Nah bei mir
Tanja Bern Nah bei mir
Ein gefühlvoller Roman über die Liebe zwischen zwei Männern, die Tod und Zeit überdauert. In jeder Zeile: Nah bei mir.
Zum Inhalt
Der verarmte Landadlige John McKay lebt mit seiner Frau Hellen, seiner Schwester Deidre und seinem Vater, der nach einem Schlaganfall die Führung des Gutes an John abtritt, in einem englischen Herrenhaus nahe der schottischen Grenze. Sie haben nur wenig Diener und während sich John, Hellen und Johns Vater mit der Situation gut arrangiert haben, sehnt sich Deidre nach Anerkennung und den Vorzügen des Adels. Ihr tragisches Geheimnis, das der wahre Grund für ihr oft sehr zickiges Verhalten ist, tritt erst im Laufe der Geschichte zutage.
Als Fahrende auf das Land der McKays kommen, ist John, der sich schon immer heimlich zu Männern hingezogen fühlt, von Anfang an fasziniert von Jake. Er erlaubt den Fahrenden auf seinem Land zu bleiben und lässt sie schließlich sogar von Frühjahr bis Herbst für sich arbeiten gegen freie Kost und einen geringen Lohn. Nur im Winter, da ziehen sie nach Cornwall und kehren erst mit der Kirschblüte wieder zurück.
Auch Jake entwickelt rasch Gefühle für John. Er ist es gewohnt, seinen Körper an Männer mit solchen Neigungen zu verkaufen, vor allem, um seine Familie vor dem Hunger zu bewahren. Doch mit John ist es anders. Die Gefühle gehen tiefer und schließlich lassen sich die beiden Männer auf ihre Liebe ein, auch wenn sie sie geheim halten müssen, denn im England des 18. Jahrhunderts steht auf Homosexualität noch die Todesstrafe durch den Strang.
Während Jakes Familie die Beziehung duldet und auch Johns Frau Hellen ahnt, was sich zwischen ihrem Mann und dem Fahrenden entwickelt hat und ihm dieses Glück trotz ihrer Ehe von Herzen gönnt, ist Deidre darüber mehr als aufgebracht und lässt keine Gelegenheit aus, es die beiden Liebenden spüren zu lassen.
Nur die Runen, die Jakes Schwester Noirin gelegt hat, scheinen Unglück zu verheißen und gerade als Jake sich entschließt, dem Leben der Fahrenden den Rücken zu kehren und sich für John zu entscheiden, nimmt die Prophezeiung ihren Lauf.
Meinung
Nah bei mir sind eigentlich zwei Geschichten in einer. Die Story von John und Jake wird aus Johns Sicht erzählt. Durch drei Tagebücher die Katelyn von ihrer Großmutter Fiona erhält. Zusammen mit einem Medaillon mit dem Bild von John McKay. Katelyn träumt seit ihrer Kindheit von diesem Mann und von einem alten Herrenhaus. Die Ruinen dieses Anwesens befinden sich ganz in der Nähe ihrer Großmutter und wann immer Katelyn sie aufsucht, fühlt sie eine Verbindung zu diesem Ort und zu John McKay.
Ihre Geschichte verläuft zwar mehr am Rande des Romans, eine Nebenrolle spielt sie deshalb aber noch lange nicht. Man erlebt gemeinsam mit ihr Johns Geschichte, taucht durch den wunderschönen einfühlsamen Schreibstil von Tanja Bern tief in die Handlung und die gelebten Emotionen aller Beteiligten ein und erlebt all dies wortwörtlich Nah bei mir. Es ist schwer, den Roman aus der Hand zu legen und mehr als einmal kommt man um ein Taschentuch nicht herum. Tanja Berns größtes Talent beim Schreiben ist es wahrhaftig, die Gefühle so lebendig werden zu lassen, dass sie den Leser fest an jede Zeile binden und nicht mehr loslassen. Dabei erweckt sie die Settings in schillernden Farben und schildert sie ohne Langatmigkeit so detailliert, dass man sogar den Wind auf der Haut zu spüren glaubt oder den Duft der Kirschblüte riecht.
Die Charaktere sind absolut glaubhaft und authentisch. Jede Figur hat ihre Stärken, Schwächen und Besonderheiten. Es gibt keine Stereotypien, selbst die Nebenfiguren haben soviel Tiefe, wie man sie sich in manch anderen Romanen von den Hauptfiguren wünschen würde.
Die Story lebt vor allem von Gefühlen, ist dabei aber keineswegs kitschig, schmalzig oder langweilig. Ganz im Gegenteil.
Layout
Ich habe das Buch als ebook gelesen. Das Cover ist sehr passend und stimmungsvoll gestaltet. Die Aufteilung in die drei Bücher John McKays mit je einem bedeutungsvollen einleitenden Satz ist gelungen. Die Kapitelüberschriften sind passend und geben meist schon eine Ahnung davon, was den Leser erwartet. Der Text enthält nur wenig Fehler, die den Lesegenuss kaum trüben.
Fazit
Eine sehr besondere Liebesgeschichte, die einen auch dann noch festhält, wenn man das Buch wieder aus der Hand gelegt hat. Um es mit den passenden Worten zu sagen: John, Jake und ihre Geschichte bleiben Nah bei mir.
11. Feb. 2015 - Tanya Carpenter
Der Rezensent
Tanya Carpenter

* 17. März 1975
Website: http://www.tanyacarpenter.de
Total: 78 Rezensionen
März 2018: keine Rezensionen
Tanya Carpenter stellt sich vor:
Die Autorin wurde am 17. März 1975 in Mittelhessen geboren, wo sie auch heute noch in ländlichem Idyll lebt und arbeitet. Die Liebe zu Büchern und vor allem zum Schreiben entdeckte sie bereits als Kind und hat diese nie verloren.
Ihr erster Roman „Tochter der Dunkelheit̶...
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