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Je kürzer eine Textform ist, desto schwieriger ist es, sie zu schreiben.Interview mit Barbara Büchner, geführt von Alisha Bionda am 27. Aug. 2016.Dieses Interview ist Teil der Kolumne:
A.B.: Liebe Barbara, im Juni diesen Jahres sprach ich noch mit Dir über Deinen neuen Krimi Basiliskenmord, der bei Emons erschienen ist. Du bist ja schon immer für Deine Vielseitigkeit bekannt. Sei es, was die Genres angeht, aber auch die Textarten (Kurzgeschichten, Novellen, Romane, Mehrteiler). Nun wurden im Arunya-Verlag zwei Novellen von Dir publiziert. Was für ein Gefühl ist es, wenn man sich als Autor so vielseitig austoben kann? B.B.: Angenehm. Es hält auch künstlerisch fit, weil man sonst zu schnell in ein vorgefahrenes Schema fällt. Und je kürzer eine Textform ist, desto schwieriger ist es, sie zu schreiben. Ich denke da nur an Haikus, bei denen wirklich jede Silbe zählt. Aber auch Kurzgeschichten sind eine Herausforderung. Da muss wirklich jeder Satz auf die Pointe hin zugeschnitten sein und nahtlos passen. Bei einem langen Roman kann man schon ein bisschen rumbrabbeln. Aber nicht zu sehr. A.B.: Welche Textlänge bevorzugst Du? B.B.: Es ist die Idee, die die Länge der Geschichte vorgibt bzw. wenn eine bestimmte Form angefragt ist (he du mir ist da im letzten Moment eine Geschichte ausgefallen kannst du mal schnell was in Richtung dark fantasy machen für eine Anthologie so um die die 20.000 Zeichen) dann brauch ich gar nicht anfangen, mir Buddenbrooks auszudenken. Und wenn mir eine Geschichte einfällt mit einer einzigen guten Pointe, um die sich alles dreht, dann darf die nicht ein halbes Telefonbuch füllen. Das Ärgste in dieser Hinsicht habe ich erlebt mit der TV-Verfilmung von Roald Dahl, der mit The Box eine wirklich verblüffende kleine Geschichte geschrieben hat mit einer Pointe, wie sie fieser nicht sein könnte. Das Fernsehen hat das dann aufgeblasen mit einer sinnlosen Sci-Fi-Hintergrundhandlung, die auch noch die Pointe ellenlang erklärte, wenn man sie eh schon kapiert hat. Und wir alle kennen ja diese viktorianischen Geschichten, in denen es Kapitel lang dahingeht bis endlich ein Geist erscheint oder ein Mord geschieht. Ich habe einmal angefangen Der Geisterseher zu lesen Unmöglich, auch wenn´s von Friedrich Schiller ist. Man versinkt im Treibsand endloser Umschweife und Vorgeschichten und ist längst mumifiziert, bevor es, wenn überhaupt, spannend wird. Ich habe da mit Textlängen ein Kindheitstrauma aus meiner Zeit als Journalistin, denn damals wurde noch in Blei gesetzt, und der Setzer verrechnete jeden überzähligen Buchstaben extra und beschwerte sich sofort in der Redaktion. Da hieß es ja wirklich: Was liegt, das pickt! Nicht so wie heute, wo man beliebig Schrift und Layout mit einem Mausklick ändern kann. Aber das hilft mir jetzt noch, Vorgaben wirklich einzuhalten. A.B.: Was erwartet die Leser in DAS TOTENHAUS VON GREMLINGTON VILLAGE? B.B.: In erster Linie ein ungelöstes Rätsel, an dem die Leser weiterknabbern können, wenn sie mit meinem Lösungsversuch nicht zufrieden sind. Die schauerliche Geschichte ist nämlich in den 1920er Jahren wirklich geschehen, ich habe den Schauplatz nur von Deutschland nach England verlegt und den Personen fiktive Namen gegeben. Mich faszinieren