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Der Dämonenschwarm des Tausendfältigen
Mit dem inzwischen siebenten neuen „Macabros“ Abenteuer verknüpft Christian Montillon Dan Shockers ursprüngliches Universum dank zahlreicher Fussnoten noch enger mit seiner bislang gelungenen - und deutlich konzentrierter als einige andere Serienbeiträge Montillons niedergeschrieben - Neuinterpretation. Immer wieder finden sich Querverweise – dabei reicht das Spektrum von Hintergründen über Anspielungen bis zu bekannten Charakteren, die sich Björn Hellmark letzt endlich erfolglos in den Weg stellen – auf die immer noch sehr beliebte Heftromanserie. Zusätzlich hat Montillon anscheinend einige kürzere Absätze aus „Spinnenritter greifen an“ für seinen Plot übernommen. Zusätzlich ist das Titelbild dieses Heftromans sehr liebevoll in das neue eindrucksvolle wie umlaufende Cover integriert worden.
Christian Montillon mischt eifrig Science Fiction Elemente in den Handlungsverlauf. In der Zukunft hat sich Mascada als Dämonengöttin etabliert und die Menschheit unterdrückt. Um ihre Herrschaft zu brechen, haben Hellmark und sein kleines Team nach Schwächen in ihrer Vergangenheit gesucht. Der erste kurzzeitige Erfolg gegen den Urschleim – ein alles verschlingendes Wesen, das im vorliegenden Buch eine Wiederkehr feiert – erwies sich als Pyrrhussieg, da Mascada eine Dämonenbrutzelle an sich genommen hat. Auf Xenador will sie mit einem der Hauptdämonen Shab- Sodd eine neue Generation von Dämonenwesen züchten, die natürlich weniger Schwächen als ihre Vorgänger haben. Die Zeugung dieser neuen Next Generation Dämonen erfolgt zu Beginn des vorliegenden Doppelromans fast im Vorbeiflug. Auch wenn die dahinterstehende bizarre Idee der Heuschreckendämonen im Verlauf des Plots solide extrapoliert wird, hat der Leser manchmal das Gefühl, als erstarre Christian Montillon teilweise noch zu sehr vor Ehrfurcht. Die Geburt dieser neuen Antagonisten im Zeitraffer verschenkt etwas zu viel Potential hinsichtlich des kommenden Spannungsaufbaus.
Kurze Zeit später treffen in einer etwas sperrig geschriebenen Sequenz Björn Hellmark, Dirk Tössfeld als Initiator der allmächtigen Dämonenmaske, der geläuterte Dämon Brokorr und Rani Mahay in Xenador ein. Da die Dämonenmaske erst in der Zukunft aus der Haut eines ganz bestimmten Dämonen geschaffen werden wird – im Gegensatz zum Objekt der Begierde weiß der Leser, wen es schließlich treffen wird - böte sich eine ideale Basis, mit Zeitanachronismen zu experimentieren. Christian Montillon belässt es bislang bei Andeutungen. Die neue Generation von Dämonen erweist sich nicht nur als immun gegen die Dämonenmaske, auch das Schwert der toten Götter kann ihnen anscheinend nichts anhaben.
Die Rettungsaktion, mit welcher Hellmark und Team fliehen können, ist spannend und überzeugend geschrieben. Der Leser muss sich allerdings fragen, ob alleine Hochmut und Arroganz den extrem kompliziert angelegten Pläne Mascadas zumindest vorläufig scheitern lassen. Auf der anderen Seite wirkt es ein wenig hektisch, wie schnell Hellmark den Schock überwinden kann, das seine Wunderwaffen gegen die neuen Dämonen nicht funktionieren. In dieser Hinsicht hätte der Autor die Daumenschrauben noch ein wenig stärker anziehen können. Das Mascada ganz anders kann, unterstreicht sie bei dem Volk der Fehliden, die einen breiten Raum im ersten Teil des Doppelromans einnehmen. Vielleicht einen zu breiten Raum, aber Christian Montillon beschreibt ihr tragisches Schicksal mit kurzen Passagen der Hoffnung derartig intensiv, das sie zu den besten Abschnitten des vorliegenden Romans gehören und das „Heldenpathos“ positiv in den Hintergrund drängen. Die Fehliden werden erst vom Urschleimdämon gejagt. Kurzzeitig können sie sich unter den Schutz eines vor 30.000 abgestürzten Raumschiffes und dessen künstlicher Intelligenz stellen, die den inzwischen sehr kleinen Lebensraum der Fehliden mit einem zehn Kilometer umfassenden undurchdringlichen Schutzschirm umgibt. Wie gefährlich Mascada insbesondere auch im Vergleich zu Rha-Ta-N´mys wirklich ist, zeigt der perfide Plan, mit dem sie den Schutzschirm des Raumschiffes – die Energie kommt über Sonnenkollektoren – ausschaltet und die Fehliden im Grunde der Einschleimung übergibt. Das Björn Hellmark ausgerechnet in diesem Moment auf Xenador auftaucht, durchkreuzt ihre langfristigen Pläne nur kurze Zeit. In diesen Passagen lebt insbesondere die erste Hälfte des Buches förmlich auf, während sich Christian Montillon ansonsten ein wenig zu stilistisch selbstverliebt in Details verfängt. Auch wenn der Vergessen bereitende Weg durch eine Höhle im Pfälzer Wald auf den ersten Blick interessant erscheint, gewinnt die Handlung nicht an Dramatik oder Intensität. Der Leser hat impliziert das Gefühl, als wenn es keine Rolle spiele, welchen Weg Hellmarkt wählt. Er wird auf jeden Fall ankommen.
