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Zeitreise in die KatastropheObwohl es phantastische Filme und Fernsehserien im Überfluss gibt, ist es manchmal spannend, in die Zeit der Fernsehfilme der Woche aus den USA einzutauchen, die in den siebziger bis neunziger Jahre nur selten für gute Unterhaltung gesorgt haben. Aber immer wenn der unterbudgetierte Durchschnitt durchbrochen worden ist, kamen sehenswerte Streifen heraus. Zeitreise in die Katastrophe oder besser im Original Thrill Seekers gehört ohne Frage zu diesen Streifen. Normal ist es verstörend, wenn ganze Sequenzen aus anderen Filmen entnommen werden, aber in diesem Fall stört es nicht, dass sowohl Turbulence als auch Money Train herhalten mussten, um zwei der zu besuchenden Katastrophen nachzustellen. Der Film ist 1999 von Mario Azzopardi basierend auf einem Drehbuchvon Kurt Inderbitzin und Gary Walch inszeniert worden. Der Streifen beginnt mit dem Journalisten Tom Merrick, der kein Risiko scheut, um spektakuläre Bilder zu erhalten. Er berichtet direkt aus der Flammenhölle eines Großbrandes in einer Fabrik. Anstatt sich mit seinem Team zu retten, will er tiefer in die Anlage vordringen. Dabei lenkt ihn eine fallende glänzende Scheibe ab. Er zögert einen Moment. Dieser rettet ihm das Leben, denn eine Stichflamme verbrennt seine Leute. Tom Merrick- Casper van Dien ist abschließend nicht mehr derselbe. Er lebt von seiner Frau und seinem Sohn getrennt. Er ist unzuverlässig, fast apathisch. Seine Chefredakteurin versucht ihm hinter dem Schreibtisch eine neue Chance zu geben. Er soll eine Artikelserie über die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts schreiben und wird zur Recherche ins Archiv geschickt, in dem die anfänglich schüchterne, aber nicht unattraktive Elizabeth Wintern Catherine Bell- die Stellung hält. Merrick erkennt, dass auf den Fotos zur Hindenburg Katastrophe, einer großen Flutwelle und auf einem dritten Foto immer der gleiche Mann mit einem dunklen Anzug, einem schwarzen Hut und langen, fast wehenden Haaren zu erkennen ist. Obwohl knapp achtzig Jahren zwischen den einzelnen Ereignissen liegen, scheint er nicht gealtert zu sein. Als Merrick für weitere Recherchen per Flugzeug losgeschickt wird, begegnet er dem Mann an Bord der Maschine. Auf dem Weg zur Toilette lässt er seine Tasche liegen. In ihr findet er eine Broschüre der Firma Thrill Seekers angesichts der weiteren Reklametechnik wirkt diese Broschüre aus Papier allerdings wie ein Kompromiss dem Publikum gegenüber und nicht abschließend logisch -, in welcher die verschiedenen großen Katastrophen marktschreierisch behandelt werden. Auch sein Flug befindet sich in dieser Liste. Anscheinend wird das Flugzeug mit einer anderen Maschine zusammenstoßen und mehr als dreihundert Menschen ums Leben kommen. Merrick versucht erst den zurückkommenden Mann zu überwältigen, als das nicht gelingt, versucht er die Crew unter seiner Kontrolle zu bringen. Dabei muss er sich entscheiden, wie er eine Katastrophe verhindern kann, deren Ursache er nicht kennt. Thrill Seekers besticht durch ein erstaunlich durchdachtes Drehbuch. Erst rückblickend werden die einzelnen Veränderungen erkennbar. Aus der Zukunft spricht Martin Sheen als CEO der Firma mit seinen Agenten, von denen Cortez Theresa Saldana mit schwarzen Lederklamotten und einer schwarzen Sonnenbrille allerdings zu sehr an die Matrix Filme erinnert. Jede Veränderung in der Vergangenheit hat mehr oder minder starke Auswirkungen auf die Zukunft, wobei der Punkt der zeitlichen Abweichung erst sehr spät bestimmt wird. Interessant ist, dass die erste Abweichung gleich zu Beginn des Films entstanden ist und der Zuschauer sich fragen muss, ob es wirklich empfehlenswert ist, eine derartige Erfindung nicht nur kommerziell und nicht militärisch zu vermarkten. