«Ein Glas ist schnell zerbrochen»

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«Ein Glas ist schnell zerbrochen»

Von Peter Achten, 03.10.2018

Der sino-amerikanische Handelskrieg hat seit Anfang Oktober eine neue Qualität. Wie lange wird er dauern? Wer profitiert? Wer verliert?

Nur drei Monate vor dem 40. Jahrestag des Beginns der chinesischen Wirtschaftsreform hat US-Präsident Trump die Schraube im Handelskrieg nochmals angezogen. Weitere chinesische Güter im Wert von 200 Milliarden Dollar werden mit Strafzöllen belegt. Peking konterte alsogleich mit Strafzöllen auf amerikanische Importwaren im Werte von 60 Milliarden Dollar. Trump drohte zusätzlich, die verbleibenden chinesischen Waren im Werte von 260 Milliarden Dollar bald mit Strafzöllen zu belegen, falls China nicht einlenke.

Was Lehrbuch-Klassiker sagen

Der Handelskrieg zwischen der weltweit grössten und zweitgrössten Volkswirtschaft wird Folgen haben, die allerdings schwer abzuschätzen sind. Zu Beginn der Industriellen Revolution vor über zweihundert Jahren haben die Ökonomen Adam Smith und David Ricardo den freien Handel als Quelle des allgemeinen Wohlstandes beschrieben.

Weniger Handel bedeutet so nach dem Lehrbuch etwa geringeres Produktivitätswachstum, weniger Wirtschaftsaktivitäten, verzerrte Preise, mehr Ineffizienz, geringere Nachfrage und Abnahme der Investitionen.

China verliert

Rein rechnerisch wird China beim Handelskrieg mit Amerika mehr leiden. So hat das Reich der Mitte im vergangenen Jahr Waren im Werte von 500 Milliarden Dollar nach Amerika exportiert, während die USA nur Waren im Werte von 130 Milliarden Dollar nach China sandte. Oder anders herum: Chinas Exporte nach den USA machten 19 Prozent aller chinesischen Exporte aus. Die amerikanischen Exporte nach China dagegen beliefen sich lediglich auf 8 Prozent.

Obwohl China seit wenigen Jahren daran ist, sein Entwicklungsmodell zu verändern, weg von der Werkhalle der Welt hin zur nächsten Stufe der Wertschöpfung und hin zu Dienstleistungen und zu Konsum, spielt der Handel mit 20 Prozent des Brutto-Inlandprodukts noch immer eine überragende Rolle.

Gift

Es wird viele Verlierer geben, nicht zuletzt die Weltwirtschaft mit einem möglicherweise geringeren Wachstum. Die Unsicherheiten sind Gift für Neuinvestitionen. Doch China wird wegen der nach wie vor bestehenden Handelsabhängigkeit wohl mehr unter dem Konflikt leiden als Amerika.

Doch auch in den USA gibt es Verlierer, zumal im Agrarsketor mit den Soya- und Weizenbauern im Mittleren Westen. Sie müssen jetzt neue Märkte suchen. Das allerdings wird schwierig, weil wegen des sino-amerikanischen Handelsdisputs die gut eingespielten und funktionierenden globalen Lieferketten zum Teil unterbrochen sind und restrukturiert werden müssen. Firmen weltweit und besonders in China werden gezwungen, zu diversifizieren und die Produktion zu verlagern, zum Beispiel von China nach Vietnam, Kambodscha, Indonesien, Bangla Desh, Pakistan oder Mexiko. Nicht aber in die USA.

Chinesische Firmen wiederum, die bislang abhängig von amerikanischer IT-Technologie waren, werden sich nach neuen, billigeren Lieferanten umsehen. Mit andern Worten, es wird ein neuer asiatischer Handelsblock entstehen mit China und Indien im Mittelpunkt.

Pragmatisches Entwicklungsmodell

China wird sich unter Druck der Situation wie so oft pragmatisch anpassen und wohl die ins Stocken geratenen Wirtschaftsreformen neu lancieren. Rechtzeitig zum 40. Jahrestag des Beginns der Wirtschaftsreform nach den sowjetische geprägten Anfangsjahren (1949-58), dem Grossen Sprung nach Vorn (1958-61) mit der katastrophalen Hungersnot  und den Jahren des Chaos unter der von Mao entfachten Grossen Proletarischen Kulturrevolution (1966-76).

Anfangs Dezember 1978 nämlich hat der grosse Revolutionär und Reformer Deng Xiaoping, damals für China und die Welt völlig überraschend, die Wirtschaftsreform mit einem pragmatischen Entwicklungsmodell ermöglicht. Es wurde zum erfolgreichsten Modell in der Geschichte der Menschheit.

