Anzeige
Komm! Ins Offene haus für poesie
x
Komm! Ins Offene haus für poesie
Kritik

Why, you must needs be strangers

Hamburg

Zweierlei zeichnet den lesenswerten, gerade wieder besonders relevant scheinenden Diskurs aus Shakespeares Die Fremden aus:

1. Die, die gnadenlos sind, fordern Gnade – AfD- oder FPÖ-Mitglieder beklagen ständig eine Benachteiligung, die nicht gegeben ist, während sie selbst an ein Minimum von Rechten und Gerechtigkeit für Migranten nicht einmal denken wollen: „We accept […] mercy, but we will show no mercy”, so der Pöbel. Denen, die sich so verhalten, sagt Shakespeare, sie seien „Hohlköpfe”, „the simplest things”. Auf das, was ein Diskurs der Rechten sein soll, geht Shakespeare nicht ein: und zwar zurecht. „Seht, ihr brecht selbst, wonach ihr schreit”, ein Satz, und mit ihm ist die Sache erledigt.

2. Der Fremde aber habe Rechte. Er wird nur zum Monster, wenn man die Rechten walten läßt, und zwar in ihren Reden, die den entstellen, der noch nicht einmal hier ist, dem man gerade in Mitteleuropa Probleme anlastet, die schon bestehen, während der Fremde noch auf dem Mittelmeer um sein Leben kämpft. Fremde aber sind wir fast überall:

„Nay, any where that not adheres to England:
Why, you must needs be strangers.”

In der Zeit schrieb zu dem Text Felix Stephan, es seien seit Shakespeares Zeiten zwar „demokratische Verfassungen entstanden, Menschenrechte wurden formuliert, Grundrechtskataloge erstellt. Das Recht ist heute häufiger auf der Seite der Schutzbedürftigen als damals. Das ist viel.” Genug aber, so setzt er fort, ist es nicht, man muß wieder und immer wieder Stellung für das beziehen, was sich in jenen Dokumenten ausdrückt.

Man kann mit Zygmunt Bauman die Psychopathologie jener befragen, die noch immer den rechten Rattenfängern folgen oder zynisch genug sind, zu ihnen gar zu gehören1 – bloß ihren Diskurs eigentlich ernstnehmen, als Ausdruck legitimer Ansprüche? – Nimmermehr..! No pasaran!

William Shakespeare · Frank Günther (Hg.)
Die Fremden
Mit einem Vorwort von Heribert Prantl. Übersetzt und mit einem Essay von Frank Günther
dtv
2016 · 6,00 Euro
ISBN:
978-3-423-14555-8

Fixpoetry 2016
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Fixpoetry.com und der Urheber
Dieser Artikel ist ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt. Sie dürfen den Artikel jedoch gerne verlinken. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Letzte Feuilleton-Beiträge