MARRAKESCH IM ABSTAND EINER DEKADE ERLEBT

Reisenotizen

Autor:
Charlotte Ueckert
 

Reisenotizen

Impressionen einer Reise nach Marrakesch von Charlotte Ueckert

Wieder in den Souks und Derbs spüren wir die modernen Zeiten mit Handy und Laptop, denen wir es verdanken, dass die Verkaufsburschen uns tatsächlich auch in Ruhe stöbern lassen. Noch fasziniert das Nebeneinander von technischem Gerät, Mopeds und den Menschen mit Käppchen und langen Gewändern, den Brotfrauen, die auf den Plätzen hocken und bei denen wir gern kaufen, weil das Brot nach Sesam schmeckt.

Es gibt Märkte, auf die ein Tourist nur gerät, wenn er versehentlich eine falsche Richtung wählt. Der Geflügelmarkt ist ein solcher Ort, nach Exkrementen stinkend und traurig nach Tod riechend. Der Gebraucht-Kleidermarkt, schlecht beleuchtet, mit Stoffhaufen in der Mitte und Frauen, die verschlissene Djellabas ausbreiten. Junge Männer an Nähmaschinen sitzen im hellsten Raum und ändern vor Ort nach Bedarf. Nichts glitzert hier. Auch exotische Tiere, Echsen und Schildkröten werden verkauft, vor allem jenen, die eine Brille tragen. Kocht man sie und legt sie auf die Augen? Ach, der ganze Wahrsagezauber wird im Hamman mit schwarzer Olivenseife abgewaschen.

Am letzten Tag liegen wir faul im Bikini auf dem Dach in der milden Oktobersonne. Plötzlich erscheint dort, wo die Nachbarsfrauen ihre Wäsche flattern lassen, ein Mann. Er setzt sich auf einen Vorsprung, der ihm einen bequemen Abstieg zu uns erlauben würde und betrachtet uns unverhohlen. Jetzt verstehen wir, warum unsere Vermieterin uns dringend eingeschärft hatte, immer die Tür zum Dach zu verschließen. Dort wo wir uns immer ganz für uns geborgen fühlten. Nun, gucken darf er, aber wir machen uns kurz darauf, in Handtücher geschlungen auf den Rückweg ins Haus. Und verschließen die Tür.

zurück