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Friederike Mayröcker: Pick mich auf mein Flügel

Es liest die Autorin
MC
Spielzeit: ca 60 min
ISBN 3-901 317-11-2
Ohrbuch Verlag 1998

Eine einfache Cassette (ja, das gibt es noch), eine einfache Inlay-Card mit einem kurzen Einführungstext, einer Inhaltsangabe und einem Verzeichnis von Verlagsproduktionen, schwarzer Druck auf dünnem rosa Karton (ja, auch das gibt es noch), das ist der kostengünstige Rahmen, den der Ohrbuch-Verlag einer Zusammenstellung von Mayröcker-Lesungen gegeben hat. Jedoch: Keineswegs gespart wurde hier am Wesentlichen, an der redaktionellen Arbeit einer sinnvollen Auswahl der Texte nämlich. So finden sich auf der a-Seite der Cassette Anmerkungen der Autorin über das eigene Schreiben, auf Seite b dann ein Streifzug durch Friederike Mayröckers literarische Produktion in den späten siebziger Jahren.

"Solcherart, nämlich geübt im Versammeln von Einsamkeit, fange ich jeden Morgen an, mich mit der Übersetzbarkeit von Materie in Sprache auseinanderzusetzen.", scheint mir der zentrale Satz des - eigentlich - zentralen Textes, eines ausführlichen Statements beim Düsseldorfer Literaturgespräch 1978, der, strukturiert auf eine Weise, wie wir es sonst wohl nur von den ,langen Gedichten' der Mayröcker kennen, und doch in klarer Alltagssprache (was auch immer das sein soll), uns die Geschichte des Schreibens der Autorin erzählt (ja, Geschichte) und ihren Status als die große Andere im Literaturbetrieb schon damals festigte. "Die große Andere?" - Ja, in dem Sinne nämlich, als Friederike Mayröcker sich in ihren Produktionen höchstens einmal akzidentiell innerhalb des Diskurses bewegt, den all die nachmodernen Strömungen mit ihren Proponenten bzw. den diese untereinander führen. Was sie tut, ist nichts als Beschreibungen anzufertigen.
Beschreibungen von erschreckender Genauigkeit nämlich, die sie dann mit ihrer brüchigen Stimme vorträgt, als hielte sie einen Einkaufszettel in Händen, Beschreibungen, die uns durch Seelen führen, als seien es Schauplätze, und durch Schauplätze, als seien es Seelen. Die akustische Rezeptionsweise und die Stimme der Vortragenden verstärken den Eindruck noch, man wandere durch eine Ausstellung. Und trotz des unüberbrückbaren Abgrundes zwischen dem Gebilde mit seiner je inhärenten Magie und dem "Betrachter" kommt nie das Gefühl auf, durch bewußte Analyse hier weiterzukommen. Man wird passiv, man nimmt hin, und solchermaßen wird man zurückgeführt auf die "eigene Magie". Ich weiß nun nicht, ob das pathetisch klingt, aber das ist, was Frau Mayröckers Texte, zumal, wenn gehört, mit mir tun.
Daß dem Statement mit "Pick mich auf mein Flügel oder Anleitung zu poetischem Verhalten" ein literarischer Text vorangestellt ist, der in dieselbe Kerbe schlägt wie die "acht-punkte-proclamation des poetischen actes" des großen Artmann, ein Text von der im bloßen Dasein verorteten Poesie, der jedoch keineswegs den Proponenten des "Rückzugs aus den großen Zusammenhängen" das Wort redet, ist programmatisch: Erst das Leben, dann die dezidierte Theorie. Sowohl hierarchisch spricht die Reihenfolge Bände, als auch in Bezug auf das Statement, das wir somit viel eindringlicher als konstruiertes Gebilde der feinsten rhetorischen Tradition verstehen und rezipieren, als dies sonst der Fall wäre.

Es ist, soviel Kritik muß leider dennoch sein, schade, daß der Text des "Statements" nirgends abgedruckt zu finden ist, denn manche Stellen laden zu sehr dazu ein, zu verweilen. Das verleidet einem auch die Freude ein wenig, das beinahe antiquierte Medium der MC hier zu solchen Ehren gekommen zu sehen, vor allem, wenn man gezwungen ist, "nach Gefühl" hin und her zu spulen. Ein Abdruck des Textes in der Inlay-Card hätte zwar wohl den Rahmen gesprengt, was aber nicht bedeutet, daß ein Heftchen mit allen Texten, deren Vortrag hier dokumentiert ist, nicht wünschenswert wäre, als extra zu erwerbende Beigabe zur Cassette etwa.

Gibt es über die Qualität der Texte noch viel zu sagen? - Nein. Hat es einen Sinn, an dieser Stelle ausführliche Betrachtungen zu den einzelnen Texten des Hörbuches anzustellen? - Ein schallendes "Nein". Was bleibt zu tun? - Ebenso schallend eine dringende Empfehlung auszusprechen. Was hiermit geschehen ist.

Originalbeitrag

Stefan Schmitzer
20. Jänner 2003

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