audio aktuell

||| CHRISTIAN KRACHT : ORTE UND OBERFLÄCHEN | KAFKA : MOMENTE DES KOMISCHEN | KLANGAPPARAT

CHRISTIAN KRACHT : ORTE UND OBERFLÄCHEN

echt welt texte

NZZ , 2. 3. 2012 czz audio aktuell white

czz – Wohl mit Blick auf die anstehende Publikation von «Imperium», dem skandalisierten vierten Roman des 1966 im Kanton Bern geborenen Schriftstellers Christian Kracht , legt der «swissandfamous»-Verlag ein akustisches Résumé vor, welches das bisherige Romanwerk in hochnobler Ausstattung und gelesen von prominenten Pop-Persönlichkeiten zusammenfasst und neu zu bedenken gibt.

Seit Kracht mit «Faserland» 1995 eine Stilfibel der bundesrepublikanischen «leisure class» vorgelegt hatte und damit zum akklamierten Heilsbringer einer deutschen Pop-Literatur ausgerufen worden war, gestand man es dem Autor nur zu gerne zu, mit seinem in den iranischen Revolutionswirren, auf tibetischer Pilgerschaft und in einem chinesischen Arbeitslager spielenden Zweitling «1979» (2001) die Phase des «Pop» wieder zu beenden. Dem auf der Annahme einer in der nahen Zukunft angesiedelten «Schweizer Sowjet Republik» gründenden dritten Roman, «Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten », begegnete die Kritik 2008 eher mit Ratlosigkeit denn mit einer neuen These.

Dabei stellt sich mit der Ausrufung einer «Trilogie» schlagartig das Verbindende dieses Werks über das Trennende, und es wird klar, dass es sich bei allen drei Romanen jeweils um Reisen handelt, dass alle drei Romanwerke aus einer ziemlich flachen Ich-Sicht erzählt sind und dass sich der Leser am Ende stets mit der jeweiligen Hauptfigur irgendwo in einem Niemandsland befindet, welches keine weiterreichenden Perspektiven bietet.

Wo Krachts Erzählwerk am adäquatesten nach der Warholschen Prämisse der schieren Oberfläche zu lesen ist, applizieren sich leicht die verschiedensten Kontexte, welche «Tiefe» suggerieren. Dazu eignen sich in der vorliegenden, etwa LP-grossen und limitierten Edition ebenso die Abbildung von Hans Memlings erschütterndem Triptychon «Das Jüngste Gericht» (1467–1471) wie der buddhistisch angehauchte Kurzessay des Journalisten Ingo Menke. Die eigentliche Sensation stellen die namhaften Vorleser dar, welche mit Dirk von Lowtzow (dem Sänger der Gruppe Tocotronic), dem Theatermacher und Sänger der Goldenen Zitronen, Schorsch Kamerun, sowie dem Schweizer Sound- und Konzeptkünstler Dieter Meier der Roman-Trias erhebliche «Pop»-Glaubwürdigkeit borgen. So aufschlussreich sich diese äusserst liebevoll gestaltete Prachtausgabe im Hinblick auf Krachts Textmuster ausnimmt, so schmerzlich bezeugen Lesefehler bei Ortsnamen und Fremdwörtern die Unaufmerksamkeit der Regie.

|||

KAFKA : MOMENTE DES KOMISCHEN

echt welt texte

NZZ , 2. 3. 2012

czz audio aktuell blackczz – Dass und in welchem Masse das Drohende, Düstere und Unausdeutbare im Werk Franz Kafkas von Momenten des Grotesken, Komischen, ja gar Albernen durchblitzt wird, dürfte den Wenigsten seiner Leser auffallen, zumal eine solche Lektüre abseits des Kanons liegt. Dem entgegen tritt der akklamierte Kafka-Biograf Reiner Stach als souveräner Kenner von Tagebüchern, Briefen und Nachlass den Beweis an, dass Kafka durchaus dem Komischen zuneigte.

In der diskret mit der Lesung von Textstellen (mit Axel Grube) instrumentierten Aufnahme eines Vortrags ruft Stach seinem Publikum die Tiefsee von Kafkas Hinterlassenschaften in Erinnerung und steuert in Kommentar und Beispiel einige Atolle des Komischen an. Sei dies die Beschreibung eines Kampfes zwischen rechter und linker Hand mit deren Eigentümer als Schiedsrichter, sei dies der aus einem Riesenei geschlüpfte Storch, dessen Flugausbildung der Ich-Protagonist in seinem Zimmer übernimmt mittels armrudernden Springens von diversen Möbelstücken: stets tritt – wie auch in der «Verwandlung» – das Phantastische in nüchterner Sprache auf den Plan und als Objekt lakonisch-pragmatischer Alltagslogik.

Indem Reiner Stach die Fragmente weiterdenkt und mögliche Schlüsse erörtert, konturiert er Kafka-typische Denkfiguren, welche das Spiel der witzigen Skizze schlüssig mit Motiven des bekannten Werks verschränken.

|||

KLANGAPPARAT

Der Chance eines Pre- Listening von Material des im Mai bei Ninja Tune erscheinenden , strikt limitierten “The Amon Tobin boxset” , welches bislang unveröffentlichten Material , 2 DVD und weitere Goodiesczz-hoerempfehlung liefern soll ( so jedenfalls deklariert es das Label ) . However : Amon Tobin darf man sich einfach nicht entgegen lassen , ganz gleich in welcher Verabreichungsform : Tobins musikalische Tracks orientieren sich weder an Tanzbarkeit noch an Chillout- Kompatibilität sondern unternehmen Expeditionen ins Offene : das kann mitunter ganz schön rauh klingen und ungewohnte rhythmische Muster zeitigen .


|||

 

There are no comments yet. Be the first and leave a response!

Leave a Reply

Wanting to leave an <em>phasis on your comment?

Trackback URL http://www.zintzen.org/2012/03/06/audio-aktuell-38/trackback/