Nieder mit Goethe
Hans Magnus Enzensberger setzt unseren Olympier ins rechte Licht
Von Lutz Hagestedt
"Nieder mit Goethe" ist eine Groteske aus historischen Zeugnissen, ist der Versuch, Goethe aus der Perspektive des Weimarer Bürgertums zu beschreiben, dem der Frankfurter Parvénu suspekt gewesen ist. Enzensberger aktiviert in seinem Stück jenen - rezeptionsgeschichtlich gesehen - unterlegenen Strang der Goethebiographik, der der Idealisierung von Leben und Werk entgegengearbeitet hat. Daß Goethe pockennarbig war, dickleibig, stirnglatzig, zahnfäulig und also häßlich, das konnten die unmittelbaren Zeitgenossen wissen, sofern sie es wissen wollten. Bei Enzensberger kommen erstmals jene zu Wort, die nicht an der Verklärung des "Olympiers" mitgearbeitet haben.
Inszeniert ist sein Stück als moderne Talkshow mit einem Talkmaster, der historische Gäste eingeladen hat und Goethes Erstausgaben in die Kamera hält. Diese Kombination von tradiertern, gleichsam reaktivierten Stimmen mit Unterhaltungsmaschinen der Kulturindustrie macht den besonderen Reiz des Stückes aus. - Enzensberger hat eine Satire geschrieben, kenntnisreich respektlos, behende mit dem Material operierend, lehrreich und unterhaltsam zugleich.
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