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Science Fiction (diverse)



Andreas Eschbach

Die seltene Gabe

rezensiert von Thomas Harbach

Andreas Eschbachs Jugendromane hinterlassen oft einen zwiespältigen Eindruck. Nach einem fulminanten Auftakt mit „Das Mars- Projekt“ folgte der eher enttäuschende Klonroman „Perfect Copy- die zweite Schöpfung“, in welchem Andreas Eschbach klischeehafte Elemente mit einer oft unverständlichen konstruierten Handlung kombinierte. Der hier vorliegende Roman „Die seltene Gabe“ – sein Telekineseroman - ist ursprünglich als ARENA Hardcover erschienen und liegt als Taschenbuchneuausgabe vor. Der bislang vierte Jugendroman ist eine enttäuschende Fortsetzung des Marsromans, in welchem Andreas Eschbach wenig verhüllt die Geschichte des ersten Bandes aus einer leicht veränderten Perspektive erneut erzählte.

Marie ist eine durchschnittliche Schülerin. Sie lebt in einer Familie aus der Mittelschicht und führt bislang ein unauffälliges Leben. Ihre Eltern sind eine Woche im Urlaub. Eines Tages kommt sie aus der Schule und stellt fest, dass ihr Elternhaus durchsucht und Lebensmittel gestohlen worden sind. In einem Schrank findet sie einen jungen Mann, der von der Polizei gesucht wird. Streifenwagen mit Blaulicht versetzen das ansonsten sehr ruhige Wohnviertel in Panik. Der junge Mann ist der siebzehnjährige Armand und auf der Flucht. Er ist allerdings nicht der kolportierte Schwerverbrecher, sondern in diesem Fall ist die Polizei nur das ausführende Organ dunkler Konzernmächte. Armand ist – wie er gleich beweist – Telekinet. Er zwingt das Mädchen, ihn auf seiner hektischen und ungeplanten Flucht zu begleiten.

Mit einer fast klassischen Exposition – ein junger heranwachsender Mensch wird entwurzelt und muss sich auf gänzlich neue, nicht immer angenehme Erfahrungen einstellen, ein Reifeprozess wird durch das Geschehen forciert – beginnt Andreas Eschbach seinen Roman überraschend konsequent und rasant. Er verzichtet auf eine lineare Handlungsebene und fügt der Verfolgungsjagd durch Armands Erzählungen einen zweiten, sehr intimen und emotionalen Spannungsbogen hinzu. Der Leser kann mit diesem literarischen Trick auf das Geschehen besser denn je reflektieren und hat genügend Spielraum, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Zwar greift Andreas Eschbach durch die persönliche Erzählung notwendigerweise auf die typischen schwarzweiß Klischees von rücksichtslosen Geheimdiensten und skrupellosen Wissenschaftlern zurück, er braucht aber auch diese Polarisierung, um die Spannung hoch zu halten und eine effektive Bedrohung für Armand und Marie überzeugend darzustellen. Die erzählerische Perspektive konzentriert sich fast ausschließlich auf die beiden jungen Menschen auf der Flucht. Sie reagieren auf die stetige Verfolgung durch die Ordnungskräfte und beginnen im zweiten Teil des Romans zu agieren. Dieses Vorgehen erhöht nicht nur die Spannung, sondern verstärkt das Gefühl der Ohnmacht, der Hilflosigkeit bei den beiden Charakteren. Immer wieder schlägt Eschbach Brücken zwischen dem Leser und seinen beiden Sympathieträgern. Im Vergleich zu seinem Klonroman „Perfect Copy“ verzichtet der Autor allerdings auf das Element der Ungewissheit. Armand kennt im Gegensatz zum Klon sein Schicksal und sucht nach einem Ausweg und nicht nach seiner Vergangenheit. Dabei ist Armand mit der bisherigen Situation in der streng abgeschirmten Anstalt durchaus zufrieden gewesen. Erst der Wunsch der Obrigkeit, einen Menschen per Gedankenkraft zu töten, zeigt ihm, dass er auf dem falschen Weg ist und wie seine Fähigkeiten missbraucht werden sollen. Hier finden sich in Eschbachs Roman Spuren von John Farris sehr empfehlenswerten und auch von Brian de Palma verfilmten Roman „Fury“.

