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Frostbite

FROSTBITE

David Wellington
Roman / Horror

Piper
Originaltitel: Frostbite

Taschenbuch, 368 Seiten
ISBN: 978-349226700-7

Sep. 2012, 1. Auflage, 9.99 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen / auch als eBook erhältlich

Nach Zombies und Vampiren versucht der Amerikaner David Wellington den Werwölfen wieder zu ihrem angestammten Platz in der Horrorliteratur zu verhelfen. "Frostbite" ist offensichtlich der Auftakt einer neuen Serie, wobei die Ursprünge wie bei einigen anderen von Wellingtons Romanen als Serial auf seiner Homepage zu finden sind. Die Serienstruktur verlangt besondere Herausforderungen vom Autoren. Zum einen verfügt Wellington über die Fähigkeit, allerdings auch den Hang, Kapitel bzw. Serienabschnitte mit einem Cliffhanger zu beenden. Spannungstechnisch sind diese kleinen Höhepunkte im Verlaufe der Handlung elementar, wenn aber der ganze Roman unter dem Zwang leidet, jedes Kapitel derartig zu beenden, geht es zu Lasten der Glaubwürdigkeit. "Frostbite" gehört eher zu den gemäßigten Versuchen Wellingtons, eine sehr stringente Geschichte ausgesprochen geradlinig zu erzählen. Als ab der Mitte des Romans durchbricht der Autor die bis dahin sehr geradlinige, packende und manchmal ungewöhnliche Handlung, um die Vergangenheit seiner Protagonistin Chey Clarke zu durchleuchten. Grundsätzlich ist diese Idee nicht schlecht, aber es wirkt zu aufgesetzt, dass ihr Vater in ihrem Beisein vor vielen Jahren von einem Wolf während einer Expedition in die arktische Wildnis förmlich zerrissen worden ist. Dazu reagiert die Protagonistin zu Beginn des Buches zu wenig überrascht, zu verhalten auf die Bedrohung durch einen Wolf bzw. ihre anstehende Verwandlung.

So befindet sich die Protagonistin Chey Clarke anfänglich nur auf einem klassischen Abenteuerurlaub, wo sie mit einer Gruppe Touristen in der arktischen Wildnis ausgesetzt und mittels Kompass eine gewisse Strecke zurücklegen soll. Es scheint unwahrscheinlich, dass man ihr nicht erläutert hat, dass der Kompass natürlich auf den magnetischen Nordpol und nicht den geographischen Nordpol zeigt. Anscheinend gab es bei dieser Reise keine Sicherheitsunterweisungen. Akzeptiert der Leser diese Prämisse, dann relativiert Wellington im Verlaufe seines Romans die Aussagen und macht aus Cley einen potentiellen Köder und die Reise zu einer indirekten Suche nach seltenen Radium Vorkommen.

Es ist nicht das erste Mal, dass David Wellington die handlungstechnische Ausrichtung seiner Romane während der Entstehungszeit relativiert, verändert oder ganz auf den Kopf gestellt hat. In gewissen engen Grenzen ist das opportun, hier durchbricht Wellington diese Barrieren nicht aus spannungstechnischen Gründen, sondern weil sein Roman eine gewisse Grundlänge haben sollte und die Handlung per se nicht ausgereicht hat, um neben einigen neuen, sehr bodenständigen Werwolfgenreaspekten einen Roman zu füllen.

