Stellungnahme

Zum ZEIT ONLINE Artikel „Liebe Deutsche Studenten, ihr nervt!“, erschienen am 27.10.2011.
Ein nicht eindeutig kategorisierter Artikel kann missverstanden werden. So könnte der behandelte Text als platte, einschichtige, durchsichtige oder frustrierte Meinung gelesen werden. Der Artikel ist jedoch als eine Glosse zu verstehen – als ein pointierter Meinungsbeitrag. Der Charakter einer Glosse kann polemisch, satirisch oder feuilletonistisch sein. Neben überspitzt gemalten Bildern besteht eine Glosse auch aus Informationshäppchen, die in die Geschichte eingebunden werden. Eine Glosse malt also ein einseitiges, ironisches Abbild der Realität, macht verborgene oder verschwiegene Meinungen provokant sichtbar und sorgt so für einen Anstoß zur Diskussion und Reflexion.
Natürlich ist eine Glosse eine gewisse Gradwanderung und ihre Beurteilung liegt, wie die jedes anderen Textes, immer im Auge des Betrachters. Mit Sicherheit ist es am schwierigsten, mit einer überspitzt formulierten Meinung den Geschmack der Mehrheit zu treffen. Viele Leser werden nur an den obersten Schichten kratzen und die darunterliegenden Ebenen ausblenden, übersehen oder missachten. Gerade diese Tatsache erzeugt die Spannung, die eine Glosse mit sich bringt und sie umgibt. Der Leser fühlt sich ertappt, beleidigt, missverstanden und reagiert mit einem erzürnten Aufschrei nach mehr Weitblick, Toleranz und Offenheit. Alleine dieser Impuls reicht aus, um Menschen und ihr Denken zwar nicht zu verändern, aber zu schärfen. Mehrere Aufschreie ergeben eine Diskussion. Dieser Gedankenaustausch gehört zur Glosse wie ihre provokante Überschrift, die polemischen Argumente und sarkastischen Seitenhiebe. Plötzlich entstehen Vielfalt, Reflektion und Meinung – alles, was man sich von einem guten Artikel erhofft.
Der Artikel „Liebe Deutsche Studenten, ihr nervt!“ hat es zweifelsohne geschafft, für einen lauten Aufschrei und eine nachhaltige Diskussion zu sorgen. Plötzlich liegt der übertriebene Vorwurf auf dem Tisch und wird in der Öffentlichkeit, in Deutschland wie in Österreich gleichermaßen, diskutiert. Der fehlende politische Weitblick, das fehlende europäische Hochschulkonzept und das fehlende Verständnis untereinander werden kritisiert. Ausdrücke wie „Piefke“ und Sätze wie „De nervn de Piefke!“, sind keine Erfindung meinerseits, sondern Beispiele aus dem täglichen Alltag – Bilder für fehlendes Verständnis untereinander.
Natürlich ist der Text polemisch, provokant und damit kritisch zu hinterfragen. Letztendlich bildet er aber, in aller Härte, ein Bewusstsein für existierende Probleme und Missstände. Auf jeden Aufschrei folgt eine Forderung, eine Forderung nach Lösungen. Dies geschieht im Moment – im Hörsaal diskutieren Professoren und Studenten gleichermaßen. Facebook und Twitter unterstützen diesen Prozess.
Natürlich erschrickt man, wenn einem der Spiegel direkt vor die Nase gehalten wird. Natürlich ist man sauer und erzürnt, wenn der Fokus plötzlich auf einem selbst liegt und man sich ertappt fühlen könnte. Natürlich erzeugt dies Emotionen. Emotionen, die hoffentlich genutzt werden, um das Gespür eines jeden Einzelnen für die Bedürfnisse, Probleme und Ängste seiner direkten Umgebung und seiner Mitmenschen zu schärfen – letztendlich also mehr und nicht weniger Toleranz zu verspüren – deutsche wie österreichische Studierende gleichermaßen.
Mit dieser Stellungnahme fordere ich keine Absolution, möchte keine Gewissensberuhigung begehen, sondern jeden Leser und jede Leserin darum bitten und auffordern, seine und ihre Emotion zu bewahren, die Energie aufrecht zu erhalten und dafür zu sorgen, dass die von mir gemalten Bilder auch wirklich zu Bildern werden, die im Museum hängen, als historisches Abbild einer weniger toleranten Zeit – ihr seid gefordert, auf allen Ebenen.
Artikelbild: © Parlamentsdirektion / Mike Ranz
Hallo halb Deutscher-halb Österreicher,
nein, Ironie kann ich da in keinem Absatz erkennen.
