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Science Fiction (diverse)



John Scalzi

Die letzte Kolonie

rezensiert von Thomas Harbach

“Die letzte Kolonie” ist nicht nur der Abschluss seiner Trilogie, die “Old Man´s War“ und „The Ghost Brigade“ umfasst, es ist auch Scalzis vierter Roman in wenigen als drei Jahren. Zusätzlich wird im Anhang noch eine Novelle angeboten, in welcher der Autor auf den Ursprung von Jan Sagan eingeht, die Supersoldatin, die – wie dem Leser über weite Strecken des Buches suggeriert wird – aus dem Genlabor stammt. Es empfiehlt sich, diese allerdings weniger dynamische Geschichte zu erst zu lesen. Sie beinhaltet eine Reihe von Hintergrundinformationen, welche insbesondere dem Verhältnis der Figuren untereinander eine positive Tiefe geben. Im Vergleich allerdings zu den ersten beiden Teilen der Trilogie liegt der Fokus nicht mehr auf den gewaltigen Kampfszenen, die an Robert Heinleins „Starship Troppers“ erinnern, sondern auf den Konsequenzen einer das Schicksal des Individuums ignorierenden Politik.
Der Roman beginnt idyllisch, wobei John Scalzi in einem seltenen Anflug von Sarkasmus dieses Leben auch als langweilig darstellt. John Perry und seine Frau Jane Sagan haben sich auf einen unbedeutenden Agrarplaneten zurückgezogen, auf welchem Perry als eine Art „Friedensrichter“ fungiert. Gleich zu Beginn muss er einen Streit um eine Ziege richten. Ihre Adoptivtochter fühlt sich auf dieser Welt sehr wohl, begleitet immer von zwei Obins, Mitgliedern einer außerirdischen Rasse, welche ihr Leben für ihre Rasse beobachten. Perry und Sagan werden auf dieser abgeschiedenen Welt von einem früheren Kommandanten besucht, der ihren eine Gouvernerstelle auf der frisch gegründeten Kolonie Roanoke anbietet. Nach anfänglichen Zweifeln und einer gehörigen Portion Misstrauen, das sich auch bewahrheiten wird, lassen sie sich zu diesem Job überreden. Sie fliegen mit der ersten Siedlergruppe los. Nach dem interstellaren Sprung stellen sie fest, das sich in dem Sonnensystem tatsächlich eine bewohnbare Welt befindet, diese aber nicht der zu besiedelnde Planet sein kann. Aber anscheinend handelt es sich bei diesem Fehlsprung nicht um technisches Versagen, sondern um einen geheimnisvollen, die Siedler verachtenden Plan der irdischen Regierung.
Natürlich müssen die Regierungen in manchen Fällen ihre Bürger anlügen. Dafür hätten sie außer ihrer Sicht immer gute Gründe. Insbesondere in einem Universum, in welchem die Mitglieder verschiedener außerirdischer Rassen ein gewichtiges Interesse daran haben, erstens den Siedlungsdrang der Menschheit zu beschneiden und zweitens eigene Positionen im All zu markieren. Im ersten Band der Serie haben sich diese Konflikte in erster Linie auf bewaffnete Auseinandersetzungen konzentriert. Mit der Integration der ironisch überzogen als hohe Politik dargestellten neuen Konfliktebene geraten Perry und Sagan im wahrsten Sinne des Wortes in einen Zwei- Fronten- Krieg, wobei es den Charakteren nicht klar ist, welche Gruppe nun für ihr persönliches Schicksal die schlechtere ist. In der Tradition einer Lloyd Biggle oder mit Einschränkungen eines Beam Pieper beginnt Perry sich natürlich auch mit seinen Vorgesetzten und der Regierung anzulegen. Er durchkreuzt aus deren Sicht beinahe ihre hinterhältige Angriffsstrategie, in deren Mittelpunkt die neu gegründete Kolonie als Bauernopfern gestanden hat. So effektiv die Szene auch ist, in welcher die feindliche Flotte auf den Köpfen ihres verblüfften Kommandanten explodiert, so unlogisch und zweifelhaft ist die Prämisse, auf welcher Scalzi diese Szene aufbaut. Nanotechnologisch veränderte Einzelkämpfer haben sich im Vakuum aussetzen lassen, sind dann an die jeweiligen Schiffskörper angedockt, quasi über mehrere Tage mit den Schiffen mit geflogen, haben ihre Bomben angebracht, sich dann abgeseilt und sind wieder alle an speziellen Treffpunkten „eingesammelt“ worden. Insbesondere im Zweiten Weltkrieg haben auf deutscher Seite diese Kamikaze- Kommandos stattgefunden, aber ins All extrapoliert wirkt diese Taktik nicht nur unglaubwürdig, es stellt sich die Frage, warum die insgesamt mehr als 400 Raumschiffe es nicht bemerkt haben. Das Perry in erster Linie im Interesse seiner Kolonie handelt und damit gegen die Interessen seiner politischen Führer agiert, ist eines der spannenden, aber nicht unbedingt innovativen Elemente des vorliegenden Romans. John Scalzi extrapoliert natürlich im Grunde altbekannte Ideen ins fast Unermessliche und verfügt über einen geradlinigen, unterhaltsamen Stil, um den stringenten Handlungsstrang mit einem beachtlichen Tempo ablaufen zu lassen. Was „Die letzte Kolonie“ aber zu einem eher ambivalenten Lesevergnügen macht, sind die Fehler, welche John Scalzi bei seinem hohen Schreibtempo macht. So endet der erste Handlungsabschnitt auf der Kolonialwelt mit der Begegnung zwischen den neuen Kolonisten und einer einheimischen Lebensform, die „Werwölfe“ genannt werden. Nach einer wirklich gut geschriebenen und dunkel dramatischen Konfrontation zwischen den Menschen und den bestialischen, aber an primitive „Predators“ erinnernden Wesen bricht Scalzi diesen Handlungsstrang im Grunde in der Mitte ab und wendet sich jetzt der Auseinandersetzung mit der Konklave zu. Unabhängig von der Frustration der Leser wäre es dramaturgisch gut gewesen, wenn die Werwölfe am Höhepunkt der Auseinandersetzung mit der Konklave wieder erschienen wären. Auch die einzelnen Phasen des irdischen Regierungsplans basieren teilweise doch zu sehr auf dem Prinzip Zufall. Warum die feindliche Flotte erst unnötig über der Kolonialwelt explodieren lassen und somit nicht nur die Menschen auf dem Planeten zu gefährden, sondern mit dem überlebenden General einen Todfeind zu produzieren, ist plottechnisch fragwürdig, handelungstechnisch natürlich ungemein effektiv.


