Junger Mann aus gutem Haus sucht Sicherheit in Ehe und Beruf

Die Briefe Max Webers aus den Jahren 1887 bis 1894 liegen erstmals in vorbildlicher und vollständiger Bearbeitung vor

Von Dirk KaeslerRSS-Newsfeed neuer Artikel von Dirk Kaesler

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Für die laufende Berichterstattung an dieser Stelle (zuletzt in literaturkritik.de 3/2017) über die Max Weber-Gesamtausgabe (MWG) kann die Publikation eines weiteren Briefbandes annonciert werden: Es handelt sich um die Briefe des Referendars, Doktoranden, Habilitanden, außerordentlichen Professors an der Berliner Universität und frisch ernannten Ordinarius in Freiburg im Breisgau. Zugleich sind es Briefe des Verlobten und jungen Ehemannes Max Weber. Die jahrzehntelang erwartete Drucklegung dieser Briefe aus den Jahren 1887 bis 1894 eröffnen einer heutigen Leserschaft die sehr persönliche Begegnung mit einem jungen Mann, der auf der Suche nach Sicherheit in emotionaler, finanzieller und beruflicher Hinsicht war.

Das hier versammelte Briefwerk beginnt mit dem Brief des 23jährigen Einjährig-Freiwilligen Offiziersanwärters, der sich im Januar 1887 zu einer 8wöchigen Militärübung beim 2. Niederschlesischen Infanterieregiment Nr. 47 im preußisch besetzten Straßburg meldet und darum bei seiner Tante Emilie Benecke, Schwester seiner Mutter, anfragt, ob er sich bei ihr für ein paar Tage einquartieren darf, bevor er eine eigene Unterkunft in Straßburg gefunden hat. Der letzte Brief datiert vom 14. Dezember 1894, mit dem sich der 30jährige Freiburger Ordinarius für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft der Großherzoglich Badischen Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg für die Zusendung einer Schrift mit dem Titel „Die natürliche Auslese beim Menschen. Auf Grund der Ergebnisse der anthropologischen Untersuchungen der Wehrpflichtigen in Baden und anderen Materialien dargestellt“ (1893) bei deren Autor bedankt. Max Weber war Mitglied eines Preisgerichts der Zeitschrift „Das Land“, die den Verfasser dieser Schrift, den Sozialanthropologen Otto Ammon – bemerkenswerterweise, im Gegensatz zu MWG I/4, nicht im Personenverzeichnis aufgeführt – als Gewinner nominiert hatte. Weber teilte Ammon mit, dass er sich „lebhaft“ für dessen Studien interessiert, sie „mit besonderem Interesse“ lesen werde und beabsichtige, in seinem Seminar darüber referieren zu lassen.




Titelbild

Max Weber: Max Weber-Gesamtausgabe. Band II/2: Briefe 1887–1894.
Herausgegeben von Rita Aldenhoff-Hübinger in Zusammenarbeit mit Thomas Gerhards und Sybille Oßwald-Bargende.
Mohr Siebeck, Tübingen 2017.
683 Seiten, 289,00 EUR.
ISBN-13: 9783161549274

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