Eventuell haben wir ein differenziertes Verständnis von Ironie, aber wie sie wissenschaftlich betrachtet wird, ist schon eindeutig.
Und dann ist auch eindeutig, dass sie hier schlicht fehlt. Eine Wendung findet ja nicht statt. So oder so will ich nicht darüber diskutieren, was hier die passendste Textform wäre.
Bei einem möchte ich Ihnen aber vehement widersprechen:
Der Text ist gefüllt mit rassistischen Spitzen.
Und selbst wenn die mit ironischen Rundungen versehen wären, damit man den eigenen Kopf nochmal aus der “Fascho-Schlinge” ziehen kann: Die einzige Absicht von Herrn Kozubek war Welle machen. Und das ist ihm natürlich gelungen. Dass er sich nun aber mit dem Vorwurf des Rassismus auseinandersetzen muss, das war ihm offenbar auch nicht klar.
Verstehen Sie mich richtig: Es geht nicht darum, DASS ein Problem angesprochen wird. Es geht darum WIE es angesprochen wird. Und wenn sich ein 23 Jahre Alter Student aus Österreich dazu berufen fühlt, alle Deutschen als asoziale Egomanen darzustellen, sollte man das schon publik machen und kritisieren dürfen.
LG
D, Kegel
Sehr geehrter Herr Kegel, Frau? Laureata, Herr deutscherstudentinnsbruck, Herr Hias,
ich habe in beiden Ländern gelebt und mir erscheint die Diskussion verläuft ins Leere!
Zu dem Vorwurf, es handle sich nicht um eine Glosse:
Vielleicht habe ich etwas nicht verstanden, doch scheint mir der Abschluss des Kommentars, der laut Herrn Kegel den Text (da angeblich ironiefrei) nicht zu einer Glosse macht, sehr wohl ironisch! Dem Klischee des Handtuchreservierens wird das Klischee des Kuhglockenträgers gegenübergestellt. Ist das nicht Ironie? Der angeblich „rein“ gegen die Deutschen Studenten gerichtete Text, schließt mit dem Klischee der kuhglockenschwingenden Österreicher, die sich als Gebirgsvolk in harschem unverständlichem Ton miteinander unterhalten (bzw. in diesem Fall andere anschnauzen)! Wirkt doch ironisch!
Ich würde aber noch weiter gehen:
Besagte ironische Wendung vermisse ich im Falle meiner Lesart auch, weniger des Schlusses wegen, sondern durch den Tonfall des gesamten Kommentars. Das sind doch durchgehend Klischees, die hier bedient werden (ob Mallorca und die Handtücher, die Polos, Papas Kreditkarten oder eben besagte Kuhglocken)! Die Klischees gab es doch schon immer und sie werden auf beiden Seiten gepflegt. Weder der Deutsche, der großkotzig mit Papas Kreditkarte zahlt, ist ein reales Bild, noch der jodelnde, Ski-wachselnde Tiroler, der gemeinsam aus der Holzschüssel ist! (Bitte nageln Sie mich nicht bezüglich des Unverhältnisses der Anzahl der Klischees innerhalb des Kommentares von Herrn Kozubek fest. Das geht wohl aus der Thematik hervor.)
Der einzige Teil des Kommentars, der mir etwas ironiebefreit erscheint, ist die Stelle mit den Dialekten, dem ewigen Konflikt zwischen “ihr Ösis habt ein komisches Deutsch” und dem “der red wia ein piefke”, der sich angeblich im Hörsaal, im Zuge der Referate, auf Noten auswirkt. Keine Ahnung, ich will das nicht prüfen, und es ist mir eigentlich auch egal! (Das könnte man mir vorhalten!)
Zu dem Rassismusvorwurf:
Der scheint sich meiner Meinung nach durch die Ironie des Textes sowieso ad absurdum zu führen. Sollte dem nicht so sein, so frage ich mich: Wo steckt denn der Rassismus genau?
Das Klischee des Handtuchreservierens, reicht das aus um von Rassismus zu sprechen? Dann könnte auch die Aussage „Österreicher sind gemütlich“ als rassistisch, in Zeiten einer Leistungsgesellschaft, gelten! Ist beides kein schlimmer Vorwurf! Wer will, bekommt ihn aber sicher in den falschen Hals!
