a fool’s journey

poems & stories

Autor:
Ruth Weiss
Besprechung:
Armin Steigenberger
 

poems & stories

A void cannot be avoided: Nichts Zwischenzeiliges

Formal wird dagegen einiges unternommen. Gespiegelte Texte, strenge Symmetrien, Langgedichte. Häufig werden sentenzenhaft Verse 3x wiederholt, als seien es Beschwörungsformeln. Das zyklusartige Gedicht suicide dreams hat sogar eine klare Spiegelachse, d. h. dieser 13-seitige Text bricht in der Mitte ab und kommt von hier aus Vers für Vers in umgekehrter Reihenfolge. Ein ganz typisches Merkmal sind Einschübe in Versalien. Oft entsteht durch Sprachwitz eine semantische Aufladung der Texte, die von den beiden Übersetzern Peter Ahorner und Eva Autherieth leider nur selten umgesetzt wird. So verlieren in der Übersetzung viele sinntragende Sprach- bzw. Wortspiele und innertextliche Bezüge an Bedeutung, werden oft überhaupt nicht mit übersetzt. Dass das auch nicht immer geht, weiß jeder, der einmal selbst Texte übersetzt hat. Dass es aber nicht sein kann, dass es nur ganz selten oder gar nicht geht, weiß auch jeder, der einmal selbst Texte übersetzt hat. Die beiden Übersetzer tun sich ein ums andere Mal schwer, die feinsinnigen und mehrschichtigen Wortspiele – manchmal auch Wortspielereien – der Autorin nachzuempfinden. Schon der deutsche Titel des Bandes die reise des narren lässt mich fragen, warum unbestimmte Artikel mit bestimmten übersetzt werden und warum man eine Genitivmetapher bemüht, die im Deutschen immer recht pathetisch wirkt. Warum nicht einfach narrenreise? a fool’s journey ist unbestimmt und somit etwas Vages, wo niemand genau weiß, was geschehen wird, wer hiernarr und was hier reise ist.

 

once upon a time a bear

 

once upon a time a bear

with eyes of brown

strolled to & fro

to be good – for – nothing

 

ist übersetzt mit

 

es war einmal ein bär

 

es war einmal ein bär

der hatte braune augen

spazierte hin & her

und wollt zu gar nichts taugen

 

Abgesehen davon, dass der schnurrige Rhythmus des Ursprungstextes überhaupt nicht aufgegriffen wird – ein vierhebiger Trochäus, der in einen zweihebigen Jambus hineinläuft, den mit einem Hebungsprall am Beginn des letzten Verses (fro / to) ein 3-hebiger Trochäus beendet – sindauch eyes of brown keineswegs gleichbedeutend mit brown eyes. Auch wenn das alles nur Nuancen sind (aber in der Dichtung geht es ja um Nuancen!), macht es in der Summe den Text aus. Das „Enjambement“ – hier mit 2 Gedankenstrichen markiert – wird dabei zum Überraschungsspiel: der Bär bummelt hin und her und will gut sein – für – nichts. In diesem verzögerten Schluss liegt ein semantischer Mehrwert. Erstaunlich und bewundernswert zugleich, wie eine Fünfjährige (die neben ihrer Muttersprache Deutsch gerade das Englische erlernt!) bereits derartig trickreich einen Effekt zu erzielen vermag. Der in der Übersetzung leider komplett untergeht. Der Gipfel ist aber, dass in der Übertragung ein banaler Kinderreim daraus entsteht, eine nicht wirklich nachvollziehbare Poetisierung seitens der Übersetzer, mit dem das Gedicht zum dümmlichen Liedchen wird, das es nie war und dessen Plattheit noch unterstrichen wird durch den Leiertonfall dreihebiger Jamben, der mit seinen Endreimen so einfallslos, so gewöhnlich daherkommt, changierend in männlichen und weiblichen Endungen, wo er im Ursprungstext, bis auf die letzte Verszeile, immer männlich endet. So steht das im Englischen einfach nicht auf dem Papier. Das empfinde ich als künstliche Poetisierung, ja als ungebetene Einmischung; wo bei mir der Eindruck entsteht, dass die Übersetzer ganz aus dem Häuschen sind, was da nun für tolle Reime entstanden sind.

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