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Mystery (diverse)



Dean Koontz

Trauma

rezensiert von Thomas Harbach

Viele Kritiker werfen Dean Koontz vor, immer wieder in leichten Variationen den gleichen Stoff zu be- und verarbeiten. In den letzten Jahren hat er sich dieser Kritik angenommen und eine Reihe seiner Bücher weichen vom eher technologisch gesteuerten Horror in den Bereich der Mystik ab. Zu den ersten Arbeiten dieser Kategorie gehören sicherlich die Bücher um „Odd Thomas“, einem Außenseiter mit seherischen Fähigkeiten. Im vorliegenden Roman „Life Expectancy“ nimmt er diesen Thema auf sehr ungewöhnliche hintergründige Art wieder auf. Trotzdem handelt es sich bei „Trauma“ um einen typischen, fast klassischen Koontz mit der Bedrohung eines gewöhnlichen Menschen aus dem Nichts heraus, einigen übernatürlichen, nicht erklärlichen Ereignissen, die eine Kettenreaktion aus Gewalt und Brutalität auslösen. Koontz ist ähnlich wie King ein Autor, der sich von einer Idee, einem Plot mitreißen lässt und nicht verzweifelt bemüht jeden roten Faden am Ende der Handlung aufgewickelt ins Regal legen kann oder gar möchte. Auf der anderen Seiten – ähnlich wie King – verfolgt er Ideen mit einer Art Besessenheit, die einigen seiner Romane ebenso wenig gut tut wie es bei King der Fall ist. Oft wäre es sinnvoll, insbesondere den zugrunde liegenden Plot ein wenig kritischer zu analysieren, ob er wirklich einen immer gut und spannend geschriebenen Roman wirklich befriedigend trägt oder etwas mehr Fleisch in Form weiterer Ideen von Nöten ist. Nach unzähligen Bestsellern fehlt Koontz oft diese selbstkritische Note, im Falle von „Trauma“ gelingt es ihm aber, die unübersehbaren Schwächen durch eine gut geschriebene und insbesondere zu Zweidritteln des Buches sehr packend geschriebene Geschichte auszugleichen. Überraschend ist allerdings die ungewöhnliche Vorgehensweise, dass jedes der insgesamt sechs markanten Ereignisse im Laufe des Buches immer kürzer abgehandelt wird. Kaum hat der Protagonist – einmal direkt, einmal indirekt – zwei der schrecklichen Tage überstanden, ist über die Hälfte des Buches vorbei und der Leser fragt sich, wie Koontz die anderen vier Ereignisse abhandeln möchte. Das gelingt ihm zwar, aber je näher das Buch seinem Ende kommt kompakter, wenn auch farbloser.


Am Tag seiner Geburt wird Jimmy Tocks Opa im gleichen Krankenhaus sterben. Wenige Stunden vor seinem Tod prophezeit er Jimmys Vater nicht nur das Geschlecht, die Größe und die genaue Geburtszeit seines Enkels – hier wird Koontz gegen Ende des Romans sich selbst in leichte Schwierigkeiten bringen, denn nicht alle Rückblenden und vor allem aus der Ich- Perspektive erzählten Passagen entsprechen der reinen Wahrheit, wie auch die Protagonisten später zugeben werden und müssen -, sondern fünf schreckliche Tage in seinem Leben. Unterstrichen wird diese düstere Warnung durch einen amoklaufenden Clown – der Vater eines anderen Kindes, das ebenfalls in diesem Krankenhaus zu dieser Stunde auf die Welt kommen soll -, der in dieser Nacht nicht nur eine Krankenschwester, sondern auch einen Arzt töten wird. Tock überlebt die Nacht nur, weil er ebenfalls Vater geworden ist. Jimmy Tock wächst trotzt der düsteren Vorahnungen als ein wenig tollpatschiger, aber normaler Junge auf. Als der erste der fünf schrecklichen Tage herandämmert, entschließt er sich, etwas Normales wie einen Büchereibesuch zu unternehmen, ohne zu ahnen, dass diese unverfängliche Tat ihn mit seinem Antagonisten und der Liebe seines Lebens konfrontieren wird.

