom Oval Office des Präsidenten entfernt, finden dort regelmässig die Pressekonferenzen für akkreditierte Journalisten statt. Gewöhnlich tritt der Pressesprecher des Weissen Hauses auf, gelegentlich der Chef selbst. Ausländische Korrespondenten sind auf hintere Sitze verbannt und dürfen nur selten Fragen stellen.

Seit kurzem ist neuerdings in Washington DC zu hören, Donald Trump plane, den Presseraum aus dem Westflügel des Weissen Hauses an einen neuen Ort in der Umgebung der Residenz zu verlegen, um sich so die Medien auf grössere Distanz zu halten. Obwohl das aus Gründen der Tradition zu bedauern wäre, eine Katastrophe ist es kaum.

Woran es etablierten Vertretern des Pressecorps am Amtssitz des amerikanischen Präsidenten mangelt, ist häufig nicht die räumliche, sondern die geistige Distanz. Sie sehen sich als Teilnehmende im grossen Spiel um Macht und Einfluss und diese Illusion ist nur aufrecht zu erhalten durch die Nähe zu den Mächtigen und Einflussreichen. Die Wachhunde der Demokratie mutieren zu Schosshündchen des Establishments.

Dass es auch anders geht, hat der grosse investigative Journalist I. F. Stone (1907–1989) bewiesen. Er ging in Washington DC zu Politikern und Beamten bewusst auf Distanz, um nicht zur „access whore“ zu werden, zum Journalisten, der sich für den Zugang zu Informationen prostituiert. Zeitungen warf „Izzy“ Stone, der sich auf der Suche nach News durch Berge von Verlautbarungen zu wühlen pflegte, nicht einen Mangel an Dissens, sondern an Nachrichten vor.

Fragen sich die Medien heute bange, wie sie in Zukunft über einen Präsidenten berichten sollen, der sie zwar öffentlich verachtet, insgeheim aber gierig konsumiert, so ist zumindest ein Teil der Antwort im Umstand zu finden, dass sie statt Aussenseiter zu bleiben, lieber als Insider dazugehören wollen. Doch das ist nicht ihre Aufgabe als vierte Gewalt im Staate.

Die Medien haben sich in den Dienst der Öffentlichkeit zu stellen, deren Bedenken aufzuspüren und deren Anliegen zu vertreten. Es ist das Gegenteil dessen, was Amerikas Presse jüngst im Präsidentschaftswahlkampf gemacht hat, als nicht nur grosse Teile der Bevölkerung, sondern auch die Medien selbst in einer Filterblase lebten.

Im Falle Donald Trumps gilt es, unerschrocken und unvoreingenommen zu berichten, was ist, und das Geschehene profiliert und pointiert zu kommentieren – ohne falsche Rücksichtnahme auf Sonderinteressen und ohne feiges Schielen auf Einschaltquoten und Klicks. Was der CEO des Fernsehsenders CBS – angeblich im Witz, wie er sagen sollte – über Donald Trumps Kandidatur bemerkte, darf nicht zum kruden Credo werden: „Sie mag für Amerika nicht gut sein, aber für CBS ist sie verdammt gut.“

Allen Drohungen und Einschüchterungsversuchen zum Trotz müssen die Medien Donald Trump nicht fürchten, solange sie sich auf ihre traditionellen Stärken besinnen, die da wären: gründliche Recherche, klare Darstellung, kompetente Einordnung. Nur so kann die Macht des Faktischen Fake News, Shit Storms und Twittergewitter überleben, nur so kann die Presse das Vertrauen der Öffentlichkeit wiedergewinnen. Am Ende ist das Leben keine Reality Show, sondern ungeschminkte Wirklichkeit.   

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Man kann dem Kommentar über die Aufgabe des seriösen Journalismus in der nun beginnenden Ära Trump nur zustimmen. Mit allem für Demokraten gebotenen Respekt sollten unabhängige Journalisten die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten zur Kenntnis nehmen und dann genau das praktizieren, was eben auch zur guten amerikanischen Tradition gehört: die Institutionen des Staates mit harten Fakten, noch besseren Recherchen und in absoluter Unabhängigkeit kritisieren, wo es geboten ist auch heftig attackieren. Diese Art von Journalismus muss die 'Tweetatur' nicht fürchten. Und den Auflagen schadet es ja auch nicht, wie jüngste Meldungen der 'New York Times" oder der 'Washington Post' zeigen.

Trump: Populist oder Faschist?

Trump hat das Etikett AMERICA FIRST gewählt.
Das war einmal die Bewegung des Hobby-Fliegers Charles Lindbergh, Hitler-Anhänger.

Was ist Faschismus, was ist Populismus

FASCHISMUS
Faschismus ist die folgende STEIGERUNG von Eigenschaften, die in allen Nationalstaaten angelegt sind:
1 Das nationale wird organisch: vom Volk (=Bevölkerung) zum völkischen (das nicht alle umfasst)
2 Vom Staat (Territorium, Bevölkerung, eine akzeptierte Regierung) zum totalitären Staat
3 Von der demokratischen Aushandlung von Klassenkonflikten zur Leugnung von Unterschieden IM Volk
4 Ausschliessung von nicht zum Volk gehörenden Gruppen
5 Paramilitärs als ideologische Elite und Machtapparat der Partei.

POPULISMUS
Populismus betrifft minimal nur 1) 4) Ausgeschlossene können "Rassen", Ethnien, Religionen, Klassen/Schichten (Eliten, Arme, Randständige), (Neu)zugezogene sein.
Populismus ist mischbar mit links, rechts, pro/anti-Staat pro/anti-Markt
Populismen wie der Faschismus manipulieren also die Definition des Volkes
Alle Faschismen sind Populismen. umgekehrt nicht

Trump geht sehr weit im Ausschluss vom Migranten, Nicht-Weissen nicht-Christen aus dem Volk. Sein innerer Kreis (noch nicht definitiv) umfasst nur einen Schwarzen, nur ungefähr 4/12 Frauen.
Andere typische Punkte des Faschismus fehlen, er hat keine Partei/Bewegungsmiliz. Das ist bei Faschismus an der Macht aber auch verzichtbar (Hitler als Regierungschef entmachtete die SA). Die USA haben ja den Patriot Act und somit ein Gestapo-Äquivalent.

Mein Fazit: sehr aggressiver Populismus. Weit fortgeschritten auf der Dimension Faschismus.

Für die Medien heisst das, WIE IGNAZ STAUB SEHR RICHTIG SCHREIBT: weg von der Show. Wenn der Donald in der gleichen Rede X Widerprüche einbaut sagt er genau nichts. Gar nicht ignorieren.

Fakten:
- Welche Gruppen gehören zum Machtapparat?
- Was sind die Auswirkungen der Beschlüsse auf welche Gruppen (z. beim Ende von Obamacare)?
- Kalifornin beobachten! Welche Gerichtsverfahren strengt der Staat gegen neue Gesetze an?
- Wann tauchen die ersten Sezessionsbewegungen auf? Die freie Republik Kalifionien wäre eine direkdemokratische Utopie.
Eine Super-Schweiz.

MfG
Werner T. Meyer
Quelle: Michael Mann: Fascists

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