Die dritte Ausgabe des Berlin Documentary Forums untersucht die Spannungen und Paradoxa bei der Herstellung von Narrativen sowie deren Bedeutung bei der Gestaltung gesellschaftlicher Realität und gelebter Erfahrung. Das Festival betrachtet das Erzählen von Geschichten nicht bloß als Reflektion der Wirklichkeit, sondern als eine Methode, diese Wirklichkeit zu formen. Die Biennale wird vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin veranstaltet. Interdisziplinär ausgerichtet, befasst sie sich mit dem Dokumentarischen in den Bereichen Film, Fotografie, zeitgenössische Kunst, Performance, Architektur -und Kulturtheorie.
Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin
Germany
+49 30 397870
Am 29. Mai 2014 18.00 Uhr, wird die dritte Ausgabe des Berlin Documentary Forums eröffnet.

Ein Auszug aus dem Programm des Berlin Documentary Forum 3 – www.hkw.de
Narrative erfüllen vielfältige Funktionen: Sie können Traditionen bewahren, nationale Identitäten schaffen, gesellschaftliche Hierarchien verfestigen, Wahrheit und Authentizität herstellen und die kollektive und individuelle Vorstellungskraft einschränken oder beflügeln. Sie können Hegemonien rückbestätigen, aber auch alternative Deutungen von Erinnerung und Geschichte hervorbringen.
Die Projekte des Berlin Documentary Forums nähern sich diesen Themenstellungen auf unterschiedlichste Weise – essayistisch, biografisch, filmisch, dialogisch oder journalistisch. Dabei taucht die Montage als eine Erzählstrategie auf, die die Differenz und Spezifität ihrer innerweltlichen Sujets konserviert, statt sie aufzuheben.
Wenn das Reale fiktionalisiert werden muss, um gedacht werden zu können, wie Jacques Ranciére betont, dann stellen die Beiträge zum Berlin Documentary Forum 3 diesen Vorgang als ein weites Feld des Schöpferischen und der kritischen Untersuchung unter Beweis.
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Das Berlin Documentary Forum findet alle zwei Jahre statt und widmet sich in einem interdisziplinären Kontext der Produktion und Präsentation von dokumentarischen Praktiken. Im Laufe von vier Tagen wird ein erweitertes Feld solcher Praktiken, die Film, Fotografie, Kunst, Performance, Architektur, Kulturgeschichte und Theorie umfassen, kritisch erforscht – spannende Begegnungen an der Schnittstelle von Diskursivem und Realem.
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Donnerstag, 29. Mai 2014
Riding on a Cloud
Rabih Mroué
Theaterstück
Dieses Stück basiert auf der wahren Geschichte Yasser Mroués, des jüngeren Bruders von Rabih Mroué. Mit siebzehn Jahren erkrankte er nach einem im libanesischen Bürgerkrieg erlittenen Kopfschuss an Aphasie. Dieses »Problem mit Darstellungen«, wie sein Arzt es nannte, ließ ihn zwar Menschen und Dinge erkennen, wenn sie direkt vor ihm standen, jedoch nicht deren Abbildungen. Der Arzt schlug vor, er solle selbst Bilder machen, um zu einem Verständnis für das Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Repräsentation zurückzufinden.
Mroués Performance nimmt genau dieses Verhältnis ins Visier: Wahrheitsbehauptungen erweisen sich als zufällig und vorläufig. Riding on a Cloud nutzt diverse Strategien, um einen Keil zwischen die schlichte Gleichsetzung von Realität und Darstellung zu treiben. Yasser tritt auf der Bühne als er selbst auf, spricht über sein Leben und projiziert die Videos, die er im Laufe seines Heilungsprozesses gedreht hat. Verflochten mit diesen autobiografischen Gesten ist eine Meditation über die Metamorphosen, die bei der Entstehung von Erzählungen geschehen.
Die fragmentarische Struktur von Riding on a Cloud und die Verschränkung unterschiedlicher Medienformate und Diskursregister zeigen eindrucksvoll Mroués anhaltendes Interesse an der Wechselhaftigkeit von Wahrheitskonstruktion in Folge von Konflikt und Trauma. |
Donnerstag, 29. Mai 2014
Deutsche Bilder – Mädchen mit Zwanzig
Philipp Blum, Britta Hartmann, Kay Hoffmann, Nathalie Karl, Eva Knopf, Götz Lachwitz, Cornelia Lund, Werner Ružička, Inga Selck, Ursula von Keitz und Thomas Weber
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt »Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945 bis 2005« beabsichtigt, die Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland vor, während und nach der Teilung in Ost und West zu schreiben.
