Essay

Warum?

Knappe Überlegung zu Nationalismus und Geld
Hamburg

In Österreich, einem Land von überschaubarer Größe, besteht großes Interesse, nationalistische Politik zu betreiben. Warum? – Die Wähler, die den Rechtspopulisten zuströmen, meinen, dies diene ihrem Interesse, man wolle eben „mehr auf sich” schauen, also hoch die Mauern und Stacheldrähte, fertig.

Warum aber wirklich? Weil diese Partei, die innenpolitisch nur daran arbeitet, das Politische selbst zu demontieren, das Öffentliche zu zerstören, statt des Diskurses Beharrung zu einzusetzen, statt der Demokratie Besitz und statt Gerechtigkeit Gewalt (nicht zwingend: Staatsgewalt), weil diese Partei außenpolitisch dafür steht, daß es Inter- und Transnationales politisch nicht geben möge. Dies bleibe dem Kapital vorbehalten. Man hat hier also eine Politik, die ihre Hilflosigkeit installiert – und zum Moderator angeblicher „Sachzwänge” dann wird.

Wieso sollten Wähler das wollen? Weil man sie betrügt. Durch Desinformation und Panikmache wird jedenfalls den Ungebildeten plausibel gemacht, Rechten die Stimme zu geben, womit die Bildungspolitik der Linken, die ein Heer Ungebildeter zuließ, ihr erster und eigentlicher Sündenfall gewesen sein mag, lange vor anderen Fehlern wie Inseratenkauf und billigen Konzessionen hier oder in Deutschland der Privatvorsorge und Hartz IV. Dementsprechend muß man hier aufklären, wenn man nicht will, daß das letzte Wort in der Politik Rechtspopulisten haben. In diesem Sinne darf man die Sorgen der Bürger ernstnehmen, ihnen sagen, welche sie haben könnten – und welche ihnen im Grunde implantiert wurden, damit sie für ihre Belange nicht mehr hinreichend interessiert sein mögen.

Mit Argumenten braucht man hingegen den Propagandisten nicht kommen, sie kann man nur bloßstellen, und zwar über die Frage nach ihrer Interessenslage: Also, wieso sollten die Politiker selbst das wollen, was Parteien wie die FPÖ propagiert? – Weil sie auf den Gehaltslisten derer stehen, deren Marionetten sie sind oder eben gerne wären, noch nehmen AfD oder FPÖ ja nur indirekt Einfluß auf das, was geschieht. Im Falle Österreichs ist die FPÖ, die seit Jahren konsequent dem Großkapital gemäße Politik propagiert, während sie den Fürsprecher der Kleinen gibt, belegt. Die Industriellenvereinigung Österreichs hat die FPÖ sozusagen auf der Gehaltsliste.1

Dort findet sich übrigens auch die ÖVP – und auch die NEOS wurden, wie man hört, nicht vergessen; das heißt, neben den Neofaschisten, denen das Handaufhalten mörderisches Zündeln wert ist, sind auch die nicht mehr ganz christlichen und nicht mehr ganz sozialen Schwarzen und die NEOS, die allein „offiziell” (wirtschafts-)liberal sind, dem Neofeudalismus irgendwie verbunden… Nimmt man das Team Stronach als verkümmerten Arm eines Industriepatriachen hinzu, sind zwei Drittel der Parteien im österreichischen Parlament kompromittiert.

 „Beziehungen, die keine sind”, interessieren darum die politische Philosophie, so Žižek…

Soweit, zu sagen, das seien also die gut finanzierten Werbeabteilungen immer derselben Lobby, gehe ich nicht; doch Geld fließt, hinreichend, ein Leichtes auf diesem Preisniveau, denn, siehe oben: Österreich, ein Land von überschaubarer Größe. In derlei aufgesplittet wäre Europa, was sich vor allem die Rechten erträumen, darum im europäischen Parlament kompatibel, denn was schert es die beim Handaufhalten einander fast schon brüderlich verbundenen Rechtspopulisten aller Nationen, welches Volk denn nun zum Beispiel wie „arisch” ist..?

Doch zurück zur Frage des Nationalismus: Warum ist es das manchen Reichen wert? Wie läßt sich begründen, mit dem Elend von Flüchtlingen zu spielen und zivile Standards wie soziale Gerechtigkeit preiszugeben, für noch mehr Geld? Pragmatisch: Weil auch in einer Welt der Nationalisten sich ein Fleck findet, wo das global agierende Kapital von den Konsequenzen seines Zündelns nur als den Nachrichten erfährt. Allerdings auch, weil manche Reiche dumm sind, denn ein intelligenter, prosperierender Kapitalismus würde auf Verausgabung und Permeabilität jedenfalls auch setzen. Kapitalismus ist also heute links von dem, was das Kapital teilweise zu tun wünscht. Ansonsten: Ich weiß es nicht – weil ich Glück für nicht allein in Dollars ausdrückbar halte.

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