ungelöste Rätsel ungemein, ob es nun Kriminalfälle sind oder true ghost stories oder geheimnisvolles Verschwinden. (Geheimtipp: www.listverse.com, Abteilung Bizarre, das ist eine Fundgrube für Ideen und für endlose Kaminfeuer-Gespräche von der Art: Aber einmal angenommen, es war so, könnte der dann nicht vielleicht ) A.B.: Und was in DR. BELLWINKELS PUPPENHAUS? B.B.: Hmmm da sollte man als Leser schon eine leicht nekrophile Ader haben, um das zu genießen, denn auch diese Geschichte ist wirklich passiert, so unglaublich es einem erscheinen mag aber das Herz des Menschen ist ja, wie die Bibel sagt, unergründlich und zutiefst böse. Aber sie ist zugleich wirklich berührend, denn es ist trotz allem die Geschichte einer großen Liebe. A.B.: Wie kamst Du auf die Idee zu den beiden Novellen? B.B.: Was das Totenhaus von Gremlington Village angeht, so habe ich ein gut recherchiertes Buch darüber gelesen und auch im Fernsehen eine Dokumentation darüber gesehen, in der sich verschiedene Kriminologen die Köpfe zerbrachen und schließlich eine Lösung vorschlugen (so in der Art: Endlich weiß man, wer Jack the Ripper war!). Auf die Lösung bin ich beim echten Fall auch gekommen, es wundert einen eigentlich, dass damals niemand anderer daraufkam, sondern statt des ziemlich offensichtlichen Täters noch Jahrzehnte lang alle möglichen Leute verhaftet wurden, weil irgendeine fadendünne Spur auftauchte. Und das macht die Geschichte eigentlich so heiß: Warum wurde der Mann von allen Seiten gedeckt? Steckte da vielleicht noch viel mehr dahinter als jemals ans Licht kam? Wer weiß schon, was in diesen kleinen, finsteren Dörfern in der Einöde vorgeht? Übrigens soll sich bitte niemand verlocken lassen, sich nach dem Roman den angeblich wahrheitsgetreuen Film Hinter-Kaifeck anzusehen, der ist ein abscheuliches Beispiel dafür, wie man aus einer wirklich guten true story einen mit unnötigen Zutaten überladenen metaphysischen Sch Verzeihung, ich meinte Schund macht. A.B.: Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem Lektorat des TTTs? B.B.: Problemlos. Sind alle ja alte, routinierte Häsinnen! A.B.: Wie gefallen Dir die Cover der Novellen, die Shikomo gezaubert hat? B.B.: Ich bin ja unglaublich verwöhnt, weil schon Mark Freier und der leider inzwischen verstorbene Crossvalley Smith für meine Romane Grafiken schufen, deswegen war ich erst ein bisschen mäkelig Was, ein neuer Grafiker? Na hoffentlich Aber ich muss jetzt sagen, Shikomo spielt in derselben Liga wie die beiden Meister. Das Titelbild vom Totenhaus ist sozusagen kurz und grob: Eine rostige Axt im Hackstock. Passt genau zum Inhalt. Das Puppenhaus hat für mich etwas Japanisches an sich mit seinem zarten, süßen und doch nicht ganz geheuren Geistermädchen. A.B.: Du hast mit Deinen Novellen die neuen Reihen SpookYarn und Kriminal Tango eröffnet. Ist das für Dich als langjährige Berufsautorin mittlerweile Normalität oder nach wie vor etwas Besonderes? B.B.: Jedes Buch ist für mich etwas Besonderes, aber diese beiden gehören zu den Projekten, wo ich sage, die sind wirklich gut, und ich bin eine, die ständig an sich selbst herumraunzt und an der eigenen Arbeit was zu kritisieren findet. Insofern freut es mich, weil ich hoffe, dass sie den Startschuss geben für andere, ebenso gute Beiträge zu