„I can hear clearly now“Lauschrausch: Jimi Berlin „Komm wir nehmen Drogen“ (2007) So klingt der Drogenkonsum am Anfang des neuen Jahrhunderts, am Ende einer langen Zeit, in der die Rauschmittel das Leben mit Pathos, Aura und Dramatik ausgeleuchtet und verdunkelt haben. Komm wir nehmen Drogen folgt noch einmal dem „Turn on, tune in, drop out“, das einst Timothy Leary zusammen mit tausenden von LSD-Trips ausgegeben hat: Gut draufkommen, sich an andere Sphären koppeln und damit dann rausfallen aus der Welt, in der man sonst dahinvegetiert. Einsteigen, rausfahren, draußen auf der Umlaufbahn schweben, ohne wieder runterzukommen. Was die Hippies in den Sixties dazu gebracht hat, im bemalten Bus durch den Westen zu fahren, erscheint in diesem Song - eingelegt in den musikalisch entspannten Flow vom Easy-Go - noch einmal als gemeinsame Fahrt ins ländliche Idyll: Komm wir nehmen Drogen/ und fahren raus aufs Land./ Das wird sicher sehr entspannt./ Ich werd mich um dich kümmern./ Und du findest mich galant./ Ich hab sogar den Nadelstreifenanzug für dich an. Dieser Nadelstreifen ist allerdings nur noch ein Zitat: Eine ferne Erinnerung an die Zeit, in der sich die Gegenkultur solche Kleidungsstücke des bürgerlichen Establishment ironisch angeeignet hat, um es symbolisch zu entmachten. Genauso fern erscheint bei Jimi Berlin das weite Land als Idylle der Aussteiger: Wenn hier die Grillen zirpen, die Landfrauen singen und die Blumen so schön bunt sind, dann ist das, was einmal die Utopie der berauschten Gegenkultur war, nur noch Pappkulisse. Das Komm wir nehmen Drogen am Anfang des neuen Jahrhunderts nimmt das alles nicht mehr ernst. Die Drogen sind keine Glücksbringer mehr. Sie erzählen aber auch nicht mehr die großen mythischen Geschichten von Elend, Sucht und Tod. Der Trip läuft nicht als Drama ab. Es ist so, wie manch einer das von einer alten, großen Liebe kennt, mit der man immer noch die alten Spiele spielt, um sie irgendwie am Leben zu halten: Längst ist man durch alle Höhen und Tiefen gerauscht und kennt sich so gut, dass man sich nicht mehr wirklich überraschen kann. So klingt der Drogenkonsum am Anfang des neuen Jahrhunderts, am Ende einer langen Zeit, in der die Rauschmittel das Leben mit Pathos, Aura und Dramatik ausgeleuchtet und verdunkelt haben. Sie wirken zwar immer noch. Aber man sollte vielleicht mal wieder etwas ganz anderes nehmen, um wirklich mal wieder in eine Umlaufbahn zu kommen, in der sich noch einmal für immer schweben lässt. Copyright © Stephan Porombka – Jun 15, 2008 |
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