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Spieler Eins Roman in 5 Stunden
Ein Flughafen ist nicht mal ein richtiger Ort. Er ist ein Boxenstopp, ein Zwischenreich, ein Nirgendwo, eine unangenehme Störung im Traum des nahtlosen transkontinentalen Flugverkehrs. Flughäfen sind Orte, an die man gelangt, gleich nachdem man gestorben ist und ehe es weitergeht nach wohin auch immer man dann kommt. Sie sind das Präsens, zu Aluminium, Beton und schlechter Beleuchtung geronnen. STORYIn einer Flughafenbar treffen vier Personen aufeinander, die sich plötzlich mit einer Ausnahmesituation konfrontiert sehen.Die geschiedene Enddreißigerin Karen trifft sich hier mit einem Blind Date, Pastor Luke hat die entwendete Kollekte im Gepäck, die empathieunfähige Autistin Rachel sucht hier nach einem Erzeuger für ihr Kind und Barkeeper Rick erwartet einen Motivationstrainer, der sein bisheriges Leben umkrempeln soll. Während der Ölpreis dramatisch schnell steigt und in den Nachrichten von Aufständen berichtet wird, scheint das Leben außerhalb der Bar zusehends zu versiegen. Die latent bedrohliche Situation, die sich durch Explosionen in sichtbarer Entfernung der Bar entwickelt, verschärft sich, als ein Scharfschütze Karens Date niederschießt. Die zufällige Gruppe ist zum Handeln gezwungen. Was Luke zwischen dem ganzen Trubel und den Drinks am meisten Sorgen machte, war der Paradigmenwechsle in seinem Kopf. Bis gestern hatte er geglaubt, nach dem Tod in die sogenannte ewige Seligkeit einzugehen. Heute hatte er nur noch einen armseligen Ort namens Zukunft vor sich. Die Zukunft ist etwas anderes als die ewige Seligkeit. Ewigkeit ist zugleich alles und nichts. In der Zukunft gehen Dinge, die bereits angelaufen sind, weiter, nur ohne dich. MEINUNGDouglas Coupland, Autor des Kultromans GENERATION X, legt von Beginn an ein ordentliches Erzähltempo vor und zieht den Leser schon mit den Figurenvorstellungen in die Handlung hinein, auch wenn noch nicht klar ist, wohin die Reise gehen wird. Schon alleine die stets zwischen den vier Hauptpersonen abwechselnde subjektive Schilderung der Ereignisse gestalten SPIELER EINS formell interessant. Traumgleich und dennoch hyperreal heißt es an einer Stelle und genau so stellt Coupland das Setting und die Ereignisse in SPIELER EINS dar. Für die Traumhaftigkeit ist unter anderem der Handlungsort verantwortlich, denn tatsächlich hat ein Flughafen (und besonders eine dort befindliche Bar) den Charakter eines künstlich geschaffenen Niemandslandes, an dem es leicht fällt, unter Fremden seine gewohnte Hülle abzustreifen. Gewohnte Regeln scheinen hier außer Kraft gesetzt, und tatsächlich treffen sich Karen, Rachel und Luke hier, da sie mit ihrem Alltagstrott mehr oder weniger endgültig gebrochen haben.Formal findet die Handlung innerhalb von fünf Stunden statt. Jede Stunde ist wiederum in fünf Teile gesplittet, von denen vier die abwechselnde subjektive Schilderung der vier Hauptpersonen wiedergeben, Teil fünf aus der Sicht von Spieler Eins, als unsichtbarer Beobachter und Kommentator der Ereignisse, geschildert wird. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto schwerer fällt es der Geschichte jedoch, ihren einleitenden Sog aufrecht zu erhalten. Zu abstrakt gestalten sich die weiteren Ereignisse, die auch nicht weiter aufgeklärt werden und damit haltlos im Raum stehen. Das Verhalten der Personen in diesem Mikrokosmos wird immer weniger nachvollziehbar. Der ganze Roman gestaltet sich zunehmend künstlicher und steriler, so dass die zunächst aufgebaute Nähe zu den Figuren sich immer weiter verringert. Auch die anfänglich vergnügliche unterschwellige Spitzzüngigkeit, was die modernen Medien und die damit verbundene Lebensweise angeht, verliert sich mit der Zeit und macht einer aufdringlichen und verächtlichen Die Welt ist trotz eures eingebildeten Individualismus ohne euch nicht ärmer-Botschaft Platz. Genauso wie ohne diesen Roman. Als Dreingabe enthält das Buch noch eine 29seitige Zukunftslegende, die die Kunstbegriffe aufgreift, die Coupland in dem Roman benutzt und die hier in der Art eines Lexikons erklärt werden. Die Verarbeitung des Buches ist, wie von Klett Cotta/Tropen gewohnt, von ausgesuchter Qualität. Unter dem genial gestalteten Schutzumschlag ist das Buch in dunkelvioletten (wie die auf dem Schutzumschlag abgebildeten Lippen) Karton gebunden, Autorenname, Titel und Tropen-Logo sind dort in schwarzer Prägeschrift aufgedruckt. FAZITDie faszinierend-experimentelle Ausgangssituation erstickt mehr und mehr unter einer trockenen Künstlichkeit und hängt den Leser damit irgendwann ab. 25. Mar. 2015 - Elmar Huberhttp://phantastischewelt.wordpress.com/ Der RezensentElmar Huber![]() Total: 674 Rezensionen (* 1972) kann sich noch dunkel an den "phantastischen Film" im Nachtprogramm des ZDFs erinnern, der damals (nicht zuletzt aufgrund des Zeichentrickvorspanns) schon eine gewisse Faszination ausübte. [Zurück zur Übersicht] |
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