den beiden Reihen an Klasse-Autoren herrscht ja z.B. bei der Agentur Ashera kein Mangel. Ich find´s auch schön, dass man erstklassige Bücher als E-Book viel leichter und schneller produzieren kann, weil ja die enorme finanzielle Belastung wegfällt, die es für einen kleinen Verlag zum Hochrisiko macht ein Buch im Druck herauszubringen. So bin ich schon gespannt, was da nachfolgt. Schließlich kommt ja bald die Zeit der Nebeltage und Regen-Abende. A.B.: Woran arbeitest Du derzeit? Was wird als Nächstes von Dir erscheinen? Worauf dürfen sich Deine Leser freuen? B.B.: Als Nächstes erscheinen wird demnächst Sherlock Holmes und der Höllenbischof bei Fabylon, wo der Detektiv seinem alten Erzfeind aus den Die seltsamen Särge wieder begegnet und diesmal macht ihm dieser Teufelsbraten wirklich das Leben schwer! Die Vorankündigungen auf LITERRA und auf der Ashera-Seite sind ja schon heraußen. Und dann bin ich mit zwei Geschichten in der Gedenk-Anthologie für Crossvalley Smith vertreten hätte nie gedacht, dass ich dem Doc einmal Blumen aufs Grab legen muss. Aber ich habe mein Bestes gegegeben, dass sie wenigstens seiner würdig sind. Abgeschlossen habe ich gerade eine einzelne Sherlock Holmes-Geschichte, vielleicht für eine zukünftige Anthologie, in der der Meisterdetektiv engagiert wird, die Unschuld eines als Killerhund verdächtigten Hundes zu beweisen. Die Idee stammt von meinem Julchen, die es satt hat, immer als Kinder fressende Bestie verdächtigt zu werden. A.B.: Wird es weitere Novellen von Dir geben? B.B.: Ich habe gerade eine abgeschlossen, Die Ruinen von Rougemont, die für die Reihe Baker Street Tales (Arunya-Verlag) angedacht ist. Dann mache ich mal Pause mit dem großen Detektiv. Ich habe so das Gefühl, ich brauche eine neue Muse, die mich küsst, besser gesagt einen Muserich. Meistens tauchen die in Filmen und Büchern auf, aber zurzeit ist da nichts, was mich wirklich inspiriert, obwohl ich Unmengen lese ich tappe regelmäßig in die bekannte Kindle-Reader-Falle: Da Ihnen dieses Buch gefallen hat möchten Sie vielleicht auch diese Bücher ansehen Ja, und schon klick ich! Aber zurzeit erscheint mir alles, was da an Helden und Plots auftaucht, irgendwie abgeleiert. Werde mal ein Lockmodul für Musen auslegen. A.B.: Wieder einmal vielen Dank für das ausführliche Beantworten meiner Fragen. Und bis zum nächsten Part des Interviews. B.B.: Ich habe da noch eine Kleinigkeit, die ich vorschlagen möchte. Ich finde in den Anthologien immer wieder Geschichten, die mich besonders ansprechen, zum Beispiel Im Rauch der Meerschaumpfeife von Tanya Carpenter oder diese so raffiniert verwickelte Geschichte von Guido Krain, Die Geisterschlange von Caston Hall. Ich bin sicher, andere Asheras haben auch ihre speziellen Lieblingsstorys. Könnte man da irgendwie eine Seite machen, auf der jeder seine speziellen Trüffel aus dem Ashera-Delikatessenladen serviert erklärt warum diese Geschichte so etwas Besonderes für ihn/sie als Leser hat u.ä.? Anmerkung Alisha Bionda: Das ist zwar eine gute Idee, aber da ich neben fünf Hauptjobs in der Branche (incl Agentur Ashera) auch schon täglich vier Websites und die sozialen Medien zu bepflegen habe, fehlt dafür leider die Zeit. Weitere Interviews mit Barbara Büchner
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