Main Logo
LITERRA - Die Welt der Literatur
Home Autoren und ihre Werke Künstler und ihre Werke Hörbücher / Hörspiele Neuerscheinungen Vorschau Musik Filme Kurzgeschichten Magazine Verlage Specials Rezensionen Übersicht
Neu hinzugefügt
Rezensenten
Genres
Sammelkategorien Interviews Kolumnen Artikel Partner Das Team
PDF
Startseite > Rezensionen > Thomas Harbach > Satire > Shatnerquake
emperor-miniature

Shatnerquake

SHATNERQUAKE

Jeff Burk
Roman / Bizarro Fiction

Voodoo Press

Taschenbuch, 100 Seiten
ISBN: 978-390280213-2

Jun. 2012, 9.95 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen

Der Übersetzer Torsten Scheib schreibt in seinem ausführlichen, anfänglich informativen, danach aber immer wieder in Klischees abstreifenden Nachwort von William Shatners mit zunehmender Alter gewachsener „Fähigkeit“, über sich selbst und die eigene Karriere nicht nur zu schmunzeln, sondern zu gelungenen Selbstparodien zu greifen. Sein Auftritt in „Fanboys“ – in „Shatnerquake“ gibt es über das gelungene Titelbild hinausgehend einen weiteren effektiven Hinweis auf die George Lucas Konkurrenz, die aber ironisch den zweiten, sehr erfolgreichen Karriereabschnitt Shatners mit den „Star Trek“ Kinofilmen einläutete – sei hier exemplarisch erwähnt. Zusammen mit dem ebenfalls in Deutsch veröffentlichten Roman „Die Nacht der lebenden Trekkies“, dem „Shatnerquake“ in seiner Mischung aus teilweise bösartiger Parodie und Splattersequenzen oberflächlich aber nicht kopierend gleicht, blickt Jeff Burk hinter die absolut kommerziell ausgerichteten Kulissen dieser nicht mehr fannischen Großveranstaltungen und lässt in Form der Campbellianer statt Zombies entsprechende Antagonisten auftreten.
Um die Schwächen der Novelle gleich herauszustellen. Der Ton ist – wie bei vielen Parodien – uneinheitlich. Ironische Seitenhiebe werden die teilweise drastische Splatter- und Foltereinlagen abgelöst, wobei die Motive der einzelnen Personen wie zum Beispiel der Organisationsleiterin Natalie und ihrem aus dem Nichts auftretenden Hang zum Sadismus nicht klar herausgearbeitet worden sind. Auch das erste Ende der Geschichte wäre ohne den zynischen Epilog allerhöchstens als schwach zu bezeichnen, wobei Jeff Burk sich die Möglichkeit offen hält, dass der echte William Shatner angesichts der zahllosen Leinwandinkarnationen seiner Selbst inzwischen die schmale Grenze zwischen schauspielerischen Größenwahn und Wahnsinn überschritten hat. Auch wenn sich Jeff Burk als wahrer Kenner der Materie erweist, erscheint es als letzte expliziert zu erwähnende Schwäche unwahrscheinlich, dass William Shatnr die inzwischen von Scalzy in seinem lesenswerten Roman „Red Shirts“ besonders einfallslose Bestimmung der mit roten Hemden ausgestatteten Sicherheitskräfte nicht kennen sollte.
Diesen bedingt das Lesevergnügen beeinflussenden Schwächen stehen aber eine Reihe von sehr guten Szenen mit einer auf das Klischee von Shanters Charaktersolide abgestimmten Einführung gegenüber.
Die Geschichte beginnt mit Shatners verspätetem Eintreffen auf seiner Convention. Gleich wird er nicht nur mit einer gigantischen Schlange von Autogrammjägern konfrontiert, sondern seine Nummer eins Fan, der alleine für die Lippenoperation mehr als 60.000 Dollar ausgegeben hat. Aber Shatner ist auch das Ziel der Campbellianer geworden, die in „Army of Darkness“ Manier mit ihren Armstümpfen die Convention sabotieren wollen. So sehr sich Jeff Burk auch bemüht, ein entsprechendes Motiv herauszuarbeiten, so oberflächlich wirkt dieser Ansatz. Alleine ihre Waffe – die Fiktionsbombe – ist ein strategisch gut eingesetzter Geniestreich. Die Bombe attackiert und überschreibt die Realität, in dem sie aus fiktiven Werken entsprechende Protagonisten in die Realität versetzt. Ein entgegen gesetzter Prozess ist nicht möglich. Da auf einer Shatnerconvention nur Raum für William Shatner ist und keine weiteren Prominenten aus seinen Filmen eingeladen worden sind, entsteigen den in acht Kinosälen gleichzeitig laufenden Filmen, Werbespots und TV Serien diverse Inkarnationen Shatners und machen sich auf die Suche nach dem Original, das aus der immer bedrohlicher und katastrophaler werdenden Situation im natürlich supermodernen Conventioncenter zu fliehen sucht.
Jeff Burk gelingt es sehr gut, die einzelnen Shatneridentitäten nicht nur voneinander, sondern viel entscheidender vom Original abzutrennen. Dabei erweist sich der Autor als Kenner der Materie, denn nicht nur T.J. Hooker Shatner oder Captain Kirk Shatner spielen eine wichtige Rolle. Auch dem Off Erzähler aus „Rescue 911“ wird ein Augenblick des Ruhms gegönnt. Der rassistisch „Intruder“ Shatner – in makellosen schwarzweiß – hat einen kurzen Auftritt, während niemand den Esperanto sprechenden Shatner aus „Incubus“ versteht. Viele der zahllosen Anspielungen werden in erster Linie die Shatnerfans verstehen, für die der Umgang mit dem heiligen Schauspielergral eine Mischung aus Obszönität und im Epilog Huldigung an wahre Helden ist. Die einzige wirklich entwickelte Shatner Inkarnation ist das Original, wobei Jeff Burk mit sehr viel fast sadistischem Vergnügen ihn durch die einzelnen Ausstellungssäle jagt, in denen unter anderem seine gebrauchten Kondome, seine Zahnprotesten oder auch die Waffen zu sehen sind, mit denen der Mime in seiner langen Karriere hantiert hat. Mit etwas mehr Liebe zum Detail hätte der Autor fiktive Figuren wie T.J. Hooker oder den Anwalt aus „Rescue 911“ sowie den überforderten Fluggast der legendären „Twillight Zone“ Folge noch effektiver, noch nahtloser und damit auch als willigeres, mit Schwächen versehenes Originalshatneropfer in die Handlung integrieren können. Hier wurde sehr viel Potential angesichts der nicht immer überzeugenden Figuren, die William Shatner in seiner langen Karriere gespielt hat, verschenkt. Auch eine Reihe von „Tekwar“ Anspielungen wären willkommen gewesen. Manchmal bestehen die Querverweise nur aus einer nebenbei eingestreuten Bemerkung, an anderen Stellen nimmt sich Jeff Burk angesichts der mit knapp siebzig Seiten nicht umfangreichen Geschichte ausreichend Raum, um seine Implikationen deutlicher in den Text hineinfließen zu lassen. Die Kämpfe zwischen den Leinwandkopien und dem Original sind ausreichend blutig und werden abwechselungsreich beschrieben, wobei das von Shatner geschwungene Lichtschwert sicherlich zu den effektivsten Waffen gehört.

