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Essay
Kurz nachgedacht: über Stolterfohts seltsame Parolen
Der Fehler in Benses Satz steckt auch in der Art und Weise, wie wir im allgemeinen Sprache betrachten – als verallgemeinerbares Allgemeingut eben. Das ist sie aber nicht. Die Sprache ist de facto individuell, sie entsteht in jedem Menschen neu. Sie ist kein fixes, abgelöst von seinem Sprecher existierendes Ding, sondern ein Organ des Einzelnen. Es bildet sich im Individuum nicht als eine Kopie eines außerhalb vorhandenen Dings namens Sprache, das es in verschiedenen Zuständen gibt, deren Wahrscheinlichkeit man bewerten könnte, sondern als subjektives Zugeständnis an die Welt. Jedes einzelne Wort ist ein völlig subjektiv erfahrenes Rendezvous. Man kann eine Sprache nicht abkoppeln vom Sprechenden, ein Gedicht nicht von seinem Verfasser. Und auch nicht von seinem Leser. Es ist die im Einzelnen lebendige Sprache, die Literatur und als Informationsträger dabei auch „Text“ erzeugt. Es liegt im Wesen der Sprache und nicht des Textes begründet, daß Text manchmal auch unbeabsichtigt Literatur sein kann.
Bense hingegen und sein Jünger Stolterfoht sagen: Alles ist in erster Linie Text. Literatur ist nur ein Spezialfall von Text, bei dem jemand die Möglichkeiten entmischt und eine Ordnung entwirft. Ordnung ist in der Natur der unwahrscheinlichere Zustand (was übrigens nicht stimmt), also ist Literatur Sprache in einem unwahrscheinlichen Zustand.
Letztlich ist das nur Masturbation mit Ideen und oberschlaue heiße Luft. Text ist nämlich nur ein marginaler formaler Aspekt der Sprache. So wie Noten keine Musik sind, ist Text keine Literatur. Literatur ist die Musik der Sprache.
Jedenfalls: daß es ganz unwahrscheinlich ist, daß jemand anderes als der angestammte Verfasser sein bestimmtes Gedicht schreiben wird, das ist keine besonders umwerfende Feststellung. Und nichts anderes steckt in dem Bense/Stolterfoht Satz, der so sensationell „unangreifbar“ Auskunft gibt über das Wesen der Literatur: es ist sehr unwahrscheinlich, daß der eine Dichter die Sprache in genau denselben Zustand überführt wie der andere Dichter, es sein denn er schriebe ab. Jetzt wissen wir’s.
Bense hingegen und sein Jünger Stolterfoht sagen: Alles ist in erster Linie Text. Literatur ist nur ein Spezialfall von Text, bei dem jemand die Möglichkeiten entmischt und eine Ordnung entwirft. Ordnung ist in der Natur der unwahrscheinlichere Zustand (was übrigens nicht stimmt), also ist Literatur Sprache in einem unwahrscheinlichen Zustand.
Letztlich ist das nur Masturbation mit Ideen und oberschlaue heiße Luft. Text ist nämlich nur ein marginaler formaler Aspekt der Sprache. So wie Noten keine Musik sind, ist Text keine Literatur. Literatur ist die Musik der Sprache.
Jedenfalls: daß es ganz unwahrscheinlich ist, daß jemand anderes als der angestammte Verfasser sein bestimmtes Gedicht schreiben wird, das ist keine besonders umwerfende Feststellung. Und nichts anderes steckt in dem Bense/Stolterfoht Satz, der so sensationell „unangreifbar“ Auskunft gibt über das Wesen der Literatur: es ist sehr unwahrscheinlich, daß der eine Dichter die Sprache in genau denselben Zustand überführt wie der andere Dichter, es sein denn er schriebe ab. Jetzt wissen wir’s.
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