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob angesichts der Risiken es vertretbar erscheint, dass ein einzelner Reisender zu den Katastrophen ohne Schutz oder Rückendeckung geschickt werden kann. Dazu noch in auffälliger Kleidung und wie ein Pauschaltourist alle Katastrophen stoisch abarbeitend. Spätestens nach dem Ereignis im Flugzeug und dessen unvorsichtigem Verhalten hätte der Mann zurückgeholt werden müssen. Stattdessen reist er zum nächsten Ort der Katastrophe weiter, wobei er bei zwei Szenarien nicht einmal die Auswirkungen aus seiner Position erleben kann. Natürlich ist es ein Adrenalinkick, sich mit aus seiner Sicht lebenden Toten zu umgeben, die wenige Minuten später sterben werden, aber in dem direkten Vergleich zu seinem Aufenthalt direkt an den Katastrophenorten wirkt seine Vorgehensweise ein wenig langweilig. Neben der Tatsache, dass der Tourist durch sein unvorsichtiges Verhalten für die erste Abweichung verantwortlich ist, stellt sich auch die Frage, ob sein weiteres Schicksal nicht der Kausalkette folgend die erste Zeitreise eliminiert. Zumindest haben die Drehbuchautoren wie zum Beispiel der später gedrehte, ebenfalls sehr empfehlenswerte Timescrimes sich mit der Idee einer Kausalkette und dem Schmetterlingseffekt auf die Zukunft auseinandergesetzt. Zwar wirkt Martin Sheen in dem gegen Zeitbeben gesicherten Bunker der Firma eher wie das Opfer eines klassischen Erdbebens und seine Vorgehensweise, den eigentlichen Zeitstrom wiederherzustellen sind in dieser Form kontraproduktiv, aber hinsichtlich des zynischen Epilogs stellen die Drehbuchautoren klar, dass eine Manipulation in der Vergangenheit eine gänzlich andere, oberflächlich verzerrte Zukunft bedeutet. Dabei handelt es sich vor allem um Veränderungen im Kleinen. The Thrill Seekers weist ein durchgehend hohes Tempo auf. Bis zur Entdeckung des falschen Gastes auf den Fotos unterschiedlicher Katastrophen vergehen nicht einmal zehn Minuten. Natürlich leidet unter diesem Tempo die Charakterisierung der einzelnen Protagonisten, aber geschickt definiert der Film seine Protagonisten vor allem über deren Handlungen und weniger über deren Schicksale. Mit dem nächtlichen Flug konzentriert sich der Plot auf eine doppelte Verfolgungsjagd. Merrick hetzt mit dem rudimentären Wissen über zukünftige Katastrophen passend geschehen drei Unglücke an drei aufeinander folgenden Tagen von einem Ort zum Anderen. Nur Elizabeth glaubt ihm. Merrick wird von zwei Fronten verfolgt. Auf der einen Seite versuchen die beiden Zeitagenten Cortez und der intellektuelle Felder Peter Outerbridge Merrick einzufangen, um aus ihrer Sicht die zeitliche Abweichung zu beseitigen. Merrick und die beiden in einer Hommage an Terminator in die Polizeistation eingedrungenen Zeitagenten werden wiederum von der Polizei bzw. dem FBI verfolgt, wobei der unsportliche ältere Agent Baker Lawrence Dane - seinen jungen Kollegen Stanton James Allodi nicht nur Ratschläge erteilen, sondern mehrfach sein Leben retten muss. Wie geschickt auf einer intellektuellen und weniger visuell technischen Ebene das Drehbuch aufgebaut ist, zeigt sich im abschließenden im Grunde fruchtlosen