Zusammengefasst ist „Shatnerquake“ keine bissige, nur zynische Satire auf den zum Overacting neigenden gewichtigen Mimen, der entgegen den Anmerkungen Torsten Scheibs in seinem manchmal ein wenig zu respektlosen Nachwort neben Kirk einige schauspielerische „Höhepunkte“ abgeliefert hat. Burk geht dabei geschickt vor. Anfänglich erscheint das Original entsprechend arrogant und nur am leichten Geldverdienen interessiert. Im Verlaufe seines in doppelter Hinsicht existentiellen Überlebenskampfes verändert sich sein Charakter angesichts der endlos erscheinenden Konfrontation mit sich selbst stark. Die Campbellianer dienen da eher als Staffage, auch wenn die vorläufig finale Konfrontation natürlich auf der Brücke der Original Enterprise spielt. Sie erscheinen nur als die Bedrohung, die Burk zumindest plottechnisch angestrebt hat. Thorsten Scheib hat ja in seinem in dieser Hinsicht ausführlichen Nachwort von einem Schauspieler gesprochen, der es nicht nur in privater Hinsicht angesichts seiner dritten Alkohol kranken Frau schwer gehabt hat. Vielmehr beschreiben Nachwort und die zweite Hälfte von „Shatnerquake“ die wechselhafte, aber zum Überleben in Hollywood ausreichende Karriere des gebürtigen Kanadiers Shatner unterhaltsam bis ausgesprochen blutig, aber auch informativ. Im Vergleich zu „Die Nacht der lebenden Trekkies“ oder dem ambivalenten „Fanboys“ – wobei es nicht fair ist, „Shatnerquake“ handlungstechnisch mit einem Roman bzw. einem abendfüllenden Spielfilm zu vergleichen – präsentiert Jeff Burks unterhaltsame Geschichte weniger Handlung, sondern wie bei einem starken Gewitter eine Abfolge von mehr oder minder pointierten Einzelszenen, von denen eine Reihe angesichts des Einfaltsreichtums des Autoren dem Leser länger im Gedächtnis bleiben. Die Kürze des Textes lädt zum wiederholten Lesen ein, wobei man bei einer zweiten, dritten oder alltäglichen Lektüre noch zahllose Hinweise entdecken wird, die Shatnerintimus Burk irgendwo versteckt hat. Torsten Scheibs Übersetzung ist ansprechend. Er hat sich bemüht, die urdeutschen Synchronbegriffe entsprechend einzusetzen, so dass „Shatnerquake“ in der vorliegenden Version eine empfehlenswerte, sehr viel besser als ihr zu profaner Titel suggeriert Lektüre ist. Für tolerante Shatnerfans eine interessante Kann- Lektüre, für informative Shatnerhasser ein Muss.

11. Jul. 2012 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

Total: 732 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen


Weitere Rezensionen

Shatnerquake
Jeff Burk - SHATNERQUAKE
Bizarro Fiction - Rezensent: Florian Hilleberg

[Zurück zur Übersicht]

Manuskripte

BITTE KEINE MANUS­KRIP­TE EIN­SENDEN!
Auf unverlangt ein­ge­sandte Texte erfolgt keine Antwort.

Über LITERRA

News-Archiv

Special Info

Batmans ewiger Kampf gegen den Joker erreicht eine neue Dimension. Gezeichnet im düsteren Noir-Stil erzählt Enrico Marini in cineastischen Bildern eine Geschichte voller Action und Dramatik. BATMAN: DER DUNKLE PRINZ ist ein Muss für alle Fans des Dunklen Ritters.

LITERRA - Die Welt der Literatur Facebook-Profil
Signierte Bücher
Die neueste Rattus Libri-Ausgabe
Home | Impressum | News-Archiv | RSS-Feeds Alle RSS-Feeds | Facebook-Seite Facebook LITERRA Literaturportal
Copyright © 2007 - 2018 literra.info