Über den Handelskrieg hinaus

Hinter dem Handelskrieg freilich verbergen sich grössere, weitreichendere Konflikte. Nach US-Präsident Trump geht es derzeit nicht nur um den bilateralen Handel, sondern auch um Investitions-, Technologieaustausch und mehr: «China versucht, die amerikanische Wirtschaft zu unterminieren, sowie unsere Interessen und unsere Werte anzugreifen.»

Chinas Staatsmedien wiederum unterstellen Trump seit einigen Monaten, wohl nicht ganz zu Unrecht, eine versteckte Agenda: Ziel der amerikanischen Handels- und Investitions-Restriktionen sei es, Chinas Fortschritt zu hemmen und Chinas globale Rolle zu verhindern.

Wendepunkt

Chinas Aussenminister Wang Yi brachte es Ende September an der Uno-Vollversammlung in New York auf den Punkt: «Ein Glas ist schnell zerbrohen, aber schwierig zu reparieren.» Die bilateralen Beziehungen mit den USA, so Wang, stünden an einem Wendepunkt. Washington müsse wählen, ob Peking ein Partner oder Rivale sei.

An einem Empfang zum chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober in Washington sagte Chinas Botschafter Cui Tiankai, die USA und China stünden vor einer «historischen Wahl»: «China hat seine Wahl bereits getroffen. Wir bekennen uns zu den Prinzipien `kein Konflikt`, `keine Konfrontation`, `gegenseitiger Respekt` und `Win-Win-Zusammenarbeit` mit den USA.»

Pax Americana – Pax Sinica

Präsident Donald Trump wird – um nicht nur als schlitzohriger Deal-Maker sondern auch als verantwortungsvoller Politiker in die Geschichte einzugehen – die seit dem Zweiten Weltkrieg herrschende Pax Americana den neuen historischen Umständen einer wieder auflebenden Pax Sinica anpassen müssen. Ansonsten könnte der sino-amerikanische Handelskrieg noch zwanzig Jahre andauern, wie Jack Ma Yun, der Vorsitzende der mächtigen Alibaba Group Holding, voraussagt. Mit nicht vorhersehbaren Folgen für Amerika, China und die Welt.

Warme Kriege oder kalte Kriege mit wirtschaftlichem Druck mit Sanktionen und mit hohen Einfuhrzöllen.

Angriffskriege sind verpönt aber ein Verteidigungskrieg ist erlaubt. Staaten wollen und dürfen sich erhalten und verteidigen, haben aber immer wieder auch außenpolitische Ambitionen. Um sich nach außen durchzusetzen, erscheint es argumentativ vorteilhaft, sich nur verteidigen zu wollen und als Angegriffener dazustehen. Auch wenn man den Krieg haben und gewinnen will, darf man ihn nicht „machen“, ihn sichtbar anfangen oder als Kriegstreiber erscheinen.

In den meisten Fällen lässt sich darüber streiten, wer eigentlich der Angreifer und wer der Verteidiger ist. Die laufenden Interaktionen der Beteiligten verwischen ein klares Bild.

Im kalten Krieg greifen die Mächte zu anderen Mitteln: Stellvertreterkriege, Rüstungswettlauf, ökonomischer Druck, Unterstützung der ihnen jeweils nahestehenden Parteien, Propagandaschlachten, Desinformation, Subversion, Inszenierung von Putschen, Geheimdienstoperationen etc., um den Gegner zu ermatten und zu erschöpfen. Der Osten wie der Westen wechselten zwischen Offensiven und Defensiven, bis der sowjetische Osten durch eine reine Ermattungsstrategie des Westens zusammenbrach, wobei die unkoordinierte Politik Gorbatschows aus Glasnost und Perestroika in die sowjetische „Katastroika“ mündete.

Es lohnt sich immer, den Reden von Donald Trump sehr genau zuzuhören. Es reicht nicht aus, sich mit den von den Qualitätsmedien maliziös ausgewählten Versatzstücken zu begnügen. Über den Rest der Rede und deren sensationelle Inhalte wird von den Qualitätsmedien der Mantel des Schweigens gedeckt. So war die Rede Trumps vor der UN keine Sensation für diejenigen, die schon seiner Antrittsrede als Präsident genau zugehört haben.

Angesichts der Tatsache, dass die USA während der letzten 70 Jahre Hunderte Kriege angefangen und zahllose Nationen zerstört haben, mit dem angeblichen Ziel, die ganze Welt zu demokratisieren, muss Trumps UNO-Rede als radikale Kehrtwende der amerikanischen Außenpolitik gewertet werden. Wie anders ist folgende Passage daraus zu verstehen:

„Wir setzen uns für Amerika und das amerikanische Volk ein. Und wir setzen uns auch für die Welt ein. Das ist eine großartige Nachricht für unsere Bürger und für friedliebende Menschen überall. Wir glauben, dass Nationen, die die Rechte ihrer Nachbarn respektieren und die Interessen ihres Volkes verteidigen, besser zusammenarbeiten können, um den Segnungen von Sicherheit, Wohlstand und Frieden zu begegnen.

