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Referent für Kabarett und Varieté (Literaturhaus-Ausstellung 2003)

"Es gibt heutzutage viele sonst tüchtige Menschen, die keine Zeit haben, 200 Seiten zu lesen. Diesen gibt man drei Seiten im Extrakte! [...] So ist die Position des 'Kabarett' dem 'Theater' gegenüber." [Peter Altenberg: Bilderbögen des kleinen Lebens, 1909, S.164]

Cabaretlied.
Von Peter Altenberg.

Ich fange mir mit meinen Blicken die Männer ein - - -! Was kümmert's mich, ob sich's mag schicken -
mein Mann schaut zu in Seelenpein.
Ich seh ihn blaß und blässer werden-
ich bin sein höchstes Gut auf Erden!
Er würde sich zu Tode kränken,
tät ich mich Einem ganz verschenken.
Doch meine jungen Nerven müssen
die Sehnsuchtsqual von Männerherzen spüren.
Ich lasse mich nicht einmal küssen -
sie aber träumen alle vom Verführen!
Ich muß mir selber meine Macht beweisen,
dadurch, daß ich unselig machen kann;
Denn in geordneten Geleisen
gibt sich der ,Pflicht des Lebens hin der dumme Mann!
So aber seh ich alle blaß und blässer werden-
ICH bin ihr höchstes Gut auf Erden!
Mein Mann tut mir aufrichtig leid
bei allem diesem bösen Spiele;
Doch, ließ' ich ihn in völliger Sicherheit,
wer weiß, ob ich ihm dann noch so gefiele?
Am besten ist's, ich bleib' so wie ich bin - - -
wie lange dauert's, ist man alt und hin!

["Die Fackel", Wien, Hrsg. Karl Kraus, Nr. 194 vom 31. Jänner 1906, S.20]

"Cabaret ,Nachtlicht".

Man betritt einen wunderbar düsteren Raum, grau-lila. Ein Raum, wie für Zusammenkünfte von Schmugglern, Wilderern, Taschendieben. Unheimlich anheimelnd. Man ist unter sich, abgeschlossen vom Gros der Menschheit. Henry, der ideale Bohemien, der schlichte und tiefe Künstler, der unverlegene Conférencier, ist die Seele des Ganzen. Er spricht mit dem Publikum wie eine Mama mit ihrem Kinde, liebevoll, nachsichtig und zärtlich. Wir alle aus dem sogenannten intimeren Kreise verehren ihn geradezu. Seine Ballade 'La marche' haben wir oft und oft gehört. Aber jedesmal entsteht in uns dieselbe Begeisterung. Diese düstere Frage in dem Liede: Wohin, wohin ziehen alle diese Leute?!? Dann die düstere Pause; dann die drei kurzen Trommelschläge; und dann der ekstatische Refrain! Man geht mit. Man jauchzt. Man erschauert. Ein Mensch gibt da sein eigenes Herz. Deshalb wird es von fremden Herzen angenommen wie ein Brudergruß. Die Ballade 'La marche' ist ein Ereignis, das man mitnimmt in die leeren Tage!
Ebenso ergreifend ist die Ballade aus des Knaben Wunderhorn, 'Die Pfarrerstochter', von Marya Delvard unvergleichlich vorgetragen.
Über alles Lob erhaben ist die zarte noble Musik zu den Balladen von Hannes Ruch. Es ist Musik, wie aus der einfachen Volksseele selbst herausklingend, dumpf-traurig und erfüllt von Herz. Man ist ihm direkt dankbar für seine edlen Einfachheiten, seine schlichte, tiefe Art. Er ist ein Prachtmensch. Dann Franz Quidam, der so singt wie ein Schmied, ein Bauersmann, ein Steinmetz singen würde nach getaner Arbeit, ausruhend von harten Sein und ihr Herz zusammenraffend zu künstlerischer Betätigung, im Frieden des Feierabends! Franz Quidam, wie aus 'Geschichten für brave deutsche Knaben' bist du, so ein adeliges Vorbild für stürmische, drängende, kraftreiche Jugend!
Das süße Fräulein Ingrit Loris trägt das Lied "Die erste Konjugation" in unübertrefflicher, sanfter Lieblichkeit vor, künstlerisch sparsam in Ausdruck und Gebärde. Ludwig Scharf, der Dichter aus München, bringt seine tragischen Dichtungen mit einer tragischen, persönlichen Note vor, die ungemein packt. Leid der Menschheit, von einem Leidtragenden mitgeteilt. Dichter, Dichtung, Vortragender - - - eine Klage! Eine Anklage!
In der merkwürdigen und grotesken Szene ,Der Nachbar spricht ein Herr Karl Hauer den Nachbar ungemein eindringlich und ist in der Maske vorzüglich. Der Katalog enthält ausgezeichnete Karikaturen des Malers Karl Hollitzer.
Das Cabaret 'Nachtlicht' sei den Freunden einfacher, schlichter, allerechtester Kunst wärmstens empfohlen!
Die geniale Ausstattung des Raumes ist von Architekt Laske und Maler Huck. Peter Altenberg"
["Wiener Allgemeine Zeitung" vom 9. Jänner 1906, S.3]

"Variété.
'Sechs riesenstarke Männer und eine Sechzehnjährige, wunderbaren verklärten Antlitzes, und gewachsen wie ein edler Knabe. Man warf sie wie einen Gummiball, fing sie nach zahllosen Umdrehungen auf herkulischen Schultern geschickt auf. Dennoch zitterte man jedesmal für ihre edelzarten, unbeschreiblich rührenden, gebrechlichen Glieder. Sie blickte ekstatisch, ließ sich in die Luft wirbeln und auffangen und hätte, zufällig auf den Boden geschleudert und ermordet, zerbrochen, zerquetscht, keinen Laut von sich gegeben! Ekstatisch blickend wäre sie gestorben. Da dachte ein Graf: 'Ich werde sie ihren Peinigern entziehen und ihrem Selbstmorde. Ich werde sie schützen, pflegen und behüten!' Aber das wunderbar verklärte Antlitz hätte sie dann sogleich verloren, und den edlen süßen Heldenblick wie in einer Schlacht, in der man gern vor dem Tode steht! Denn 'Leben ohne Ehre' ist da überflüssig geworden! O, Fräulein, gedenken Sie eines armseligen Zeitungsreferenten, der es nicht drucken lassen darf, daß er vor Ihnen hätte hinknien mögen! Sondern er mußte schreiben: 'Einen wirklichen Rekord in der Parterreakrobatik bot die jugendliche Tochter des Truppendirektors. Eine Vereinigung von Kraft und Anmut - - -. Stürmischer Beifall belohnte aber auch ihre Leistung!' O, Menschheit, pfui über dich, die du noch immer die 'spanische Stiergefechtsseele' hast, ohne Erbarmen und ohne Liebe, pfui! Fräulein M., Ihre edelzarten Glieder sind mehr wert als das begeisterte Gejohle einer herzlosen Menge. Gott beschütze Sie, Allerzarteste, in Ihrem gefahrvollen Berufe! Möge dennoch ein Graf Sie zuletzt erretten!'"
[Peter Altenberg: Neues Altes, 1911, S.33 f]

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