Auseinander- und Zersetzung
Zeitnah und dennoch nicht bloßes Gelegenheitsschreiben (ein unglückliches Wort, wie man rasch erkennt), das findet sich in Schuberths dreibändigem Werk Rost und Säure. Die Gelegenheit ist noch da, auch die Erregung, und: im Wort zugleich gebannt und wieder erweckt, wie es schon Bernhard beschrieb, der vielleicht die Zwischentöne, die Schuberths Essay kennt, eher missachtete.1
Schuberth ist unbequem, weil er genau ist, und akkurat, um zu stören: um das Konkrete nicht im Cliché zu verlieren, also Engagement und Wahrheit momentan zu verbinden. In diesem Spannungsfeld operiert Schuberth, er riskiert Nähe, ist thematisch nahezu wahllos, mischt sich dort ein und Themen auf, wo eben die Worte falsch gewesen sind und Schweigen wie auch ein „Ironikerlächeln und [...] noch ein paar poststrukturalistische Vokabeln” nicht mehr möglich scheinen.
Dabei legt es Schuberth – scheinbar – förmlich darauf an, sich zwischen alle Stühle zu setzen, hat aber Recht, indem er so die schnellen wie falschen Binaritäten der Diskurse durchkreuzt. Gab es zu Andreas Hofers Zeiten dort edle Tiroler oder antisemitische, xenophobe „Taliban”? Muss man’s entscheiden? Ist die Entscheidung nicht Präludium dessen, was Schuberth an der Linken geißelt, die den Begriff der Diversifikation von (Multi-)Kulti leichtfertig der Rechten überließ..?
„Was ist heute die Hauptbedrohung? Es ist das fortschreitende Verschwinden der Vielgestaltigkeit der Welt. Die Nivellierung der Menschen, die Reduktion aller Kulturen auf eine »Weltzivilisation« baut auf dem auf, was am allgemeinsten und gewöhnlichsten ist.” – Das ist nun nicht Schuberths Wortlaut, sondern der von ihm zitierte Alain de Benoist, Wortführer der Rechten, der nutzt, was die Linke in ihrer „Versöhnungswut” unterschlagen hat: Tatsächlich gibt es Kultur nur als impliziten Plural, als Kulturen, deren Kompetenz, andere Kulturen indes zu würdigen und in Hybridformen aus ihnen ferner neue zu gewinnen, nicht etwa sich zu verlieren, die Rechte unterschlägt.
Es bedarf also nicht einfacherer Antworten, sondern komplizierterer Fragestellungen, die Schuberth folgerichtig unermüdlich vorlegt. Man behandle etwa Elfriede Jelinek nicht, „als ginge es beim Nobelpreis nicht um die Auszeichnung sprachlicher Kunst, sondern exzentrischer Idiosynkrasien”, so schreibt Schuberth also vielleicht auch über sich selbst, wobei bloß die Gleichsetzung von Nobelpreis und jenem der Kunst inhärenten Anspruch missbehagen mag.
Eine einfache Aussage aber sei gestattet: Man lese Schuberth..!
Eine umfangreichere Besprechung erscheint in Bälde in Literatur und Kritik.
- 1. cf. auch http://youtu.be/lOlP71nlBk4?t=1m1s
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