Schon Stephen King hat in seinem voluminösen „Es“ unterstrichen, dass Clowns im Grunde gefährlich sind. Dean Koontz führt diesen Gedanken mit einer unverkennbaren Boshaftigkeit weiter aus. Ihm gelingt es, das Portrait eines Wahnsinnigen und seines Sohns zu zeichnen, der insbesondere in seiner bizarren Verkleidung zu einer überzeugenden Bedrohung wird. Dabei wirken einige Szenen derart überzeichnet und skurril, das sie dem Leser nicht nur im Gedächtnis bleiben, sondern vor allem in ihrer Effektivität überzeugen. Die Schwierigkeit dieses Buches liegt allerdings weniger in den Charakteren und den Dialogen, sondern in seinem Aufbau. Jeder der fünf schrecklichen Tage besteht aus einer mehr oder minder direkten Konfrontation mit dem Clown, seinem Sohn und schließlich auch – leider – dem Schwiegervater. Mit dieser festen „Beziehung“ zwischen den einzelnen Protagonisten – zu Tocks und seiner liebreizenden und vor allem dialogtechnisch schlagfertigen Frau gleich mehr – wirken die schrecklichen Tagen spätestens nach der zweiten Erscheinung wie ein Balzritual um eine geheimnisvolle, in der Vergangenheit geschehene Sache. Zwar beschreibt Kootz die einzelnen Konfrontationen sehr variantenreich und vor allem sehr unterschiedlich – insbesondere der Bankraub in seiner Absurdität und einer Hommage an „Fight Club“ gehört zu den Höhepunkten des Buches und beinhaltet leider konterproduktiv im Grunde die effektivste Szene, die ans Ende des Spannungsbogen und nicht an deren Anfang gehört hätte – trotzdem nutzen sie sich ab. Wenn Koontz dann noch den Fehler macht, die einzelnen Verbindungen zwischen den Figuren im Rahmen des Showdowns zu erläutern und eine fast an die alltäglichen Soaps erinnernde Erläuterung versucht, verliert das Buch deutlich an Effektivität. Der Leser hat das Gefühl, als wenn Kootz zwar den Handlungsbogen abschließen wollte, aber spätestens mit dem ersten „Tod“ seiner Antagonisten nicht mehr willig oder in der Lage gewesen ist, eine andere Art der Bedrohung aufzubauen. Es wäre auch sinnvoller gewesen, nicht alle fünf schrecklichen Tage mit dieser direkten Konfrontation zu füllen, sondern zumindest einen Tag – überraschend für die Protagonisten und vor allem auch die Leser - mit einem anderen, schrecklichen, aber nicht in einem direkten Zusammenhang stehenden Ereignis zu füllen und für eine interessante Ablenkung zu sorgen. Wie so oft in seinen Romanen sind in die Exposition und vor allem die ersten Kapitel packend geschrieben. Mit wenigen Strichen zeichnet Koontz seine Bühne und führt die einzelnen Protagonisten seines Dramas ein. In diesem Fall den Ich- Erzähler Jimmy Tock. In Koontz Romanen bedeutet Ich- Erzähler nicht gleich überleben, insbesondere in seinen eher mystischen Romanen wie „Odd Thomas“ hat er unterstrichen, das irdische Dasein ist nur ein Teil der Existenz eines Menschen. So kann es passieren, dass sein Protagonist stirbt und quasi aus dem Jenseits den Plot weiter dem Leser vermittelt. Diese Ungewissheit erhöht natürlich für Kenner von Kootz Werk den Spannungsgrad, wer sich noch nicht mit dessen sehr erfolgreichen Thrillern auseinandergesetzt hat, kann überrascht werden. Jimmy Tock wird als sehr bodenständiger Bäcker auf dem Weg zum Konditor beschrieben, der Krimis liebt, im Umgang mit Frauen sehr tollpatschig ist, ein Familienmensch, dem der Leser die fünf schrecklichen Tage nicht wünscht. Seine Frau Lorrie – eine junge Tanzlehrerin, die nachdem sie in einem Jahr L.A. weder Drogen noch dem Wahnsinn verfallen ist, aufs Land gezogen ist – lernt er an dem ersten der schrecklichen Tage kennen. Nachdem beide eher durch einen Zufall den Banküberfall überlebt haben, macht Jimmy ihr einen Heiratsantrag. In der klassischen Manier eines Cliffhangers zieht Kootz seinem Charakter und vor allem seinen Lesern mit einem einzigen Satz den Boden unter den Füßen weg. Erst auf den folgenden Seiten erläutert er mit unverkennbarer Ironie und überraschend viel Wärme für seine Charaktere diesen Satz. Um die Schraube der Bedrohung allerdings weiter anziehen zu können, sind folgerichtig Kinder notwendig. Diese stehen im Mittelpunkt der nächsten schrecklichen Tage.

