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Marterpfahl
Es sollte nur eine Mutprobe sein, doch am Ende stand der Tod.
Die Kids Roland, David, Thomas und Sonja sind Freunde, jedoch auf der Schwelle zum Teenager-Alter. Liebe, aber auch Hass erwachen in ihnen und die Unschuld der Kindheit weicht allmählich dem Erwachsensein. Als der nicht gerade schlanke Marc zu ihnen stößt, um sich ihrer Clique anzuschließen, fordern sie zu einer Mutprobe heraus schließlich muss er sich ihrer würdig erweisen. So binden sie ihn in einem Stollen an einen selbst gebastelten Marterpfahl an, wo er zwei Stunden in der Dunkelheit ausharren muss. Etwas, dass Marc als Außenseiter mit Chance auf Anerkennung bereitwillig über sich ergehen lässt.
Doch das Schicksal meint es nicht gut mit dem Jungen. Ein Unwetter bricht über der Region herein, die vier Freunde fahren nach Hause und Marc bleibt zurück in der Tiefe, angebunden an den Pfahl. Als der Stollen von Schlammmassen zugeschüttet wird, besiegelt dies sein Schicksal.
Zwar sorgt das Verschwinden des Jungen für Aufsehen, doch gefunden wird er nicht. Und auch die vier Freunde haken in ihrer Naivität die Sache als Unfall ab, schließlich wollten sie nicht, dass dies geschieht.
Doch das Unterbewusstsein lässt sich nicht täuschen, und die Schuld lässt sie nicht ruhen. Auch nach Jahren lässt Marcs Tod Sonja nicht los. Sie beschließt, noch einmal an den Ort zurückzukehren, an dem sich das Unglück ereignete, um Marc auszugraben. Doch sie schafft es nicht mehr, denn sie stirbt bei einem Unfall.
Ihre Freunde Roland, David und Thomas, die inzwischen auf ganz unterschiedliche Weise ihr Leben leben, beschließen daraufhin, Sonjas Wunsch in die Tat umzusetzen. Sie kehren zurück an den Ort ihrer Kindheit. Aber dort erwarten sie nicht nur Erinnerungen, sondern auch mysteriöse Ereignisse. Nicht immer ist tot, was tot sein sollte ...
Manchmal kommen sie wieder ... wäre man geneigt, bei diesem Roman zu sagen. Oder auch nothing new, under the sun. Beides würde auf das Thema zutreffen, das sich Stefan Melneczuk für seinen Debüt-Roman ausgesucht hat. Der untote Geist eines unschuldig getöteten, der nun auf Rache sinnt, ist wahrlich kein unverbrauchtes Thema.
Kann ein Werk nicht mit Innovation punkten, ist die Umsetzung umso wichtiger. Letztlich war alles auf die eine oder andere Art und Weise schon einmal da. Und hier muss man den Autor loben, denn für einen Erstling ist dieser Roman gelungen. Die Spannung und die Atmosphäre werden geschickt aufgebaut, die Charaktere sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter glaubwürdig beschrieben und der Lokalkolorit verleiht der Story etwas nahezu intimes; kein Wunder, lässt der Autor doch die Story in seiner Geburtsstadt spielen. Selbst die zahlreich vorkommenden Dialoge sind meist natürlich und nicht aufgesetzt.
Ebenfalls zur Atmosphäre tragen die diversen Bezüge zu den 1980er Jahren bei, die jenen, die damals erwachsen wurden, nostalgische Gefühle einzuimpfen vermögen.
Natürlich kann man nicht erwarten, einen perfekten Roman in Händen zu halten. Neben dem bekannten, oft verwendeten Plot weist die Story ein paar Längen auf. Diese fallen jedoch nicht so stark ins Gewicht, als dass sie den guten Gesamteindruck schmälern würden. Zumal es sich bei Marterpfahl Sommer der Indianer um eine eher sanfte Geistergeschichte handelt, um Mystery und nicht um harten Horror. Solche Geschichten weisen ohnehin meist ein langsameres Tempo auf, als etwa ein blutiger Horror-Reißer.
Die Verarbeitung des Buches ist gut, das Cover ein wenig gewöhnungsbedürftig. Der für einen Kleinverlag typische Preis ist angemessen.
Fazit: Wer atmosphärische Mystery mag, ist bei diesem Roman gut aufgehoben. Ein gelungenes Erstlingswerk, das sich nicht zu verstecken braucht. Wer hingegen schnelle, harte Horror-Action sucht, ist bei Marterpfahl Sommer der Indianer falsch.
28. Jan. 2008 - Gunter Arentzen
Der Rezensent
Gunter Arentzen

Website: http://www.g-arentzen.de/
Total: 66 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
Gunter Arentzen wurde am 12.10.1972 in der Edelstein-Stadt Idar-Oberstein geboren und wuchs u.a. in einem Hotel auf, das seinem Stiefvater gehörte.
Mit Horror und Mystery kam er das erste Mal in Kontakt, als ihm durch Zufall ein Larry-Brent-Roman in die Finger fiel. In der Folgezeit kaufte er regelmäßig Gros...
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