Jeder von uns hier ist heute der Abgesandte einer eigenständigen Kultur, einer reichen Geschichte und eines Volkes, das durch Bindungen von Erinnerung, Tradition und Werten verbunden ist, die unsere Heimat wie nirgendwo sonst auf der Welt ausmachen. Deshalb wird Amerika immer die Unabhängigkeit und Zusammenarbeit über die globale Regierungsführung, Kontrolle und Herrschaft stellen.

Ich ehre das Recht jeder Nation in diesem Raum, ihre eigenen Bräuche, Überzeugungen und Traditionen zu verfolgen. Die Vereinigten Staaten werden Ihnen nicht sagen, wie Sie leben oder arbeiten oder anbeten sollen. Wir bitten Sie nur, unsere Souveränität im Gegenzug zu respektieren.“

Jeder weiß, dass der immer weiter verbreitete „Antiamerikanismus“ seine Ursache vor allem darin hat, dass die USA mit Betrug und Lügen begründete Vernichtungsaktionen gegen alle Staaten führen, die sich nicht bedingungslos unterwerfen. Die Absage Trumps an diese Politik vor der UN müsste eigentlich höchste Zustimmung bei den „Transatlantikern“ finden, denn sie ist geeignet, Ressentiments gegenüber den USA abzubauen. Dass auch die Transatlantiker in den Medien diese Passage ignorieren zeigt, dass sie gar keine Freunde Amerikas sind, sondern Vasallen des Militärisch-Industriellen-Komplex´. Und vor allem darf es auf keinen Fall sein, dem verhassten Donald Trump in irgendeiner Weise zuzustimmen oder gar zu applaudieren.

Der chino-amerikanische Handelskrieg hat seit Anfang Oktober eine neue Qualität. Wie lange wird er dauern? Wer profitiert? Wer verliert?

Alle Länder dieser Welt sollten sich endlich zusammentun und eine einheitliche Front gegen diese kriegerische und epresserische Nation bilden. Die USA erpressen andere Staaten mit endlosen Sanktionen und jetzt noch mit sinnlos hohen Zöllen, destabilisieren und besetzen ölreiche, gasreiche und strategisch wichtige Länder. Das böse muß gestoppt und bekämpft werden bevor es die ganze Welt beherrscht.

Absolut richtig, die USA sollten von der Völkergemeinschaft sanktioniert und bekämpft werden, indem man z.B. den USD nicht mehr als eine Weltwährung für Welthandel verwendet.

Volle Zustimmung.

Die US-Politiker und auch andere westliche Politiker reden über Menschenrechte und über Demokratie, dabei denken sie nur an fremde Öl- und Gas-Lagerstätten, die sie gerne ausbeuten möchten, am besten kostenlos.

Wenn es die westlichen Politiker mit den Menschenrechten und mit der Demokratie ernst meinen, dann müßten sie zuerst Saudi-Arabien bombardieren, aber das geht wohl nicht, weil sie damit den größten Käufer der US-Staatsanleihen und der US-Waffen verlieren würden.

Tiefenökologische Freiwirtschaft mit umlaufgesicherter Schwundwährung nach Silvio Gesell (Wunder von Wörgl), Margrith Kennedy, Berhard Lietaer und Bern Senf, mit Produktions- und Wertschöpfungsketten in eigenen regionalen, gesicherten und geschützten Kreisläufen nach Prinzipien der genossenschaftlich verwalteten Allmenden Allgemeingüter aller Ressourcen (z. B. wie CH-Alpgenossenschaften) und was der privatisierten, globalisierten Kapital-Wirtschaft überlegen und durch die Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom auch in Labors bewiesen wurde, ist sowieso besser und muss global als neues Ökonomen Lehrbuch angewandt werden. Es kann und darf doch einfach nicht sein, dass als Beispiel die 50 % der Bevölkerung in Marokko, die voraussichtlich lebenslänglich arbeitslos bleiben werden, ihren täglichen Tee aus billigen Kannen und Tassen "Made in China" trinken, dabei auf Alu-Stühlen "Made in China" sitzen, ihre spärlichen Kleider auch alle in Billigst-Asien gemacht wurden, aber sie selber weder eine Tasse, noch eine Kanne, weder einen Stuhl noch ein Hemd oder eine Hose anzufertigen wissen und es auch nie werden, aber arm bleiben. (Und einer einzigen Familie gehört 30 % von allem verwertbaren Land.) Das sind doch Verbrechen an der gesamten Menschheit!

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