Im Gegensatz zu vielen anderen Horror- oder Thrillerautoren gelingt es Kootz auf oft überraschend einfache Weise, die Realität mit der Fiktion zu verbinden. So gehört ein Gespräch zwischen Tock und seinem Antagonisten über die Möglichkeit einer Spenderniere für ihre sechsjährige Tochter zu den ergreifenden Passagen des Buches. Ohne viel auf Sentimentalitäten einzugehen, versuchen die beiden sehr realistisch und überzeugend beschriebenen Menschen den skrupellosen und gewissenlosen Ex- Clown davon zu überzeugen, einmal in seinem Leben etwas Gutes zu tun. Es wäre vermessen, weiter auf die einzelnen Beziehungen zwischen den Protagonisten einzugehen – diese Pflicht übernimmt der Autor leider eher klischeehaft und nicht überzeugend selbst -, aber es sind kleine, elementare Gesten wie diese, welche nicht nur seine Roman auszeichnen, sondern selbst konstruierte und nicht selten unlogische Plot mit dem notwendigen Leben auffüllen, das für einen überzeugenden Roman unabdingbar ist.

Die Grundstruktur seiner Romane variiert Koontz zumindest mit „Trauma“ sehr geschickt. Bislang brach oft unerklärlich das Böse in das normale Leben einer Familie ein, forderte diese Menschen heraus und zwang sie, über sich hinaus zu wachsen, um ihren Status Quo und vor allem die eher klassischen amerikanischen Werte wie Ehre, Stolz und Familie zu verteidigen. Im vorliegenden Band wissen die Protagonisten und die Leser, dass insgesamt fünf Aufgaben auf Jimmy Tock und seine Familie warten. Der Tag seiner Geburt weist die Richtung. Aus dieser unbestimmten Bestimmung zieht das Buch sehr viel an Spannung und Dramatik, dazu kommen unsentimental, aber überzeugend gezeichnete Protagonisten, eine immer am Rand zum Klischee charakterisierte Handvoll von Antagonisten und eine Reihe sehr gut und vor allem sehr packender geschriebener Szenen. Am Ende überdreht Koontz wie nicht selten in seinen Büchern die Spannungsschraube und möchte zu viele Ideen auf zu wenig Raum zu unüberzeugend abschließen. Bis dahin hat der Leser aber einen seiner besten Romane seit vielen Jahren vor sich, eine alptraumhafte Odyssee mit nur selten, dann aber wirklich effektiv eingesetzten mystischen Obertönen.

Dean Koontz: "Trauma"
Roman, Softcover, 480 Seiten
Heyne- Verlag 2007

ISBN 3-4534-3213-4

Weitere Bücher von Dean Koontz:
 - Die Anbetung
 - Die zweite Haut
 - Irrsinn
 - Todesregen
 - Todeszeit

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