Unter dem provokanten Titel Deutsche Bilder präsentieren Mitglieder des Projekts gemeinsam mit dem Leiter der Duisburger Filmwoche, Werner Ružička, zwei Filmprogramme, die technische Voraussetzungen, Praktiken, Verfahren und Themensetzungen dokumentieren. Der Titel verweist einerseits auf die Ressourcen, aus der diese Filme finanziert wurden, stellt aber auch die Frage nach nationalen Besonderheiten und wie man diese charakterisieren könnte. Das Programm Mädchen mit Zwanzig betrachtet in sechs Filmen – entstanden zwischen 1960 und 1987 – die sich wandelnde Rolle der Frau anhand zweier Generationen aus Ost- und Westdeutschland. Das zweite Programm, Turbine, untersucht – ebenfalls für beide Teile Deutschlands – die Beziehung zwischen Formen industrieller Produktion und der gesellschaftlichen Organisation. Die vier Filme aus den Jahren 1949 bis 1964 zeigen heldenhafte Arbeit und einen verordneten Optimismus, kontrastiert mit der Realität sterbender Dörfer und der zunehmenden Trennung von ruralen und urbanen Lebenskontexten. Außerdem werden Filme der 1952 in Göttingen gegründeten Encyclopedia Cinematographica (EC) gezeigt, die die Welt der Bewegungen enzyklopädisch dokumentieren wollte. |
Donnerstag, 29. Mai 2014
An Oral History of Picasso in Palestine
Lesung mit Michael Baers, Dalia Taha, Samir Harb, Yazid Anani, Nienke Terpsma, Robert Hamelijnck
2010 erfuhr Michael Baers von Khaled Houranis Plan, Picassos Gemälde Buste de femme (1943) in der International Academy of Art Palestine in Ramallah auszustellen. Die zweijährigen Vorbereitungen der Ausstellung 2011 – die Organisation der Leihgabe des Van Abbemuseums in Eindhoven sowie Transport und Versicherungen – wurden durch die Umstände der israelischen Besatzung behindert.
Presseberichte und die Dokumentation Picasso in Palestine von Hourani und dem Filmemacher Rashid Masharawi haben dieser Begebenheit zu gewisser Bekanntheit verholfen. Baers’ Graphic Novel An Oral History of Picasso in Palestine legt jedoch nahe, dass wir nicht die ganze Geschichte kennen. Auf der Grundlage umfangreicher Recherchen zeichnet die Arbeit die Entstehungsgeschichte des Projekts nach und erkundet dessen Bezüge zu Aspekten der israelischen Besatzung der West Bank. Während es als bloßer Exkurs erscheint, zu erörtern, wie die Proklamation des Staates Israel ineinem Museum stattfand, merkt Baers an: »Verzichtet man auf die spekulative Verbindung zwischen dem Staat Israel und der künstlerischen Moderne, schwächt man das Argument für das Anliegen, Picasso heute nach Ramallah zu bringen.« An Oral History of Picasso in Palestine liefert einen eleganten Metakommentar, der die Überschneidungen von Modernismus, Besatzung, Staat und Sicherheit untersucht, und im Gewand der Graphic Novel demonstriert, dass eine Narrativierung keine Reduktion von Komplexität bedeuten muss. |
Donnerstag, 29. Mai 2014
Gudrun Gut vs. Ronald Lippok
Ab 23 Uhr werden die Flaschen und die Musikarchive geöffnet. In den Nächten während des Berlin Documentary Forums 3, mit Live-DJ-Sets, ausgesucht vom Berliner Composer-Performer Nicholas Bussmann.
Zwei Fixsterne am Berliner Pop-Musikfirmament: Gudrun Gut im Westen, Ronald Lippok im Osten. Die Kartons mit den Mixtapes, die sie in Zeiten des Eisernen Vorhangs aus dem gemeinsamen Radiohimmel aufgenommen haben, werden gesichtet. |
Freitag 30. Mai 2014
14:00
Tōhoku Trilogy – The Sound of the Waves
Hamaguchi Ryusuke, Ayako Saito, Sakai Ko, Eduardo Thomas und Koyo Yamashita
Film und Gespräch |
14:00 Eintritt frei
Der Lauf der Dinge – Der Lauf der Zeit (I+II)
Stefanie Schlüter mit Peter Fischli und Ben Russell, Ingo Niermann und Alexa Karolinski
Films and talks for children (5+)
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16:00
Indigenous Activism in the Americas:
Andrea Tonacci's film archive (Session 1)
Maria Thereza Alves, Jimmie Durham, Ampam Karakras und Richard Hill Screening und Gespräch |
18:00
Indigenous Activism in the Americas:
Andrea Tonacci's film archive (Session 2)
Maria Thereza Alves, Jimmie Durham, Ampam Karakras und Richard HillScreening und Gespräch |
18:00
Doppelgänger
Basma Alsharif
Screening und Gespräch |
Weitere Veranstaltungen auf www.hkw.de und im Programmflyer 
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