Zweck & Mittel
Zuallererst:
Das express!-Format fordert von AutorInnen ein hohes Maß an Opferbereitschaft, von Rezensierenden ein verstärktes Einfühlungsvermögen, müssen hier schließlich zusätzlich Gesprächsstrukturen bewältigt werden, Kommentare eingearbeitet oder ausgeblendet werden. Auffällig war, wie schwer es den Beteiligten (Mir, Stefan Schmitzer, zahlreichen männlichen Kommentatoren) fiel, eigene Eitelkeiten zu überwinden. Elke Engelhardt hingegen war von diesem Laster eher nicht betroffen. Einige Kommentare führten sich schlichtweg selbst ad absurdum, in dem sie eine Dummheit an die Andere reihten. (Frank, du bist nicht gemeint.) Andere fühlten sich fälschlicherweise fast immer angesprochen. (Frank.) Etc. Etc. Mich diesem Gespräch auszusetzen (Wortwahl), hat mir einiges abverlangt, gerade da Elke und Stefan nicht bereitwillig die Gedichte absegneten und Lobeslieder darauf sangen. Ich habe mich sehr über Elkes Käferanalyse gefreut und ihre suchende Lesart, die Bereitschaft sich mit etwas auseinanderzusetzen, ohne sich über die Dinge (die Gedichte) zu stellen und fehlenden eigenen Zugang als Ausschusskriterium anzuwenden. Stefans zahlreiche Respektlosigkeiten im Ton, der mir teilweise suggerierte, er fühle sich entsprechend über den Dingen (den Gedichten), hätte sie durchschaut und wolle sich nun ebenso präsentieren, konnte ich als Schutzmechanismus ad acta legen. Gerade, da seine Analysen sehr genau, und seine Auseinandersetzung alles andere als Unklug war. Sehr selbstbezogen allerdings schon - oder wie unaufmerksam ist ein Rezensent, der den Namen des Autors, den er rezensiert falsch schreibt?
Selbstbezogenheit ist allerdings, wie ich finde, kein Hinderungsgrund für eine gute Auseinandersetzung mit einem Text. Im Zuge der Kritikdiskussion wurde ein sehr wichtiger Punkt von Bulucz und Kuhlbrodt hervorgehoben: Eine Kritik sollte sich zuallererst an den Rezensierenden selbst richten, sein Verhältnis zum Text spezifizieren. Sie ist kein Gebrauchstext für LeserInnen, keine Dienstleistung. Auch Gedichte sind keine Dienstleistungen an LeserInnen, aber so viel ist eh klar. Was ich also verteidigen möchte, ist das Gespräch um des Gesprächs willen, auch das unverständliche Gespräch, das kritische Selbstgespräch. Wovon sich zahlreiche LeserInnen nach der Steinzeit getrennt haben, ist eine kapitalistische Verwertungslogik und eine "der Kunde ist König"-Attitude - ihnen wird hier schließlich nichts verkauft. Anders gesagt: In meinen Gedichten möchte ich auch niemanden für dumm verkaufen - das erledigen die passenden KandidatInnen sehr gut selbst (mein lieber Marcello aka "der Hinweiß", der seinen Kindern Rechtschreibung beizubringen droht.).
Vielen Dank für dieses tolle notwendige Format, zu dem ich AutorInnen, wie ich nun herausgefunden habe, um Gottes willen nicht raten würde. Vielen Dank an die kluge Verena. Ein kapitalistisches Adé, mit besten Grüßen, Yevgeniy.