Wie zu Beginn des ersten Teilromans mit der Schaffung eines neuen Volks – der Fehliden -, das im Verlauf des ganzen Zykluses in leider eher negativer „Perry Rhodan“ Manier keine weitere wichtige Rolle mehr spielen wird, beginnt der zweite Titel gebende Teilabschnitt mit einem Sprung zu einem gänzlich anderen Handlungsort und vor allem zu zusätzlich neu eingeführten Protagonisten. Simon Bennett ist der Erde eines Hauses, das anscheinend von Geistern heimgesucht wird. Ein befreundeter Reporter möchte das Geschehen als Beweis dokumentieren, wird dabei getötet, während Simon Bennett in tiefster Bewusstlosigkeit in einen fremden Dschungel transportiert wird. Er wacht mit einer Krallenverletzung auf der Brust auf, gerät in einen religiösen Streit zwischen Baummännern und findet sich nach seiner Flucht in den Händen der – schon angesprochenen – Spinnenritter wieder. In der Parallelhandlung treffen auch Björn Hellmark und seine Freunde im gleichen Dschungel ein. Sie konnten aus Xenador dank einer fast absurd wirkenden Idee – das Werfen eines natürlich ganz besonderen Steins – fliehen. Sie treffen im Dschungel auf einen Spinnenritter, der ihnen dank üppiger Bezahlung wichtige Informationen mitteilt. Sie befinden sich wieder im Mikrokosmos. Zusätzlich auf der Hauptwelt Myriadus, der am Ende des ersten fünfteiligen Zykluses den Untergang Rha-Ta-N´mys überlebt hat. Das neben Hellmark sowie Simon Bennett auch Mascada den Weg in den Dschungel des Mikrokosmos findet, dürfte niemanden mehr überraschen. Obwohl plottechnisch ambitionierter, aber leider auch bodenständiger als der erste Teil – so landen Tössfeld, Brokorr und einer der sie begleitenden Fehliden natürlich in der Vorratskammer der Spinnenreiter – zieht Christian Montillon jetzt das Tempo an und kann einige dramatische Situationen kreieren. Die Spinnenritter – nur in einem einzigen Macabros aufgetreten – sind von ihm behutsam aktualisiert und ihre Kultur mit einer für den Leser nachvollziehbaren Söldnerstrukturen versehen worden. So wirken sie in ihrer flexiblen Loyalität deutlich gefährlich als Jürgen Grasmücks eher als Gänsehautfaktor beschriebene Kreaturen.
In Bezug auf Simon Bennett agiert Christian Montillon allerdings unnötig als Seitenfüller. Die Figur per se ist zu eindimensional, im Vergleich zu anderen Protagonisten unscheinbar beschrieben. Natürlich ist es für die Fans lesenswert, die bekannte Welt aus den Augen eines Unbeteiligten kennenzulernen, aber angesichts der zahlreichen Konflikte, Strategien und Orte, welche den Doppelroman fast zum Überfließen anfüllen, erscheint dieses Ausgangsszenario ebenso überflüssig wie die intensivste statt nur detaillierte Beschäftigung mit der Kultur der Fehliden.
Zusammenfassend ist „Der Dämonenschwarm des Tausendfältigen“ sicherlich ein abwechselungsreicher Roman, der allerdings nicht an die Niveau des Auftaktbuches des neuen laufenden Zyklus „Xantilon- Totenzug der weißen Priester“ heranreicht. Das liegt sicherlich an der Tatsache, dass Christian Montillon positiv mit Mascada eine deutlich interessantere Antagonistin erschaffen hat, die ihre Pläne intelligent wie konsequent entwickelt und auch entsprechend umsetzt. Dagegen steht negativ, dass es Björn Hellmark zu leicht gelingt, durch das einzige, manchmal nach dem „Deus Ex Machina“ Prinzip offen gelassenen, sehr unwahrscheinlich erscheinenden Hintertürchen vorläufig zu entschlüpfen. Auf die Herausforderungen reagiert er manchmal zu gelassen, zu mit allen Wassern gewaschen, als das in der nicht immer wirklich stringent erzählten, ideentechnisch kompakt entwickelten Handlung ein bestimmtes notwendiges Spannungsniveau gehalten werden kann. Positiv gesprochen findet sich Christian Montillon mit dem vorliegenden Roman noch besser in Dan Shockers reichhaltigem, farbenprächtigem Universum zurecht und geht über das bloße Integrieren insbesondere von vertrauten Pro- und Antagonisten hinaus den notwendigen Schritt weiter. Mit den Spinnenrittern hat er unterstrichen, wie Shockers klassische Ideen behutsam modernisiert und ehrenvoll weiterentwickelt werden können. Der Cliffhangar ist zum Frust der Leser ausgesprochen gut gesetzt. Zusammengefasst ein solider, teilweise inspirierter Roman der „Macabros“ Fortführung im „Zaubermond“- Verlag, der unterstreicht, welche Talente in Christian Montillon schlummern, wenn er erstens mit Herz ohne das Korsett eines Exposes bei der Sache ist und zweitens nicht zu sehr unter Termindruck zu stehen scheint.
25. Mai. 2011 - Thomas Harbach
Der Rezensent
Thomas Harbach

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