Der Vorwurf der „Möchtegern-Wirtschaftsbosse mit pastellfarbenen Polohemden“ ist doch nur auf die Studenten in Österreich bezogen (wobei ich diese Formulierung wirklich schwer ernst nehmen kann), und damit wohl als Rassismus Generalverdacht eher unglaubwürdig. Ich sehe nirgends den Satz: „Alle Deutschen tragen Polohemden und …“, somit wird auch nicht gesagt, dass jeder Deutsche dies tut, wie Herr Kegel indirekt behauptete! Vielleicht fehlt mir hier auch die Sensibilität für Rassismus und ich gewichte solche Aussagen falsch! Man könnte dann den Satz: „…ich lebe in Deutschland, habe aber lange genug in Österreich verbracht, um zu wissen, dass man auch dort höflich sein kann und in der Regel ist,“ ganz schön in den falschen Hals bekommen. Muss man nach Österreich fahren und dort einige Zeit verbringen, um festzustellen, dass die auch höflich sein können???
Glaubt eigentlich wirklich irgendjemand, dass hier ein Artikel, der grundsätzlich rassistisch gemeint ist und ausländerfeindlich sondergleichen (das war jetzt nicht meine Meinung!) einfach so in der Zeit erscheint? Ein Artikel wird doch redigiert und gefiltert. Wenn man das nicht glaubt, dann einfach mal was rassistisches online stellen auf der Zeit Homepage, als Artikel natürlich!! Thema ist dann frei wählbar!
Sollte das doch nicht möglich sein, dann gibt es wohl nur zwei Möglichkeiten. Herr Kozubek scheint eine ziemlich mächtige Position inne zu haben (das war jetzt ironisch), oder da steckt was anderes dahinter. Warum sollte die Zeit denn unbedingt platten Rassismus ohne weitere Gedanken online stellen? Da gibt’s doch genug Medien mit viel intelligenter formuliertem, intellektuellerem Rassismus wie die „Junge Freiheit“. So, wenn jetzt was dahinter steckt, dann fordere ich zum gemeinsamen Brainstorming, was es denn sein könnte und fange gleich mal an: Zugriffe auf die Zeit Seite, weil sich Leute über den Artikel aufregen
War nur eine Idee, vergessen wir das!
Nächster Punkt: Österreich steht fast genauso unter dem Rassismusverdacht wie Deutschland. „Ähnliche“ Politik vor 1945 könnte dafür verantwortlich sein und darum gab es eine Waldheimaffäre, Sanktionen der EU gegen Österreich unter Schwarz-Blau, etc. Hier so zu tun als würde Österreich von jeglichem Rassismusverdacht befreit dastehen, ist wohl eher lächerlich! Und Herr Kozubek wurde durchaus Rassismus von österreichischen Studenten vorgeworfen, man sehe sich nur Facebook an! Ob diese bei Ihm im Kurs sitzen, kann ich nicht beurteilen, ich kenne ihn ja nicht, im Gegensatz zu Herrn Kegel, der weiß, dass er dort nicht beschimpft wurde!
Frau Laureata, hier wird doch ständig das eine mit dem anderen vermischt. Ein Rassismus gegen jemanden ist etwas anderes, als das (meiner Meinung nach) allgemein assoziierte Bild der braunen Politik. Es gibt doch den lokalen „ich bin gegen jeden, der nicht ursprünglich in meiner Heimat beheimatet war Rassismus“ (das geht übrigens bis zu rivalisierenden Dörfern, wo eine Hochzeit zwischen zwei Bewohnern verschiedener Dörfer zu Problemen führt) und dann gibt es dieses große Bild der braunen Politik, das unter anderem von den bereits genannten Burschenschaftern gelebt wird, die dann bei Fußballspielen zwischen Deutschland und Österreich zu keinem halten können, da das eh ein Volk ist. Zweiteres (den Deutschnationalismus) kann man Herrn Kozubek wohl eher nicht vorwerfen, oder doch?
Deutscherstudentinnsbruck:
Haben Sie den Kommentar vom Herrn Hias ernst genommen? Fühlen Sie sich persönlich angegriffen, wenn der Vorwurf der Beschwerde der mangelnden Wasserspühle am Berg (oder was auch immer) vorkommt? Haben Sie die Verbindung von einer Wasserspühle und Abschaum gemeint? Sonst muss ich mich über den Tonfall doch etwas wundern. Abschaum? Ist das Ernst gemeint? Ich kann das irgendwie nicht fassen!
Jetzt gibt es hier seit Wochen eine Diskussion über diesen zweifelhaft gelungenen Text. Dann kommt eine eindeutige Provokation, auch noch von einem Hias vom Berge, und dann ist das Abschaum? Den Beitrag als unnötig und schlecht zu bezeichnen, gebe ich Ihnen Recht, aber Abschaum ist schon aller unterste Schublade und das noch in einer Diskussion über Rassismus!
