Einkaufstourismus
Einkaufstourismus ist schlimmer als Sextourimus. Jedenfalls in den Augen unserer Grossverteiler und Detaillisten. Wer jenseits der Grenzen einkauft, schmälert hier die Umsätze. Dennoch gehört „Einkaufstourismus" nicht in den Schimpfwort-Katalog. Es ist gedankenlos. Auch scheinheilig, weil die Forderung nach Konsum-Patriotismus den Protektionismus meint.
Gemäss Definition der EU reisen Touristen „zu Orten ausserhalb ihrer gewohnten Umgebung“ und halten „sich dort höchstens ein Jahr lang zu Urlaubs-, geschäftlichen oder anderen Zwecken auf“. Das schliesst Shopping ein. Vom Tourismus lebt auch die Schweiz. Er funktioniert, so lange es Krämerseelen nicht verbieten können, grenzüberschreitend.
Die Scharfmacher gegen den Einkaufstourismus übersehen die Wechselwirkungen. Und übersehen den Widerspruch, selber günstig im Ausland Waren und Dienstleistungen zu erwerben und andere für den gleichen Entscheid zu beschimpfen.
Mit der Wahl von „Einkaufstourismus“ als Schmähung geraten auch „Einkaufen“ und „Tourismus“ je für sich in einen anrüchigen Zusammenhang. Den Grossverteilern und Detaillisten in einem Ferienland gelang mit Schweizer-Präzision der Schuss ins eigene Ofenrohr.
alt premier thatcher erklärte dannzumal dem volk, dass es über die wirtschaftliche lage in england nicht lamentieren soll, solange auf der strasse nicht mehrheitlich englische fahrzeuge zu sehen seien.
der unterschied zur jetzigen lage in der schweiz im vergleich zur dannzumaligen wirtschaftskrise in england ist doch, dass es uns sehr sehr gut geht. also was solls. so lange keine krise in sicht ist, wird sich das volk im einkaufsverhalten nicht ändern, derweil die lamentierer munter gewinne schäffeln.
letztlich fragt sich nur, ob das schweizer volk in krisenzeiten auch das einheimische produkt kauft, auch wenns weh tut.