Dabei ist der Auftakt inklusiv der im Norden immer länger werdenden Nächte und damit einhergehend natürlich kürzeren Tage vielversprechend und spannend. Cley Clarke verliert während der angesprochenen Expedition ihre Reisegruppe und fällt in einen eiskalten Fluss. Das Wasser zerstört große Teile ihrer Ausrüstung. Sie fühlt sich verfolgt. Vor der unsichtbaren Bedrohung fliehen sogar Wölfe. Es handelt sich um einen für die Protagonistin noch nicht, für den Leser klar zu erkennenden Werwolf, der die Frau aus ihrem Versteck auf den Ästen eines Baumes zu reißen sucht. Er verletzt sie. Cley schafft es noch, einen Einsiedler zu finden, der sie in die Hütte seines Freundes bringt. Gemeinsam wollen die beiden Männer ihr den Kopf abschlagen, um die Menschheit vor ihr zu schützen. Aus Furcht flieht sie vor ihnen. In der Einsamkeit erkennt sie, dass sie sich anscheinend verwandelt und die Hilfe zumindest eines der beiden Männer braucht. Powell ist ebenfalls ein Werwolf. Er hat sich zum Schutz seiner Mitmenschen an das Leben in der Einsamkeit des hohen Nordens gewöhnt. Früher hat er auch Menschen gejagt, was für Wellington einen Kreis schließen soll, den Leser aber rückblickend zu wenig überrascht.

Positiv überrascht, dass Wellington das tierische Element bei der Verwandlung betont. Das Wolfsbewusstsein übernimmt gänzlich die Kontrolle, was den Menschen bei seinem Erwachen mehrmals schockiert zurücklässt. Hier gelingen Wellington eine Handvoll ironisch unterlegter Szenen. Für Cley bedeutet die Verwandlung natürlich eine Abkehr von ihrem bisherigen Lebensstil, sie lernt aber auch den Freiheitsdrang und die Kraft ihres neuen Wolfskörper kennen. Sie wird von Beginn an als selbstbewusster, kraftvoller, aber manchmal auch ein wenig zu naiv agierender Protagonist eingeführt. Im Zuge des Buches verändert sie sich, verliert ihre Blauäugigkeit, agiert verschlagener und misstraut schließlich notwendigerweise jedem. Das sie am Ende doch wieder einem anderen Werwolf vertrauen muss, könnte als potentielles Happy End interpretiert werden, wird aber von Wellington nur konsequent zu Ende gedacht. Powell als Bindeglied, als erfahrener Werwolf wirkt auf den ersten Blick zu zurückhaltend, zu vorsichtig angelegt. Seine Geschichte – Soldat im Ersten Weltkrieg, von einer französischen Werwölfin verwandelt, inzwischen potentiell unsterblich – verbindet das moderne, unterkühlte amerikanische Ambiente mit den europäischen Werwolftraditionen. Bei der Liebesgeschichte hält sich der Autor zu Gunsten der Gesamthandlung sehr zurück, zumal Cleys Vergangenheit in Kombination mit Powell wie schon angesprochen arg strapaziert erscheint.

Stilistisch hält sich Wellington deutlich zurück. Es gibt nur wenige blutige Szenen, dafür eine Reihe von bedrohlichen Stand Offs, die alle unblutig bzw. teilweise überraschend aufgelöst werden. Überzeugend integriert er die harsche, karge nordische Landschaft mit ihren Herausforderungen an Wolf und Mensch. Im Vergleich zu seiner „Vampir“ bzw. „Zombie“ Serie revolutioniert bzw. modernisiert der Autor das Werwolfgenre bislang nicht. Angesichts des offensichtlich ersten vorliegenden Romans einer ganzen Serie ist es schwer, das Gesamtkonzept zu hinterfragen oder gar zu kritisieren. Eine originelle, sehr gut charakterisierte Protagonistin; ein dynamischer und packend geschriebener, typischer Wellingtonanfang und einige interessante, wenn auch konstruiert erscheinende Wendungen in der zweiten Hälfte des Buches heben „Frostbite“ aus der Masse der gegenwärtig weichgespülten Werwolf/ Vampir Romanzen heraus. Es ist sicherlich weder sein bester noch originellster Roman, aber als harte Survivalgeschichte mit übernatürlichen Elementen liest sich das Buch ausgesprochen kurzweilig unterhaltsam.

27. Sep. 2012 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

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