Die emotionale Geschichte findet ihren Höhepunkt nicht in der Gefangennahme Armands, sondern bewusst setzt sich Andreas Eschbach nachfolgend mit verschiedenen, insbesondere Jugendliche sehr interessierenden Fragen auseinander: was macht einen Menschen im Grunde aus? Wird jemand durch seine Andersartigkeit automatisch zu einem Monstrum? Haben die Behörden nicht immer automatisch Recht und können eine Situation besser beurteilen als ein junger Mensch? Geschickt stellt der Autor Marie und den Leser auf eine Stufe und zögert die handlungstechnisch elementare Entscheidung hinaus. Die Frage, wie sie Armand helfen kann wird mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt und von der Frage abgelöst, ob sie ihm überhaupt helfen soll. Das „helfen können“ ist erst der zweite Schritt. Damit extrapoliert Eschbach die in vielen Jugendlichen herrschende Unsicherheit wegen der eigenen Zukunft und persönlichen Situation in diesem Fall zwar auf eine handlungstechnisch sehr routiniert und überzeugend etablierte Spannungsebene, vernachlässigt aber die kleinen Gesten nicht. Im Grunde lernt Marie auf ihrer Flucht die Rechte und die Pflichten eines Erwachsenen kennen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Zusammen mit seinem sehr fließenden Stil spricht die geradlinige Handlung insbesondere fünfzehn bis achtzehnjährige junge Menschen an. Die beiden Protagonisten sind siebzehn Jahre alt, damit zumindest rechtlich nur noch einen kleinen Schritt von der Volljährigkeit entfernt. Mit Hilfe einiger kleiner Szenen spricht Eschbach aber auch jüngere Leser an, denen Herzschmerz und lange Dialoge nicht unbedingt immer liegen. Es fehlt dem Roman ein wenig der Humor, einige der seitenlangen Gespräche hätten etwas lustiger und unterhaltsamer präsentiert werden können. Armand setzt seine Fähigkeiten beispielhaft auch sehr knochentrocken ein. Auf der anderen Seiten macht Eschbach aber auch nicht den Fehler, einen jugendlichen menschlichen Gucky zu erschaffen. In Deutschland immer noch der bekannteste Mutant.

Eine deutliche Schwäche in der Plausibilität weist das Buch allerdings doch auf. Da die Protagonisten siebzehn Jahre alt sind, können sie nicht Autofahren, was ihre Fluchtmöglichkeiten erheblich einschränkt. Trotzdem kennt sich Armand in einer für ihn aus zwei Gründen fremden Stadt zu gut aus. Immerhin hat er viele Jahre in einer Anstalt in Frankreich isoliert verbracht und Stuttgart liegt zwei nahe an Frankreich, ist im Detail aber nicht jedem Franzosen bekannt. Armand studiert wie ein alter Hase Fahrpläne, sucht sich auf seiner Flucht Umsteigestationen heraus und reagiert auch routiniert auf Störaktionen der Polizeikräfte. Nur den Westbahnhof gibt es nicht mehr. Im Laufe der Flucht allerdings beschreibt der Autor die Schwierigkeiten der Protagonisten überzeugender und vor allem durchdachter.

Wie für einen guten Jugendroman notwendig und erstrebenswert funktioniert das Buch auf zwei Ebenen: einmal als spannende, flüssig und schnell zu lesende Geschichte und dann viel - wichtiger und besser - beschreibt der Autor den schwierigen Übergang vom unmündigen nicht mehr Kind zu einem heranwachsenden das Schicksal in die eigene Hand nehmenden Entscheider.

Andreas Eschbach: "Die seltene Gabe"
Roman, Softcover, 204 Seiten
Bastei 2006

ISBN 3-4042-4348-X

Weitere Bücher von Andreas Eschbach:
 - Ausgebrannt
 - Black Out
 - Das Marsprojekt 3- Die gläsernen Höhlen
 - Das Marsprojekt 4: die steinernen Schatten
 - Das Marsprojekt 5: die schlafenden Hüter
 - Der Nobelpreis
 - Ein König für Deutschland
 - Herr aller Dinge
 - Perfect Copy
 - Perry Rhodan 2295: Die Rückkehr
 - Perry Rhodan 2503 - Die Falle von Dhogar
 - Quest
 - Quest

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