Wuttext

Ö3-Weihnachtswunder in Innsbruck: Hässlich, dumm, selbstherrlich

Das Ö3-Weihnachtswunder macht dieses Jahr endlich (!!!) in Innsbruck Station. Es darf gespendet und gewünscht werden. Das alles mag legitim sein. Aber Innsbruck hätte all das wirklich nicht gebraucht.

Seit Tagen schon steht ein unschöner Glasbau in der Maria-Theresien-Straße in Innsbruck. Dieser wird seither von Wachmännern abgeriegelt. Rein kommt der normale Ö3-Hörer und Weihnachtsmarkt-Besucher nicht. Seit 19.12. darf man als Normalsterblicher die Ö3-Helden dabei bewundern, wie sie ihre Sendung machen, fleißig Spenden sammeln und nicht zuletzt aufgrund der Spenden Hörerwünsche erfüllen. Eine Win-Win-Situation. Die Spenden kommen österreichischen Familien zugute, die Spendenfreudigen bekommen ihre Hit-Wünsche erfüllt und Ö3 noch mehr Publicity und Aufmerksamkeit als ohnehin schon.

Ö3 ist der Sender, für den die Worte Omnipräsenz und Penetranz wie gemacht sind. Fast kein Büro in Österreich, an dem dieser Sender nicht läuft. Fast niemand hört dabei wirklich zu. Aber die Musik von Ö3 ist Teil des Klangteppiches, der in den allermeisten Büros und sogar auf österreichischen Baustellen ausgerollt wird. Menschen wünschen sich bei diesem Sender fast immer wieder die gängigen Hits, weil sie lediglich die von Ö3 gespielten gängigen Lieder kennen, die wiederum von diesem Hit-Sender zu Hits gemacht wurden. Ein System, das sich selbst erhält. Das macht grantig und wütend.

Dieses selbstbezüglich Hit- und Verdummung-System ist jetzt endlich auch für die Tirolerinnen und Tiroler sichtbar geworden. Manifest wurde es durch einen Glaskubus. Ein Sinnbild für die Realität von Ö3. Es handelt sich dabei zwar um keinen Elfenbeinturm, doch um einen abgeschotteten Raum, der sich lediglich um sich selbst kümmert, sich selbst genügt und nach eigenen Kriterien Hits generiert. Der keinen Einfluss von außen zulässt. Der sich lediglich dabei beobachten lässt, wie er einen Großteil der Musikszene und des gegenwärtigen Musikschaffens einfach ignoriert und nichts zu sich in den metaphorischen Glaskubus lässt.

Als ob das noch nicht schlimm genug wäre entdeckt Ö3 immer wieder, vor allem zu Weihnachten, seine soziale und menschenfreundliche Seite. Lässt er sich sonst nichts dreinreden was die Programmgestaltung betrifft und lässt lediglich Diskurse und Hits zu, die in das eigene Sendeschema passen, übt er sich in diesem Zeitraum in vermeintlicher Offenheit und Güte.

Kinderaugen strahlen, erwachsene Menschen werden zu hörigen Spendern und Hitwünschern. Ö3 tut Gutes und nutzt die enorme Reichweite um Gutes zu tun. Das kann nicht schlecht sein. Ist es aber. Der Glaskubus ist hässlich und verschandelt die Maria-Theresien-Straße. Dumm ist die Sache schon allein einmal deshalb, weil unter dem Vorwand einer sozialen Aktion Öffentlichkeitsarbeit für einen Sender betrieben wird, der als akustische Seuche zu bezeichnen ist.

Die Selbstherrlichkeit ist bei alldem omnipräsent. Der größte Sender Österreichs gibt sich neben dem Anstrich des größten Hit-Machers auch noch den Anstrich des größten Menschenfreund-Senders.

Menschen spenden dabei weniger um zu spenden oder gar aus Nächstenliebe, sondern vielmehr um sich und ihre Lieblings-Hits im Radio zu hören. Ö3 sendet diese Aktion nicht aus purer Menschenliebe, sondern aus handfesten Marketing-Überlegungen. Beide Aspekte sind nicht präsent und werden zugedeckt von einem vorweihnachtlichen Idyll-Denken. Einmal im Jahr zumindest muss man ja spenden und Gutes senden. Genau durch diese Verschleierung der wahren Intentionen und der wahren Beweggründe gewinnt die Verblödungs-Maschine rasend schnell an Geschwindigkeit. Ob sie noch aufzuhalten ist? Keine Ahnung. Sicherheitshalber sollten wir nichts spenden. Zumindest nichts für und über Ö3.

Titelbild: (c) Andreas Focke