Cheesy Sixties
„Fever Pitch“, „High Fidelity“, „About A Boy“ – der Brite Nick Hornby ist ein Kultautor. Im Grunde reicht für die Begründung dieses Status bereits „High Fidelity“ aus. Seine schrägen aber lebensnahen Figuren, seine rasanten und witzigen Dialoge, das Londonbild, das er seit Jahren prägt. Im Grunde kann man es auf einen simplen Nenner herunterbrechen: Hornby ist ein gewitzter Geschichtenerzähler, der sein Publikum wunderbar zu unterhalten weiß. Nicht mehr. Nicht weniger. Und naturgemäß haben auch Kultautoren mal einen Tiefpunkt. Ein solcher ist Hornbys aktueller Roman „Miss Blackpool“ (im Original „Funny Girl“, aus dem Englischen übertragen von Isabel Bogdan und Ingo Herzke).
Und das obwohl das Buch Vieles von dem hat, was Hornby auszeichnet: Witzige und kurzweilige Dialoge, skurrile Figuren, zahlreiche popkulturelle Reminiszenzen. Was er nicht hat ist eine interessante oder unterhaltsame Geschichte. Im Zentrum steht die Protagonistin Barbara Parker aus dem nordenglischen Kaff Blackpool, die eine gewonnene Misswahl sausen lässt und sich nach London aufmacht, wo sie von der großen Schauspielkarriere träumt, während sie in einem Kaufhaus jobbt und sich ein heruntergekommenes WG-Zimmer mit einer nervigen Mitbewohnerin teilt. Die glorreichen Sechziger sind noch nicht wirklich aufgebrochen, aus allen Ritzen kriecht noch der konservative Mief der Fünfziger.
Barbara wird schließlich entdeckt, ändert ihren Namen in Sophie Straw, weil das nicht so provinziell klingt, erweist sich als ideenreiches Naturtalent und erntet die Hauptrolle in der erfolgreichen Sitcom „Barbara (and Jim)“, die es auf immerhin vier Staffeln mit sechzig Folgen bringt. Zwangsläufig gibt es eine Affäre mit ihrem Leinwandpartner Clive Richardson, der den Jim spielt, und später eine echte Liebesgeschichte mit ihrem Produzenten, der schon lange nach ihr schmachtet … und irgendwann ist der Ruhm verblasst, alle sind alt, Klappe zu.
Diese Handlung ist einfach zu flach, zu geradlinig, zu vorhersehbar, zu klischeebehaftet, um wirklich zünden zu können. Auf Überraschungen oder interessante Brüche wartet man 430 Seiten lang vergeblich, und mitreißende Konflikte kommen auch nicht auf, von literarischer Tiefe erst gar nicht zu sprechen, aber die erwartet man von Hornby ohnehin nicht. Selbst für Fans ist „Miss Blackpool“ kein Muss – hier darf man Mut zur Lücke zeigen. Man verpasst nicht viel.
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