Dialog zwischen Felder und Stanton. Diese doppelten Verfolgungen sind angesichts des überschaubaren Budgets sehr gut inszeniert worden. Neben einigen in der Großstadt spielenden Szenen ist eine Verfolgungsjagd in Autos durch das weite Land immer eine gute Ablenkung. Zwischen diesen verschiedenen Konfrontationen gibt es die angesprochenen großen Katastrophenszenarien. Das Finale findet in einer Eishockeyhalle statt. Es ist vielleicht die aus heutiger Sicht kritisch gesehen schwierigste Szene, da der Regisseur nicht auf vorhandenes Archivmaterial zurückgreifen konnte. Die Szenen in der Totale wirken ein wenig unrealistisch und das Zusammenstürzen einzelner Gebäudeteile inklusiv des unorthodoxen wie effektiven Fluchtwegs ist dramaturgisch gut, aber in der Gesamtoptik nicht schockierend genug dargestellt worden. Auf der anderen Seite ist positiv, dass die abschließende Verkettung von Ursache und Wirkung niemand weiß, ob die Zeitagenten nicht durch ihr Nachhelfen erst diese Katastrophe verursachen und deswegen in der Zukunft sie plakativ wie kommerziell auswerten können auch tatsächlich Menschleben kostet. Nicht so viele wie in der neuen Zeitlinie, da das Drehbuch einen planerischen Knick macht und wie es sich gehört, den gescheiterten Helden eine zweite Chance einräumt, aber auf die Rettung aller Menschen in letzter Sekunde wird zu Gunsten der Glaubwürdigkeit verzichtet. Merrick darf sich nur auf der kleinsten persönlichen Ebene beweisen. Interessant ist auch hier eine Doppelung. Merrick will in der Gegenwart, Cortez für die Zukunft das Leben ihrer jeweiligen Söhne retten, wobei anscheinend der Zweck auch die Mittel heiligt. Merrick kämpft offen, während Cortez nur mit Brutalität auch widerwillig tausende von unschuldigen Menschen opfern will, um in der Theorie eine Zeitlinie wieder herzustellen, in welcher ihr Sohn überleben kann. Felder ist in dieser Hinsicht das moralische schlechte Gewissen, wobei das Drehbuch dabei die Möglichkeit ignoriert, dass es nicht die große Katastrophen sind, welche die stärksten Auswirkungen auf die Zukunft hat, sondern kleine Zufälligkeiten. Eine halbe Stunde vorher ist es genau diese These, auf welcher der Chef aus seinem Bunker seine Vermutungen basiert und zu relativieren sucht. Herausragend sind aber die beiden anderen Katastrophen. Effektiv wird das eingangs erwähnte Filmmaterial in die laufende Handlung eingebaut und erhöht zumindest in der Theorie das Budget dieses interessanten Fernsehthrillers. Natürlich kann mit heutiger Technik der Übergang vom Geborgten zum Original genauer erkannt werden und der Money Train ist vor allem bei Standbildern nicht gänzlich über retouchiert worden, aber das Drehbuch hat die Sequenzen überzeugend eingebaut und verleihen dem Film in diesem wichtigen mittleren Abschnitt zusätzlich zum sich stetig steigernden Tempo eine innere Dramatik, die ihn zusätzlich zum guten Drehbuch aus der Masse herausragen lässt. Auch wenn das Drehbuch die Thematik der Zeitreise und damit möglichen Veränderungen in der Vergangenheit immer nur bedingt und für den Plot notwendig effektiv anreißt, wird mit der Idee der Zeittouristen für das Kino bzw. Fernsehen Neuland betreten, während es in der utopischen Literatur einige Beispiele siehe John Kessels zwei Jahre vorher veröffentlichten Roman Corrupting Dr. Nice gibt. Eventuelle Plot Löcher werden schnell überfahren, so dass der Zuschauer auf der hintergrundtechnischen Ebene ausgesprochen kurzweilig unterhalten wird. Die