Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gibt sich zum Jahresausklang noch einmal bissig. Die FDP-Politikerin verärgert den Koalitionspartner CDU, weil sie die von der Europäischen Union abgesegnete EU-Richtline zur Datenspeicherung nicht umsetzen will und nur nach konkretem Verdacht Daten speichern will. Die aktuell von der EU geplante Lösung sei „vollkommen indiskutabel“ zitiert die Süddeutsche Zeitung die Ministerin. Es sei deutlich grundrechtsschonender, nur bei konkretem Verdacht Daten zu erheben und zu speichern.
Für Internet-Provider und Diensteanbieter würde die langfristige Speicherung hohe Kosten verursachen und die Unternehmen in rechtliche Schwierigkeiten bringen. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor knapp zwei Jahren die Praxis der unbeschränkten Datenspeicherung für nicht rechtens erklärt – ein Schritt der innerhalb der IT- und TK-Branche für allgemeines Aufatmen gesorgt hatte.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU) warf der FDP-Politikerin vor, auf Zeit zu spielen und erklärte, die Bundesregierung spiele mit der Gefahr, Strafzahlungen leisten zu müssen, wenn die EU-Richtlinie nicht umgesetzt werde. Auch der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält die Angst von Politikern und Bürgern für unbegründet. Es gehe lediglich um Daten, die früher wie selbstverständlich von Telekom oder Post zur Rechnungslegung erhoben worden seien, so der Politiker in einem Radiointerview. Archiviert würden bloß Telefonnummern und Anrufzeiten für spätere Ermittlungen, keine Gesprächsinhalte. Doch der Minister irrt: Die EU-Vorgabe sieht auch die Speicherung von Serverdaten vor – es wäre also sehr wohl machbar, zu rekonstruieren, welche Inhalte sich ein Nutzer angesehen hat, mit wem er in E-Mail-Kontakt stand oder mit wem er per Chat kommuniziert hat.
Beifall bekam die Ministerin daher von der Piratenpartei. Der Stellvertretende Vorsitzende Bernd Schlömer begrüßte den Vorstoß der Ministerin und erklärte, dass das blinde Datensammeln nachgewiesenermaßen nicht zu einem größeren Fahndungserfolg führe. Doch die Zeit wird knapp: Die EU-Kommission hat Deutschland bereits mehrfach zur Umsetzung der Richtlinie gemahnt und droht nun mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Dieser Blogeintrag wurde verfasst von:
Tobias
Weidemann