Seite 1 2 Schreibstoff: KokainLit stellt vor: Die wichtigsten Drogen im Literaturbetrieb Kokain funktioniert wie der ideale Lektor. Es lässt Sie machen (viel!) und sagt Ihnen ständig, dass alles wunderbar läuft. Der klassische Anfängerfehler daher: Koksen, ohne Talent zu haben. Begabungslose greifen erst einmal zu mittelstarken Halluzinogenen. Haben Sie dagegen langjährigen LSD-Konsum oder literarische Visionen vorzuweisen, ist das weiße Pulver die ideale Droge für Sie. Als angehender, oder schlimmer: ambitionierter Autor, reicht Ihr Budget wohl nicht einmal für eine Roman-kompatible Menge Filterzigaretten. Gut, dass Koks in den letzten Jahren vom High-Society-Kick zum Proletenknaller verkommen ist. In der EU kostet das Gramm ca. 60 Euro (eine lohnende Re-Investition des Vorschusses von Ihrem Kleinverlag). Je südlicher Sie kaufen, desto billiger wird es, aber ab Moskau bekommen Sie nur noch Backpulver mit Schuss. Haben Sie ausreichend Stoff, will der Konsum zelebriert sein. Zur Grundausstattung gehören einige unfertige Manuskripte sowie ausreichend Schreibmaterial (keine Tastaturen! Die Krümel halten sich darin ähnlich standhaft wie Weinflecken auf der Lieblingshose). Von Taschenspiegeln schnupfen nur noch pensionierte Hamburger Amtsrichter: Ihre Lines legen Sie auf Taschenbüchern, vorzugsweise mit glattem Cover. Auch durch den Geldschein ziehen ist verpönt – der echte Literat rollt sich die Seiten lieb gewonnener Meisterwerke. Haben Sie Ihren Buchbestand für die letzte Book-on-demand-Produktion verhökert, tun es auch Bibliotheksexemplare. Eine Seite von Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ dämpft effektiv Nebenwirkungen wie Herzrasen oder Schweißhände, und ihr Fehlen wird nach durchschnittlich dreizehn Jahren bemerkt (da sind Sie bereits Creative-Writing-Dozent in Berkeley). Vorsicht nur bei Flohmarktbüchern: Die anhaftenden Heroin-Partikel überdrehen die Phantasie und schmälern den Wortschatz (ein Effekt, den Sie auch kalkulieren können – ideal für Abenteuerromane!). Seite 1 2 Copyright © Tilman Strasser – Apr 15, 2008 |
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