schauspielerischen Leistungen sind eher durchschnittlich. Es ist schwer, wirklich mit den Protagonisten in der vorliegenden Form mitzuleiden. Casper Van Dien als Dreh- und Angelpunkt der Handlung Tom Merrick hat es nicht leicht. Auf der einen Seite soll er ein Actionheld sein, der sich förmlich auch durch die Rettung seines Sohns aus seinem Loch herausarbeitet, auf der anderen Seite wird er durch das schlechte Verhältnis zu seiner erste Frau - inzwischen mit einem wahren amerikanischen Strahlemann liiert - immer wieder in ein emotionales Loch geworfen, das seine Beziehung zu seinem Sohn belastet. Vor allem in den ruhigen Passagen auch hinsichtlich der neuen, fast perfekten Beziehung zu Elizabegth Wintern kann Van Diens zu hölzerne Mimik nicht unbedingt überzeugen. In den dynamischen Szenen agiert er allerdings zielstrebig und kann seine vor allem körperliche Präsenz zeigen. Insgesamt eine durchschnittliche Leistung in einer im Gegensatz zum Plot eher ambivalent geschriebenen Rolle. Catherine Bell als zukünftige bondenständige Freundin, die aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft in die Situation gerissen wird, hat nur wenige Szenen, in denen sie allerdings als Allrounder glänzen kann. Handschellen aufbohren, Fluchtautos fahren, Botschaften überbringen und dann auch noch aus vermögendem Hause stammend. Was will geschiedener Mann eigentlich mehrß Das am Ende die Liebe siegt, wird schnell klar und in einem direkten Vergleich zum fast unterkühlten, humorlosen Van Dien darf sie auch einige Sprüche loslassen. Auf der Seite der Schurken wirkt Teresa Saldana mit der angesprochen "Matrix" Verkleidung ein wenig zu borniert. Natürlich will sie ihren Sohn um jeden Preis retten, auch wenn es selbst durch die Opferung von mehr als elftausend aus ihrer Sicht lebenden Toten keine Garantie gibt, dass die Schäden an der Zeitlinie repariert werden können. Sie ist athletisch und in den Kampfszenen steht sie mehr als ihren Mann. Der Konflikt mit ihrem Kollegen Felder beschränkt sich auf wenige Dialoge. Hier hätte mehr Spannung eingefügt werden können. Peter Outerbridge spielt den ehemaligen Wissenschaftler und inzwischen von Grifasi angeheuerten Mann ohne echte "Heimat" sehr stoisch. Nur selten zeigen sich seine Emotionen, er ist aber auch der kühl kalkulierende Kopf der Beiden, der immer wieder Cortez einzubremsen sucht. Martin Sheen telephoniert buchstäblich seine Rolle rein. Im Bunker nur über ein Tablett zu erreichen, von statischen Störungen überlagert ist es für ihn schwer, als Persönlichkeit zu erscheinen. Aber zumindest sieht der Zuschauer an einigen Stellen Sheens fast typischen Irrsinn aufblitzenden, wenn er eine außer Kontrolle geratene Situation zu relativieren sucht. Alle anderen Rollen sind mit amerikanischen Fernsehschauspielern solide besetzt. Die beiden Drehbuchautoren haben Wert darauf gelegt, zumindest die wiederkehrenden Personen individuell zu gestalten, wobei der seltsam aussehende Zeitreisende ein wenig zu kurz kommt und nur als Präsenz nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Zusammengefasst ist "Zeitreise in die Katastrophe" positiv wie negativ mit den Einschränkungen eines amerikanischen Fernsehfilms auch heute noch gut anzuschauen, da das Drehbuch ausgesprochen clever konzipiert worden ist und sich die Autoren über weite Strecken tatsächlich mit dem Thema Aktion und Reaktion von Zeitreisen auseinandersetzen. ![]() CINE TRASH & TREASURY
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