Herr Hias:
Gelungene Provokation. Piefke Saga lässt grüßen! Ernst nehmen wird man den Beitrag wohl nicht!
Und nun? Ich habe meine Meinung gesagt, möchte den sehr mäßig (da mir nicht klar wird wohin er will, außer zu stundenlangen Diskussionen) gelungenen Artikel nicht verteidigen und gratuliere der Zeit mit diesen wenigen Zeilen, geschrieben von einem Bauernopfer, einige tausend Leser mehr erreicht zu haben!
danke mann, ich bin auch gerade vor lachen mit dem sessel umgefallen!!!!
Herr Hias hält Frau Laureata einen Spiegel vor und auch sie ist erschrocken……..
na, auch schon mal Brötchen vom Frühstückstisch im Urlaub mitgehen lassen
Hallo zusammen,
nochmal: ich wollte mit dem provokanten Artikel auf ein Problem aufmerksam machen, welches in Deutschland so noch nie bewusst und publik war – gelungen.
@Laureata: richtig, ich habe diese Vorurteile thematisiert – jedoch nie vertreten.
@Hias: selten so gelacht
@detuscherstudentinnsbruck: “Abschaum”? Harte Worte, für jemanden der unter einem Pseudonym publiziert.
Lieber Herr Kozubek,
Sie haben ein Problem angesprochen, das in Deutschland in dieser Weise ebenso besteht, wie in Österreich.
In Deutschland ist dieses Problem absolut bewusst, besuchen Sie doch deutsche Hochschulen, Sie werden das schnell feststellen.
Mit einem Punkt haben Sie jedoch Recht:
Publik wurde und wird das nie.
Der Grund dafür ist banal: würde man in Deutschland ebendiesen Rassismus an den Tag legen, den Sie in Ihrem Kommentar (Glosse, was auch immer) offeriert haben, würde man dafür von Kommilitonen, dem Hochschulkomitee und der ein oder anderen Partei als Rassist bezeichnet werden.
Und das ist auch gut so!
Ihnen ist also nichts gelungen, wie Sie sich hier selbst attestieren. Sie haben nur das ausgesprochen, worüber Sie offenbar nicht nachgedacht haben.
Ansonsten müsste es Ihnen ja möglich sein, entgegengebrachte Argumente zu entkräftigen, auf Beiträge zu antworten und vor allem: Aus einem Kommentar nicht kurzerhand eine Glosse zu machen. Gerade Sie als Germanistikstudent sollten ja wissen, dass Ihrem Kommentar ein wesentlicher Bestandteil zur Glosse fehlt:
Die ironische Wendung. Und die vermisse ich hier schmerzlich.
Grüße
D. Kegel
sorry, ein wenig harte kritik nun: du gehst auf nichts ein, es ist sinnlos. leider meinst du es mit deiner sache wohl nicht ernst.
fakt ist und bleibt: einer schätzung nach betonst du 5-7 x, dass es dir ernst ist, aber redest kein einziges mal gegen kommentare in die eine richtung, aber fast immer in die andere. das macht deine glosse zu einer meinung, die meiner ansicht nach nicht vertretbar ist. ich könnte dir ein programm empfehlen, dass dir das dann genau unter die nase reibt, benutzen firmen um z.b. websites qualitativ zu analysieren, fazit: “sag nicht nur in die eine richtung was, sonst wird das hier zum witz”. insbesondere, da du ja NICHT der meinung bist
ja ich bin der meinung, dass das von hias unsinn ist. warum brauche ich dazu meinen richtigen namen nennen? abschaum meinetwegen zurückgenommen. sorry, aber ich denke, dass der name sehr wohl einiges ausdrückt und im ersten augenblick war ich schockiert, der hintergedanke dabei war fremdschämen.
wie ich nochmal andeuten wollte, können wir uns gerne treffen und daran arbeiten, wie man meinungen vertritt oder so etwas schreibt. wie ich nochmal betonen will bin ich halb deutscher halb österreicher.
P.S. Apropos Spiegel vorhalten und dann auf Grund des Spiegelbildes erschrecken:
Herr Kegel hält Herrn Kozubek hier auch einen Spiegel vor! und er Kozubek ist erschrocken, als auf einmal jemand die Gesinnung ausgesprochen hat, die der Verfasser selber thematisiert hat: die braune Gesinnung…