Es gibt aber auch Passagen im vorliegenden Roman, die unterstreichen, wie sehr sich John Scalzi als Autor weiterentwickelt hat. Sowohl zu Beginn als auch am Ende des Buches steht das neu gefundene Glück in einer Familie im Mittelpunkt. Hier verzichtet der Autor auf den zuckersüßen Kitsch, den insbesondere die Soaps ihren Zuschauern suggerieren. Ihm gelingt es sehr überzeugend, die Transformation von eiskalten und genmanipulierten Killermaschinen bzw. immer wieder in jüngere und kampfbereitete Körper übertragenen Bewusstsein zu bodenständigen und vor allem eigenständig denkenden Menschen. Dazwischen finden sich zum Vergnügen der Leser immer wieder überzeichnete gewalttätige Szenen, in denen insbesondere Jane Sagan zeigen kann, das sie nichts in Bezug auf den Kampf „verlernt“ hat. Die kontinuierliche, auch emotionale Weiterentwicklung steht aber im Mittelpunkt des Romans. Bevor einige Situationen zu pathetisch oder zu kitschig werden, löst der Autor diese effektiv mit einigen humorvollen, teilweise sehr pointierten Dialogen rechtzeitig auf. Am Ende des Buches stehen seiner Charaktere vor einem Neubeginn und der Leser wünscht ihnen eine friedlichere Zukunft, die sie jetzt in ihren eigenen Händen halten.

Zu den Stärken gehören weiterhin die Actionszenen. Scalzi mischt sie inzwischen sehr gut mit ruhigeren, aber insbesondere in Bezug auf die verschiedenen Hintergründe elementaren Szenen. Trotzdem macht sich der Autor ein diebisches Vergnügen daraus, mit möglichst großen Waffen die verschiedensten außerirdischen Rassen in Stücke zu blasen. Teilweise wird diese übertriebene, groteske Gewalt wie eine Katharsis von den dunklen politischen Machtspielen, denen sich insbesondere Perry, Sage und die ihnen anvertrauten Siedler indirekt stellen müssen. Scalzis Alter Ego Perry und die nach dem Vorbild seiner eigenen Frau gezeichnete Jane Sagan misstrauen den Behörden. Nach ihren bisherigen Erfahrungen kein Wunder. Und dieses Misstrauen drückt der Autor in klaren, sehr direkten Bildern aus. Er sucht nicht nach Alternativen, sondern zeigt nur auf, was falsch ist. Damit schlägt er einen Bogen zur politischen Gegenwart insbesondere in den Vereinigten Staaten, gut verpackt in einen sehr geradlinigen Actionroman. Das macht den Reiz seiner Bücher aus. Im Vergleich zu anderen Autoren wie John Ringo, David Weber oder Feintuch hat Scalzi die Military SF als Sprungbrett benutzt und sich dann plottechnisch wie auch stilistisch deutlich. Spätestens mit dem nicht ganz befriedigenden „Die letzte Kolonie“ ist er zu einem der momentan besten Actionautoren im Genre geworden. Er müsste sich allerdings ein wenig mehr Zeit nehmen, die einzelnen Subplots seiner Bücher mehr zu harmonisieren und sollte nicht mehr so kindlich offensiv seine Freunde/ Kollegen wie Charles Stross in die Plots integrieren.


John Scalzi: "Die letzte Kolonie"
Roman, Softcover, 476 Seiten
Heyne 2008

ISBN 9-7834-5352-4422

Weitere Bücher von John Scalzi:
 - Agent der Sterne
 - Androidenträume
 - Der wilde Planet
 - Geisterbrigaden
 - Krieg der Klone
 - Zwischen den Sternen

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